Wirtschaft
EU-Kommission geht in einer Studie der Frage nach, warum in Spanien die Löhne nicht steigen
Auf Spurensuche: Eine EU-Kommission geht in einer Studie der Frage nach, warum in Spanien die Löhne nicht steigen
Madrid – tl. Die EU-Kommission beschäftigt sich mit einem Paradoxon in Spanien und begibt sich auf Spurensuche: Bekanntlich halten es Wirtschaftswissenschaftler für wünschenswert, dass die Löhne mit der Entwicklung der Produktivität Schritt halten. Hierzulande ist das nicht der Fall. Die Löhne stagnieren und manchmal schrumpfen sie sogar, obwohl die Produktivität gestiegen ist.
So hat Brüssel die Gehälter in den Jahren 2012 bis 2016 unter die Lupe genommen – also einen Zeitraum, der bereits von einer wirtschaftlichen Erholung geprägt war. Unter Berücksichtigung der einzelnen Sektoren und Regionen kam bei der Berechnung heraus, dass die Produktivität real um 1,0 Prozent zugelegt hat, die Löhne in dem gleichen Zeitraum inflationsbereinigt aber nur um 0,06 Prozent gestiegen sind. Nicht einmal in den Sektoren, in denen die Produktivität deutlich zugenommen hat, war eine stärkere Lohnsteigerung feststellbar.
Mit Blick auf das vergangene Jahr stellt sich die Situation sogar noch schlimmer dar. Der Lohn pro Arbeitsstunde war sogar rückläufig – und das nach drei Jahren in Folge mit einem Wirtschaftswachstum über drei Prozent. Dieses Phänomen spiegelt sich auch im Bruttoinlandsprodukt (BIP) wider. Trotz Konjunkturerholung ist der Anteil der Löhne am BIP gesunken.
Zwar geben die Experten der EU-Kommission in ihrer SpanienStudie zu bedenken, dass der Nichtanstieg der Löhne maßgeblich zum Abbau der Arbeitslosigkeit beigetragen habe und empfehlen weiterhin eine Lohnmäßigung zum Erhalt der Produktivität. Doch selbst die nicht gerade als Arbeitnehmer-freundlich bekannte Banco de España meint, dass die Löhne bitte schön an die Entwicklung der Produktivität in den jeweiligen Betrieben gekoppelt sein sollten.
Die Gründe für die Situation in Spanien sind vielfältiger Natur. Zum einen ist in den vergangenen Jahren viel Beschäftigung in wenig produktiven Wirtschaftsbereichen entstanden. Entsprechend gering fallen die Löhne aus. Hinzu kommt eine hoher Grad an Unterbeschäftigung in Spanien. Das heißt, es gibt viele Beschäftigte, die weniger Stunden arbeiten als sie eigentlich möchten. Innerhalb der EU weist Spanien den zweithöchsten Grad an Unterbeschäftigung auf.
Aber diese Faktoren reichen nicht als Erklärung aus, warum bessere Löhne auch dort ausbleiben, wo die Produktivität zulegt. Vor der Krise, so die Experten, hätten sich die Löhne stärker entwickelt als die Produktivität. Das gleiche sich langsam aus.
Ein maßgeblicher Faktor liegt für die Experten in der Vielzahl der befristeteten Jobs. Deren Anteil sei in Spanien exzessiv und charakteristisch für den gesamten Arbeitsmarkt, also nicht nur für Sektoren wie Landwirtschaft, Tourismus oder Bauwirtschaft. Ein zeitlich begrenzter Job aber, so das Fazit, hemmt den Prozess, dass der einzelne Mitarbeiter an Produktivität gewinnt.
Ein maßgeblicher Faktor aber liegt für die Experten in der Vielzahl der befristeteten Jobs