Wozu ein Testament?
Die meisten Deutschen setzen wohl auf die gesetzliche Erbfolge
Die meisten Deutschen haben kein Testament. Als künftige Erblasser vertrauen sie wohl darauf, dass die gesetzliche Erbfolge eine für sie adäquate erbrechtliche Lösung bereithält. Hierbei wird jedoch außer Acht gelassen, dass die klassische Familie mit Vater, Mutter, Kindern und Enkeln vielfach der Patchworkfamilie und der Lebenspartnerschaft unverheirateter Paare Platz gemacht hat. Auch als künftiger Erblasser, der eine Auslandsimmobilie besitzt und dort privat oder beruflich – zeitweise oder für immer – seinen Aufenthalt hat, muss man wissen, dass die ihm rudimentär bekannte Erbfolge des deutschen Rechts seit der EU-Erbverordnung nicht mehr gelten muss. Denn seit dem Inkrafttreten dieser Verordnung ist grundsätzlich das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts das maßgebliche Erbrecht und nicht mehr das seiner Staatsangehörigkeit.
Wer also kein Testament errichtet hat und in Spanien seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hat, für den gilt grundsätzlich das sehr unterschiedliche spanische Erbrecht. Im Übrigen verzichtet, wer seinen letzten Willen in Form eines Testaments oder eines Erbvertrags nicht erklärt hat, auf viele, auch steuerlich günstige Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich seines Nachlasses. Auch können ungeklärte oder schwierige Erbsituationen zu Rechtstreitigkeiten unter den Beteiligten führen. Und das will kein Erblasser. Man sollte sich deshalb durchaus mit dieser Thematik befassen, um bei den Erben, zumeist nahen Angehörigen, keine bösen Überraschungen hervorzurufen. Jeder verantwortungsvolle, künftige Erblasser sollte deshalb in der gehörigen Form darlegen, was er letztlich will, natürlich in genauer Kenntnis der rechtlichen und nach Möglichkeit auch der steuerlichen Situation. Besitzt der Erblasser eine Immobilie in Deutschland, empfiehlt sich aus Kostengründen die notarielle Form des Testaments. Dieses dient nach dem Erbfall als Urkunde für die Umschreibung des Eigentums. Ein kostenträchtiger Erbschein erübrigt sich in diesem Fall. Frühzeitig sollte man sich Gedanken über folgende Punkte machen:
Welches Erbrecht ist anwendbar? Gerade Erblasser mit Auslandsimmobilie sollten über das Testament Bescheid wissen. Deutsches, das spanische Erbrecht des Código Civil oder das der jeweiligen Autonomía?
Dürfen gemeinschaftliche Testamente oder Erbverträge nach dem für den Erblasser maßgeblichen Recht errichtet werden?
Darf der Erblasser frei über seinen Nachlass verfügen oder gibt es Noterbrechte oder Pflichtteilsansprüche, die ihn hieran hindern?
Empfiehlt sich ein Testament in notarieller Form oder ist es auch privatschriftlich gültig? Ist dies auch lesbar?
Soll das Testament hinterlegt werden? Wo?
Wie ist die gesetzliche Erbfolge nach dem maßgeblichen Erbrecht?
Da Testamente oder Erbverträge beim Ableben des Erblassers seinen letzten Willen darstellen, also zu diesem Zeitpunkt weder abänderbar noch vom Erblasser selbst interpretierbar sind, sollten sie klar und eindeutig und vor allem nach dem jeweils anwendbaren Erbrecht auch gültig sein. Jeder Erblasser muss verbindlich wissen, wie seine Vermögenslandschaft aussehen wird, wenn er nicht mehr da ist. Sich auf die gesetzliche Erbfolge zu verlassen, kann insbesondere bei Erbschaften mit Auslandsbezug zu bösen Überraschungen führen.
Ist das spanische Erbrecht anwendbar, so können die erbrechtlichen Normen des spanischen Código Civil gelten. Damit ist unter Umständen verbunden, dass der Ehegatte erbrechtlich deutlich schlechter gestellt ist als nach deutschem Erbrecht. Durch die EUErbverordnung ist eine völlig neue Situation eingetreten, denn maßgebliches Erbrecht ist nicht mehr das der deutschen Staatsangehörigkeit des Erblassers. Hieran kann der kritische Erblasser einsetzen und in Form eines Testaments bestimmen, dass sein Heimatrecht gelten soll. Wenn es um Testamente geht, denken die meisten an den Tod, an den man aber selber nicht gerne denkt. Die wenigsten denken daran, dass es tatsächlich um (bis auf Ausnahmen bis zum letzten Atemzug in Testamentsform frei widerrufliche) Geschenke an Angehörige und Freunde geht, die zeitlich versetzt den Empfänger erreichen. So kann man im Testament oder im Erbvertrag
Erben benennen – als Gesamtrechtsnachfolger –, wie es die Juristen ausdrücken.
Das Klavier der begabten Enkelin zuwenden (Vermächtnis).
Bei Immobilien Teilungsanordnungen bestimmen.
Dem überlebenden Ehepartner ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an der Spanienimmobilie zukommen lassen und das bloße Eigentum hieran schon an die Kinder, der nächsten Generation vererben.
Bestimmen, wie die Fürsorge lieber Haustiere nach dem Tod geregelt werden soll.
Anordnen, dass eine Stiftung
Beispielsfall
Zwei deutsche „Lebenspartner“(i.S. des LebensPartG), also langjährig in Liebe verbunden, beide kinderlos, haben sich gemeinsam eine Immobilie in Spanien – je zur Hälfte – zugelegt. Auch das hierauf errichtete Haus wurde gemeinsam finanziert. Als Lebenspartner – auf Spanisch pareja de hecho – sind sie nicht im Registro de parejas de hecho eingetragen. Ein jeder hat handschriftlich ein Testament errichtet und hierin den Partner zu seinem Alleinerben bestellt. Die Testamente enthalten keine Option für das deutsche Erbrecht.
Einer der Lebenspartner verstirbt an seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, Spanien. Von seinen nahen Angehörigen lebt nur noch sein Vater. Was geschieht mit seiner spanischen Haushälfte, die praktisch sein gesamtes Vermögen ausmacht?
Es ist im Hinblick auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien spanisches Erbrecht anwendbar. Danach ist der Vater des Erblassers trotz des Testaments Noterbe und als solcher neben dem Partner erbberechtigt. Hätte ein jeder Partner in seinem Testament die Option für das deutsche Erbrechts ausgeübt, wäre der überlebende Partner Alleinerbe geworden. Man sieht an diesem Beispiel mit Deutlichkeit, dass Testamente die ganze Erbrechtslandschaft verändern können, wenn ihr Inhalt richtig ist. Die Autoren dieses Beitrags sind Rechtsanwälte der Löber Steinmetz & García Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Frankfurt am Main, Köln, Palma de Mallorca & Tenerife, . +49 (0)69 96 22 11 23, Mail: info@loeber-steinmetz.de