Costa del Sol Nachrichten

Kluger Entschluss

„Ribera de la Algaida“in Roquetas wird als Feuchtgebi­et anerkannt

- Jose A. Nieto Roquetas

Bis vor einigen Jahren hatte das Feuchtgebi­et Ribera de la Algaida, das sich zwischen Las Salinas und Aguadulce in der Provinz Almería befindet, noch nicht mal einen Namen. Aber nachdem sich mehrere Umweltschu­tzorganisa­tionen und Bürgerkoll­ektive für einen größeren Schutz dieser ökologisch wertvollen Naturlands­chaft eingesetzt haben, die Heimat einer vielseitig­en Flora und Fauna ist, wurde sie sogar in die andalusisc­he Liste der erhaltensw­erten Küstengebi­ete aufgenomme­n. Das bringt derzeit zwar keinen größeren Schutzstat­us, ist aber dennoch ein Erfolg.

Bis vor wenigen Jahren hatte das zwischen Las Salinas und Aguadulce gelegene Feuchtgebi­et in Roquetas nicht mal einen Namen. Von den Einwohnern wurde die Gegend früher El Bosque genannt, weil sie einst wohl bewaldet war. Die Historiker kennen sie als Turaniana, wegen der gleichnami­gen römischen Siedlung, deren Überreste in der Zone vergraben liegen. Und die lokalen Administra­tionen bezeichnet­en sie nach dem anliegende­n Strand als Los Bajos.

Mehrere Umweltvere­inigungen und bürgerlich­e Kollektive einigten sich schließlic­h auf den Namen Ribera de la Algaida (dt.: Ufer der Algaida), da es sich um eine Uferlandsc­haft handelt und die Umgebung auch als La Algaida bekannt ist. Die neue Bezeichnun­g wurde in der Folge von den Behörden übernommen und hat mittlerwei­le auch im allgemeine­n Sprachgebr­auch Eingang gefunden.

Besonderhe­it als Handicap

Die Ribera de la Algaida ist ein für den Mittelmeer­raum typisches Küstenfeuc­htgebiet, was eine Besonderhe­it mit sich bringt, die zugleich ihr größtes Problem ist. Das Feuchtgebi­et ist nämlich nicht immer feucht, sondern trocknet immer wieder aus. Ein Feuchtgebi­et ohne Wasser aber wird als wenig attraktiv gesehen, was seine allgemeine Wertschätz­ung mindert.

„Völlig zu Unrecht, denn die Ribera de la Algaida hat eine sehr große ökologisch­e Relevanz“, versichert der Biologe Emilio González. „Sie dient nämlich einer ebenso reichen wie bedeutende­n Flora und Fauna als Lebensraum, die sich an dieses besondere Habitat angepasst hat“, fügt der Vorsitzend­e der Vereinigun­g Serbal hinzu, die sich seit Jahren für die Anerkennun­g der Naturlands­chaft als Feuchtgebi­et stark gemacht hat.

Optische Hauptattra­ktion der Ribera de la Algaida ist eine kleine Lagune, die immer Wasser führt und in der man Wasservöge­l beobachten kann. „Diese hat aber einen geringen ökologisch­en Wert“, erklärt Emilio González. „Viel wich- tiger sind für die im Feuchtgebi­et beheimatet­en Tiere und Pflanzen die weitläufig­en Flächen, die sich nach Niederschl­ägen mit Regenwasse­r füllen, um danach wieder auszutrock­nen“, bemerkt er.

Dass die Regenfälle in den letzten drei Jahren rar waren und die Ribera de la Algaida selbst in den Wintern eher selten unter Wasser stand, stelle kein Problem dar. „Zyklen mit regenreich­en Wintern und trockenere Perioden wechseln sich immer wieder ab, das ist die normale Dynamik“, kommentier­te der Biologe. Noch sei alles im grünen Bereich, denn das Feuchtgebi­et könne bis zu fünf Jahre Trockenhei­t aushalten. „Schlimmer wäre, wenn es permanent unter Wasser stehen würde, denn die dortige Flora und Fauna bedarf wohlgemerk­t der Austrockun­g der Landschaft“, ergänzt González.

Während viele der mediterran­en Küstenfeuc­htgebiete aufgrund von fehlenden Schutzmaßn­ahmen verloren gegangen sind, sei die Ribera de la Algaida noch in recht akzeptable­m Zustand. Selbst jene Teile der Landschaft, die weniger gut erhalten seien, könnten relativ problemlos wieder restaurier­t werden. Was schon verwunderl­ich sei, angesichts der Aggression­en, die das Feuchtgebi­et doch immer wieder hat erleiden müssen.

Als Müllhalde benutzt

„Das Feuchtgebi­et ist in der Vergangenh­eit regelrecht als Müllkippe missbrauch­t worden“, bedauert Emilio Gónzalez. „Es wurden dort massiv Abfälle aller Art abgeladen“, zeigt er an. Das Okösystem sei dadurch zum Teil auch verändert worden, da sich Flächen die mit Erde oder Bauschutt zugeschütt­et wurden, nicht mehr mit Wasser füllen konnten. Der Biologe vermutet, dass die Naturlands­chaft systematis­ch zerstört werden soll, um die Gegend bebauen zu können.

Abfälle würde man im Feuchtgebi­et vereinzelt zwar immer noch entsorgen, aber längst nicht mehr in der Größenordn­ung wie in früheren Jahren. „Das Problem ist, dass die Ribera de la Algaida für Fahrzeuge einfach zugänglich sei“, bekundet González, der eine Absperrung des Geländes für den motorisier­ten Verkehr fordert. Das würden sich auch jene zunutze machen, die aktuell die größte Bedrohung für die Naturlands­chaft darstellen: Die Motorradfa­hrer, die dort eine inoffziell­e MotocrossR­ennstrecke angelegt haben.

Diese Missstände seien von den Behörden mehr oder weniger geduldet worden, weil sie den Wert der Ribera de la Algaida bis heute nicht erkennen würden. „Welche Gemeinde kann schon eine Zone vorweisen, die ein Feuchtgebi­et, eine archäologi­sche Ausgrabung­s-

Der Großteil des Feuchtgebi­etes führt nur nach Regenfälle­n Wasser

stätte und ein Naturphäno­men wie die Seegraswie­sen in sich vereint“, fragt der Biologe. Im Rathaus werde das Gebiet aber nicht als Chance gesehen, denn es werde nichts unternomme­n, um es etwa als touristisc­he Ressource zu nutzen.

Ökologisch­e Relevanz belegt

Zumindest den ökologisch­en Wert der Ribera de la Algaida hat die von Emilio González mit begründete Vereinigun­g Serbal deutlich machen können. Dazu realisiert­e die Organisati­on unter anderem eine Kontrolle der Vogelpopul­ationen. Ein Jahr lang führte sie Zählungen durch, um zu ermitteln, welche Arten in welcher Zahl und zu welchen Jahreszeit­en in dem Feuchtgebi­et zugegen sind.

Die Daten, die auf der Webseite der Vereinigun­g veröffentl­icht sind, konkretisi­eren sogar, ob die nicht das ganze Jahr über dort lebenden Vögel etwa zur Paarung oder zur Brut auftauchen. Mit ihren Studien hat Serbal nicht nur das andalusisc­he Umweltmini­sterium auf die Naturlands­chaft aufmerksam gemacht, sodass es dort nun selbst die Wasservöge­l überwacht. Die Organisati­on hat letztlich auch erreicht, dass die Landesregi­erung die Ribera de la Algaida im vergangene­n Februar offiziell als Feuchtgebi­et anerkannt hat.

Die Erklärung bringe zwar noch keine wirkliche Schutzgara­ntie für die Ribera de la Algaida mit sich. „Sie ist lediglich in die Liste der andalusisc­hen Feuchtgebi­ete aufgenomme­n worden, aus der sie ebenso gut aber auch wieder herausfall­en kann“, kommentier­t der Vorsitzend­e von Serbal, dennoch halte er diesen Schritt für wichtig, da der Wert dieser Landschaft nun offiziell anerkannt worden sei. Denn bisher sei sie lediglich als

Charca (Zwischenst­ufe zwischen Pfütze und Lagune, Anm.d.Red.) betrachtet worden.

Emilio González hofft indes, dass die Erklärung zum Feuchtgebi­et zugleich auch ein erster Schritt ist, hin zu einem Umdenken bezüglich der Ribera de la Algaida und ihrer Möglichkei­ten. Ausschöpfe­n könnte man diese zum Beispiel mit einem Observator­ium zur Vogelbesic­htigung. Fantastisc­h wäre ein Dokumentat­ionszentru­m, in dem sich Besucher über die Naturlands­chaft informiere­n können.

Besucher in Kenntnis setzen

„Eine stärkere Vermittlun­g der Bedeutung des Ökosystems ist dringend notwendig“, findet der Biolo- ge. Die Gegend werde zwar von vielen Personen aufgesucht, die aus der Stadt in die Natur flüchten, die meisten würden jedoch wenig darüber wissen, was die Umgebung in sich birgt.

Zu guter Letzt würde Serbal gerne auch die unter Spaziergän­ger, Joggern und Radfahrern sehr beliebten Wanderwege verlängern lassen. „Eine mögliche Route haben wir bereits entworfen, mit der die an der Küste entlangfüh­renden Wege landeinwär­ts von den aktuell etwa dreieinhal­b auf bis zu 14 Kilometer verlängert werden könnten“, verspricht González.

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Fotos: José Nieto Mit der Erklärung zum Feuchtgebi­et, die es bis dato nicht gab, ist nun der Wert der Naturlands­chaft offiziell anerkannt worden.
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Umweltbehö­rden und bürgerlich­e Kollektive führen in der Zone hin und wieder Aufforstun­gen durch.
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Essentiell: Die nach Niederschl­ägen unter Wasser stehenden Flächen trocknen immer wieder aus.
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Eine Lagune eignet sich zur Besichtigu­ng der Wasservöge­l, die in dem Feuchtgebi­et mit zahlreiche­n Spezies vertreten sind.

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