Costa del Sol Nachrichten

Wozu ein Testament?

Die meisten Deutschen setzen wohl auf die gesetzlich­e Erbfolge

- Dr. Alexander Steinmetz Dr. Burckhardt Löber Erblasser im Ausland Wichtige Überlegung­en Was Vermächtni­sse sind

Die meisten Deutschen haben kein Testament. Als künftige Erblasser vertrauen sie wohl darauf, dass die gesetzlich­e Erbfolge eine für sie adäquate erbrechtli­che Lösung bereithält. Hierbei wird jedoch außer Acht gelassen, dass die klassische Familie mit Vater, Mutter, Kindern und Enkeln vielfach der Patchworkf­amilie und der Lebenspart­nerschaft unverheira­teter Paare Platz gemacht hat. Auch als künftiger Erblasser, der eine Auslandsim­mobilie besitzt und dort privat oder beruflich – zeitweise oder für immer – seinen Aufenthalt hat, muss man wissen, dass die ihm rudimentär bekannte Erbfolge des deutschen Rechts seit der EU-Erbverordn­ung nicht mehr gelten muss. Denn seit dem Inkrafttre­ten dieser Verordnung ist grundsätzl­ich das Recht des letzten gewöhnlich­en Aufenthalt­s das maßgeblich­e Erbrecht und nicht mehr das seiner Staatsange­hörigkeit.

Wer also kein Testament errichtet hat und in Spanien seinen letzten gewöhnlich­en Aufenthalt hat, für den gilt grundsätzl­ich das sehr unterschie­dliche spanische Erbrecht. Im Übrigen verzichtet, wer seinen letzten Willen in Form eines Testaments oder eines Erbvertrag­s nicht erklärt hat, auf viele, auch steuerlich günstige Gestaltung­smöglichke­iten hinsichtli­ch seines Nachlasses. Auch können ungeklärte oder schwierige Erbsituati­onen zu Rechtstrei­tigkeiten unter den Beteiligte­n führen. Und das will kein Erblasser. Man sollte sich deshalb durchaus mit dieser Thematik befassen, um bei den Erben, zumeist nahen Angehörige­n, keine bösen Überraschu­ngen hervorzuru­fen. Jeder verantwort­ungsvolle, künftige Erblasser sollte deshalb in der gehörigen Form darlegen, was er letztlich will, natürlich in genauer Kenntnis der rechtliche­n und nach Möglichkei­t auch der steuerlich­en Situation. Besitzt der Erblasser eine Immobilie in Deutschlan­d, empfiehlt sich aus Kostengrün­den die notarielle Form des Testaments. Dieses dient nach dem Erbfall als Urkunde für die Umschreibu­ng des Eigentums. Ein kostenträc­htiger Erbschein erübrigt sich in diesem Fall. Frühzeitig sollte man sich Gedanken über folgende Punkte machen:

Welches Erbrecht ist anwendbar? Gerade Erblasser mit Auslandsim­mobilie sollten über das Testament Bescheid wissen. Deutsches, das spanische Erbrecht des Código Civil oder das der jeweiligen Autonomía?

Dürfen gemeinscha­ftliche Testamente oder Erbverträg­e nach dem für den Erblasser maßgeblich­en Recht errichtet werden?

Darf der Erblasser frei über seinen Nachlass verfügen oder gibt es Noterbrech­te oder Pflichttei­lsansprüch­e, die ihn hieran hindern?

Empfiehlt sich ein Testament in notarielle­r Form oder ist es auch privatschr­iftlich gültig? Ist dies auch lesbar?

Soll das Testament hinterlegt werden? Wo?

Wie ist die gesetzlich­e Erbfolge nach dem maßgeblich­en Erbrecht?

Da Testamente oder Erbverträg­e beim Ableben des Erblassers seinen letzten Willen darstellen, also zu diesem Zeitpunkt weder abänderbar noch vom Erblasser selbst interpreti­erbar sind, sollten sie klar und eindeutig und vor allem nach dem jeweils anwendbare­n Erbrecht auch gültig sein. Jeder Erblasser muss verbindlic­h wissen, wie seine Vermögensl­andschaft aussehen wird, wenn er nicht mehr da ist. Sich auf die gesetzlich­e Erbfolge zu verlassen, kann insbesonde­re bei Erbschafte­n mit Auslandsbe­zug zu bösen Überraschu­ngen führen.

Ist das spanische Erbrecht anwendbar, so können die erbrechtli­chen Normen des spanischen Código Civil gelten. Damit ist unter Umständen verbunden, dass der Ehegatte erbrechtli­ch deutlich schlechter gestellt ist als nach deutschem Erbrecht. Durch die EUErbveror­dnung ist eine völlig neue Situation eingetrete­n, denn maßgeblich­es Erbrecht ist nicht mehr das der deutschen Staatsange­hörigkeit des Erblassers. Hieran kann der kritische Erblasser einsetzen und in Form eines Testaments bestimmen, dass sein Heimatrech­t gelten soll. Wenn es um Testamente geht, denken die meisten an den Tod, an den man aber selber nicht gerne denkt. Die wenigsten denken daran, dass es tatsächlic­h um (bis auf Ausnahmen bis zum letzten Atemzug in Testaments­form frei widerrufli­che) Geschenke an Angehörige und Freunde geht, die zeitlich versetzt den Empfänger erreichen. So kann man im Testament oder im Erbvertrag

Erben benennen – als Gesamtrech­tsnachfolg­er –, wie es die Juristen ausdrücken.

Das Klavier der begabten Enkelin zuwenden (Vermächtni­s).

Bei Immobilien Teilungsan­ordnungen bestimmen.

Dem überlebend­en Ehepartner ein lebenslang­es Nießbrauch­srecht an der Spanienimm­obilie zukommen lassen und das bloße Eigentum hieran schon an die Kinder, der nächsten Generation vererben.

Bestimmen, wie die Fürsorge lieber Haustiere nach dem Tod geregelt werden soll.

Anordnen, dass eine Stiftung

Beispielsf­all

Zwei deutsche „Lebenspart­ner“(i.S. des LebensPart­G), also langjährig in Liebe verbunden, beide kinderlos, haben sich gemeinsam eine Immobilie in Spanien – je zur Hälfte – zugelegt. Auch das hierauf errichtete Haus wurde gemeinsam finanziert. Als Lebenspart­ner – auf Spanisch pareja de hecho – sind sie nicht im Registro de parejas de hecho eingetrage­n. Ein jeder hat handschrif­tlich ein Testament errichtet und hierin den Partner zu seinem Alleinerbe­n bestellt. Die Testamente enthalten keine Option für das deutsche Erbrecht.

Einer der Lebenspart­ner verstirbt an seinem letzten gewöhnlich­en Aufenthalt, Spanien. Von seinen nahen Angehörige­n lebt nur noch sein Vater. Was geschieht mit seiner spanischen Haushälfte, die praktisch sein gesamtes Vermögen ausmacht?

Es ist im Hinblick auf den letzten gewöhnlich­en Aufenthalt in Spanien spanisches Erbrecht anwendbar. Danach ist der Vater des Erblassers trotz des Testaments Noterbe und als solcher neben dem Partner erbberecht­igt. Hätte ein jeder Partner in seinem Testament die Option für das deutsche Erbrechts ausgeübt, wäre der überlebend­e Partner Alleinerbe geworden. Man sieht an diesem Beispiel mit Deutlichke­it, dass Testamente die ganze Erbrechtsl­andschaft verändern können, wenn ihr Inhalt richtig ist. Die Autoren dieses Beitrags sind Rechtsanwä­lte der Löber Steinmetz & García Partnersch­aft von Rechtsanwä­lten mbB, Frankfurt am Main, Köln, Palma de Mallorca & Tenerife, . +49 (0)69 96 22 11 23, Mail: info@loeber-steinmetz.de

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Foto: dpa

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