Muskateller und Mangos
Originell und traditionell: In Cártama produziert die Bodega Lascas de Pedernal Weine und Getränke mit exotischem Aroma
Orangen, Zitronen und Avocados – im Guadalhorce-Tal gedeihen Obst und Gemüse, die auf den Märkten entlang der Costa del Sol feilgeboten werden. Nicht von ungefähr heißt das Tal auch La Huerta de Málaga (dt.: Málagas Gemüsegarten). Aber auch für die Muskatellertraube und deren Schwestern wie die Pedro Ximénez-Traube und die Traubensorte Rome ist Málagas Hinterland bekannt.
Als kleiner Junge ist Lorenzo Párraga regelmäßig mit seinem Großvater durch die Weinberge von Colmenar gezogen, um Trauben zu ernten, die er dann mit seinen kleinen Beinen barfuß gestampft hat. So hat er von kleinauf miterlebt, wie die Reben gestutzt wurden und hat gelernt, worauf es ankommt, damit die Trauben ihr Aroma voll entfalten können. Pár- ragas Familie kelterte früher einen Wein, den sie nicht verkauften, sondern selbst tranken.
Dabei produzierten sie die typischen unter dem Begriff „Vinos de Málaga“bekannten Weine, wie etwa den süßen Muskatellerwein. Schon die Griechen und Phönizier kultivierten etwa 600 vor Christus die ersten Reben im GuadalhorceTal und gaben ihr Wissen an die damals dort lebenden Bewohner weiter. Die ersten Aufzeichnungen zum Weinanbau in der Region gehen auf die römische Epoche zurück. Aus dieser Zeit stammt noch ein quaderförmiges Depot, das in der Nähe von Cártama entdeckt worden ist. Auch unter der Herrschaft der Araber und nach der Reconquista war die Winzerei ein wichti- ger Wirtschaftszweig im Valle del Guadalhorce. Die Vinos de Málaga wurden Ende des 18. Jahrhunderts sogar in Russland berühmt. Dies war dem spanischen Botschafter in Moskau zu verdanken, der Kaiserin Katharina II von Russland 1791 einige Kisten mit
Wein aus Málaga schenkte. Der schmeckte den Russen so gut, dass die Vinos de Málaga von Einfuhrzöllen befreit wurden. Und auch in Erzählungen von Emilio Salgari, Marie-Henri Beyle alias Stendahl und Fiodor Dostojewski wurde der Wein aus Málaga erwähnt. Bodegabesitzer Lorenzo Párraga führt die Winzertradition seiner Familie fort. Heute, rund 30 Jahre später, stampft er die Trauben zwar nicht mehr mit nackten Füßen, aber trotzdem ist er dem Weinkeltern treu geblieben.
Sobald nun die Sonne dazu reizt, Ausflüge ins Hinterland zu unternehmen, sollte der Ausflügler in jedem Fall einen Stopp in der Bodega Lascas de Pedernal in La Nueva Aljaima nahe des Ortes Estación de Cártama einlegen. Nach einem abenteuerlichen Spaziergang, etwa über den Klettersteig Caminito del Rey im 48 Kilometer entfernten Wandergebiet El Chorro, bietet es sich an, sich in der Bodega bei einer Weinprobe zu stärken. Dabei erwartet den Weinliebhaber keineswegs ein herkömmlicher Wein, sondern Parraga zaubert aus den Trauben fruchtige Weine. Vor einigen Jahren ist Parragas Vater nach Cártama gezogen und hat hier eine Finca samt Weinbergen ge
kauft, um die Tra- dition seiner Eltern und Großeltern fortzuführen. 2010 begann Párraga damit, seinen Wein zu vermarkten. Dazu gehörte, Edelstahltanks zur Lagerung des Weins zu besorgen und einen Enologen anzustellen, der ihm dabei helfen sollte, einzigartige Aromen zu entwickeln. In diesem Jahr schuf er auch den Markennamen Lascas de Pedernal.
An der Wand hinter Párraga hängt ein riesiges Plakat, auf dem seine Weinkreationen abgebildet sind. Fünf verschiedene Produktlinien bietet er an: Die Vinos tranquilos secos, zu denen trockene Weißweine aus der Muskatellertraube und Rotweine aus der Tempranillotraube gehören, daneben stehen die Vinos dulces (süße Weine), Vinos espumosos (Schaumweine), Bebidas aromatizadas und Bebidas fermentadas.
Lorenzo schenkt ein Glas trockenen Weißweines aus der Muskatellertraube ein. Die Herkunftsbezeichnung Denominación de Origen Málaga für die, in den Bergen von Málaga angebauten Weine gibt es seit 1932. Dabei tragen die Muskatellertraube und auch die Traube Rome die Herkunftsbezeichnung Denominación
de Origen de Málaga. Im Jahr 2014 wurden die Trauben Muskatell und Pedro Ximénez auf 1.000 Hektar in einer Höhe von etwa 600 Metern angebaut. In demselben Jahr produzierten 45 Bodegas 1.433.000 Liter Wein. „Unsere süßen Weine werden nicht zusätzlich mit Zucker gesüßt oder mit weiterem Alkohol versetzt“, erklärt Párraga.
Originelle Aromen
Nicht ohne Stolz deutet der Weinspezialist auf die eleganten, schlanken Flaschen, in denen sich die Bebidas aromatizadas (dt.: aromatisierte Getränke) verbergen. „Diese Weine werden aus 20 Jahre alten Weinen hergestellt“, erläutert der Weinexperte. Dieses Gemisch enthalte 85 Prozent Pedro Xímenez Wein und 15 Prozent Muskatellerwein. „Diesem Weingemisch fügen wir getrocknete Oran- gen-, Grapefruit- und Zitronenschalen oder getrocknete Erdbeeren hinzu.“Im Fass verströmen die Früchte bis zu sechs Monate lang ihre Aromen. In der Familie der Bebidas fermentadas kommen ebenfalls Früchte zum Tragen. Dabei wird der Wein nach einem ähnlichen Prozedere wie dem aus Trauben gewonnen Rebsaft gekeltert, nur mit dem Unterschied, dass keine Trauben, sondern Zitronen, Erdbeeren, Granatäpfel, Mandarinen, Mangos und Kirschen fermentiert werden. Deshalb trägt dieses Getränk auch nicht den Namen Wein, denn der Begriff Wein ist geschützt. Nur jenes Getränk dürfe Wein heißen, das aus Trauben gewonnen wurde, so Párraga. „Auf diesem Gebiet sind wir Pioniere“, sagt Parraga und lächelt. In der Bodega Lascas de Pedernal werden die Früchte von
Hand geschält und die Schalen in der Sonne ge
trocknet. „Für mich ist Qualität wichtiger als
Quantität“, sagt der Winzer und schenkt ein Glas des Mango-Getränks ein. Auf dem Gaumen breitet sich ein kräftiges Mangoaroma aus, Lorenzo reicht ein Stück Manchegokäse dazu. Während der Besucher die Augen schließt, ziehen Bilder von Mangobäumen an seinem geistigen Auge vorüber. So schmeckt Málaga.