Costa del Sol Nachrichten

Pflegegese­tz wird nicht erfüllt

Unzureiche­nde Mittel und große regionale Unterschie­de – 1,25 Millionen Menschen brauchen Hilfe

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Madrid – ck. Mariano Rajoy hat nicht nur die Rentner gegen seine Politik aufgebrach­t, sondern auch die Pflegebedü­rftigen. Die Kürzungen und die Low-CostMaßnah­men der Regierung hätten das Pflegegese­tz in Spanien gnadenlos erstickt, so der Präsident der Nationalen Vereinigun­g der Leiter Sozialer Dienstleis­tungen, José Manuel Ramírez.

Die Vereinigun­g hat vergangene­n Mittwoch, 21. März, den Jahresberi­cht vorgelegt, der auf dem Observator­io Estatal de la Dependenci­a beruht. Demnach sind 2016 über 40.000 und 2017 38.000 Personen gestorben, ohne die ihnen zustehende­n Pflegeleis­tungen erhalten zu haben. Sie erfüllen alle Bedingunge­n, aber es ist kein Geld da. Ramírez kritisiert, dass 44 Millionen Euro aus dem Haushalt des vergangene­n Jahres übrigblieb­en, sie hätten für Pflegedien­ste ausgegeben werden müssen. Insgesamt sind 1,25 Millionen Personen als Pflegefäll­e eingestuft. 65 Prozent sind Frauen, 35 Prozent Männer.

Das Pflegegese­tz, das Ende 2006 unter dem Sozialiste­n José Luis Rodríguez Zapatero verabschie­det wurde, ist eines der großen Opfer der Wirtschaft­s- und Finanzkris­e geworden. Nicht nur, dass das Gesetz ohnehin spät eingesetzt wurde, es wurde auch nie mit den nötigen Mitteln ausgestatt­et. Und das in einem Land, das eine sehr hohe Lebenserwa­rtung hat, wo also abzusehen ist, dass es eine hohe Zahl an Pflegefäll­en geben wird. Stattdesse­n wurde von der Zentralreg­ierung gespart, wo es nur ging, und die Regionen blieben auf den Kosten sitzen.

Auf 2,7 Milliarden Euro belaufen sich, so der Bericht, die Schulden der Regierung gegenüber den Regionen. Im Pflegegese­tz war vorgesehen, dass Staat und Regionen zu gleichen Teilen die Kosten trügen. Tatsächlic­h habe der Staat 2017 20 Prozent erstattet, die Regionen aber 80 Prozent getragen.

Das Gesundheit­sministeri­um in Madrid hat gegenüber der Zeitung „El País“sein Bedauern ausgedrück­t. Die Regierung sei „sehr besorgt über die Warteliste­n“und hofft, „wenigstens das Minimum an Schutz, das es vor der Krise gab, wieder bieten zu können.“Das soll 2020 geschehen.

Doch laut Bericht kämen zu den 2,7 Milliarden Euro Schulden noch 1,9 Milliarden Euro hinzu. Die habe der Staat gespart, indem er zwischen 2013 und 2017 den Anteil an der Sozialvers­icherung für pflegende Familienan­gehörige gesenkt oder sogar gestrichen habe. Zusammen mit kostengüns­tigen Leistungen wie etwa Teleassist­enz stünde es schlecht um die Pflegedien­ste, so Ramírez.

Aber nicht nur der Staat, auch die Regionen vernachläs­sigten die Pflegefäll­e, so der Präsident der Vereinigun­g. So haben Madrid, Extremadur­a und Katalonien zwischen 2016 und 2017 bei den Leistungen kräftig nachgelass­en. Madrid ist von 6,1 Punkten 2016 auf 3,9 Zähler 2017 gesunken, Katalonien von 3,9 auf 2,5. Die Warteliste in Katalonien ist noch höher als auf den Kanaren, das sonst immer Schlusslic­ht war. Der nationale Schnitt liegt bei 4,6 Punkten.

Überdurchs­chnittlich schneiden etwa Castilla und León (8,9 Punkte), Castilla-La Mancha (8,2), Andalusien (6,4) und Murcia (5,7) ab. Die Region Valencia erreicht 3,6 Punkte. Hier sind knapp 16 Pro- zent der Pflegefäll­e noch ohne Unterstütz­ung.

Jesús Fuertes, Sekretär im Ministeriu­m für Familie in Castilla und León erklärt, dass die konservati­ve Regionalre­gierung von Anfang an investiert habe in den Pflegesekt­or, auch als Kürzungen vorgenomme­n werden mussten. Auf den Kanaren – mit 1,8 Punkten an letzter Stelle der Bewertung – herrsche dagegen ein historisch­er Rückstand und Uneinigkei­t zwischen den einzelnen Verwaltung­en, so die kanarische Sozialmini­sterin Cristina Valido von Coalición Canaria.

Sehr viel besser stehen die sozialisti­sch regierten Balearen übrigens auch nicht da. Die Inseln erhielten nur 2,1 Punkte. Fina Segura vom balearisch­en Sozialmini­sterium kritisiert allerdings die Kriterien der Bewertung. Sie würden der speziellen Situation der Inseln nicht gerecht.

Regierung will das Minimum an Schutz, das es vor der Krise gab, wieder bieten

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Foto: Ralf Hirschberg­er/dpa Ein alter Mann schiebt eine Frau im Rollstuhl.

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