Kluger Entschluss
„Ribera de la Algaida“in Roquetas wird als Feuchtgebiet anerkannt
Bis vor einigen Jahren hatte das Feuchtgebiet Ribera de la Algaida, das sich zwischen Las Salinas und Aguadulce in der Provinz Almería befindet, noch nicht mal einen Namen. Aber nachdem sich mehrere Umweltschutzorganisationen und Bürgerkollektive für einen größeren Schutz dieser ökologisch wertvollen Naturlandschaft eingesetzt haben, die Heimat einer vielseitigen Flora und Fauna ist, wurde sie sogar in die andalusische Liste der erhaltenswerten Küstengebiete aufgenommen. Das bringt derzeit zwar keinen größeren Schutzstatus, ist aber dennoch ein Erfolg.
Bis vor wenigen Jahren hatte das zwischen Las Salinas und Aguadulce gelegene Feuchtgebiet in Roquetas nicht mal einen Namen. Von den Einwohnern wurde die Gegend früher El Bosque genannt, weil sie einst wohl bewaldet war. Die Historiker kennen sie als Turaniana, wegen der gleichnamigen römischen Siedlung, deren Überreste in der Zone vergraben liegen. Und die lokalen Administrationen bezeichneten sie nach dem anliegenden Strand als Los Bajos.
Mehrere Umweltvereinigungen und bürgerliche Kollektive einigten sich schließlich auf den Namen Ribera de la Algaida (dt.: Ufer der Algaida), da es sich um eine Uferlandschaft handelt und die Umgebung auch als La Algaida bekannt ist. Die neue Bezeichnung wurde in der Folge von den Behörden übernommen und hat mittlerweile auch im allgemeinen Sprachgebrauch Eingang gefunden.
Besonderheit als Handicap
Die Ribera de la Algaida ist ein für den Mittelmeerraum typisches Küstenfeuchtgebiet, was eine Besonderheit mit sich bringt, die zugleich ihr größtes Problem ist. Das Feuchtgebiet ist nämlich nicht immer feucht, sondern trocknet immer wieder aus. Ein Feuchtgebiet ohne Wasser aber wird als wenig attraktiv gesehen, was seine allgemeine Wertschätzung mindert.
„Völlig zu Unrecht, denn die Ribera de la Algaida hat eine sehr große ökologische Relevanz“, versichert der Biologe Emilio González. „Sie dient nämlich einer ebenso reichen wie bedeutenden Flora und Fauna als Lebensraum, die sich an dieses besondere Habitat angepasst hat“, fügt der Vorsitzende der Vereinigung Serbal hinzu, die sich seit Jahren für die Anerkennung der Naturlandschaft als Feuchtgebiet stark gemacht hat.
Optische Hauptattraktion der Ribera de la Algaida ist eine kleine Lagune, die immer Wasser führt und in der man Wasservögel beobachten kann. „Diese hat aber einen geringen ökologischen Wert“, erklärt Emilio González. „Viel wich- tiger sind für die im Feuchtgebiet beheimateten Tiere und Pflanzen die weitläufigen Flächen, die sich nach Niederschlägen mit Regenwasser füllen, um danach wieder auszutrocknen“, bemerkt er.
Dass die Regenfälle in den letzten drei Jahren rar waren und die Ribera de la Algaida selbst in den Wintern eher selten unter Wasser stand, stelle kein Problem dar. „Zyklen mit regenreichen Wintern und trockenere Perioden wechseln sich immer wieder ab, das ist die normale Dynamik“, kommentierte der Biologe. Noch sei alles im grünen Bereich, denn das Feuchtgebiet könne bis zu fünf Jahre Trockenheit aushalten. „Schlimmer wäre, wenn es permanent unter Wasser stehen würde, denn die dortige Flora und Fauna bedarf wohlgemerkt der Austrockung der Landschaft“, ergänzt González.
Während viele der mediterranen Küstenfeuchtgebiete aufgrund von fehlenden Schutzmaßnahmen verloren gegangen sind, sei die Ribera de la Algaida noch in recht akzeptablem Zustand. Selbst jene Teile der Landschaft, die weniger gut erhalten seien, könnten relativ problemlos wieder restauriert werden. Was schon verwunderlich sei, angesichts der Aggressionen, die das Feuchtgebiet doch immer wieder hat erleiden müssen.
Als Müllhalde benutzt
„Das Feuchtgebiet ist in der Vergangenheit regelrecht als Müllkippe missbraucht worden“, bedauert Emilio Gónzalez. „Es wurden dort massiv Abfälle aller Art abgeladen“, zeigt er an. Das Okösystem sei dadurch zum Teil auch verändert worden, da sich Flächen die mit Erde oder Bauschutt zugeschüttet wurden, nicht mehr mit Wasser füllen konnten. Der Biologe vermutet, dass die Naturlandschaft systematisch zerstört werden soll, um die Gegend bebauen zu können.
Abfälle würde man im Feuchtgebiet vereinzelt zwar immer noch entsorgen, aber längst nicht mehr in der Größenordnung wie in früheren Jahren. „Das Problem ist, dass die Ribera de la Algaida für Fahrzeuge einfach zugänglich sei“, bekundet González, der eine Absperrung des Geländes für den motorisierten Verkehr fordert. Das würden sich auch jene zunutze machen, die aktuell die größte Bedrohung für die Naturlandschaft darstellen: Die Motorradfahrer, die dort eine inoffzielle MotocrossRennstrecke angelegt haben.
Diese Missstände seien von den Behörden mehr oder weniger geduldet worden, weil sie den Wert der Ribera de la Algaida bis heute nicht erkennen würden. „Welche Gemeinde kann schon eine Zone vorweisen, die ein Feuchtgebiet, eine archäologische Ausgrabungs-
Der Großteil des Feuchtgebietes führt nur nach Regenfällen Wasser
stätte und ein Naturphänomen wie die Seegraswiesen in sich vereint“, fragt der Biologe. Im Rathaus werde das Gebiet aber nicht als Chance gesehen, denn es werde nichts unternommen, um es etwa als touristische Ressource zu nutzen.
Ökologische Relevanz belegt
Zumindest den ökologischen Wert der Ribera de la Algaida hat die von Emilio González mit begründete Vereinigung Serbal deutlich machen können. Dazu realisierte die Organisation unter anderem eine Kontrolle der Vogelpopulationen. Ein Jahr lang führte sie Zählungen durch, um zu ermitteln, welche Arten in welcher Zahl und zu welchen Jahreszeiten in dem Feuchtgebiet zugegen sind.
Die Daten, die auf der Webseite der Vereinigung veröffentlicht sind, konkretisieren sogar, ob die nicht das ganze Jahr über dort lebenden Vögel etwa zur Paarung oder zur Brut auftauchen. Mit ihren Studien hat Serbal nicht nur das andalusische Umweltministerium auf die Naturlandschaft aufmerksam gemacht, sodass es dort nun selbst die Wasservögel überwacht. Die Organisation hat letztlich auch erreicht, dass die Landesregierung die Ribera de la Algaida im vergangenen Februar offiziell als Feuchtgebiet anerkannt hat.
Die Erklärung bringe zwar noch keine wirkliche Schutzgarantie für die Ribera de la Algaida mit sich. „Sie ist lediglich in die Liste der andalusischen Feuchtgebiete aufgenommen worden, aus der sie ebenso gut aber auch wieder herausfallen kann“, kommentiert der Vorsitzende von Serbal, dennoch halte er diesen Schritt für wichtig, da der Wert dieser Landschaft nun offiziell anerkannt worden sei. Denn bisher sei sie lediglich als
Charca (Zwischenstufe zwischen Pfütze und Lagune, Anm.d.Red.) betrachtet worden.
Emilio González hofft indes, dass die Erklärung zum Feuchtgebiet zugleich auch ein erster Schritt ist, hin zu einem Umdenken bezüglich der Ribera de la Algaida und ihrer Möglichkeiten. Ausschöpfen könnte man diese zum Beispiel mit einem Observatorium zur Vogelbesichtigung. Fantastisch wäre ein Dokumentationszentrum, in dem sich Besucher über die Naturlandschaft informieren können.
Besucher in Kenntnis setzen
„Eine stärkere Vermittlung der Bedeutung des Ökosystems ist dringend notwendig“, findet der Biolo- ge. Die Gegend werde zwar von vielen Personen aufgesucht, die aus der Stadt in die Natur flüchten, die meisten würden jedoch wenig darüber wissen, was die Umgebung in sich birgt.
Zu guter Letzt würde Serbal gerne auch die unter Spaziergänger, Joggern und Radfahrern sehr beliebten Wanderwege verlängern lassen. „Eine mögliche Route haben wir bereits entworfen, mit der die an der Küste entlangführenden Wege landeinwärts von den aktuell etwa dreieinhalb auf bis zu 14 Kilometer verlängert werden könnten“, verspricht González.