Gelbe Rosen zu Sant Jordi
Der Tag des Buches wird in Katalonien wieder als großes Fest begangen – Comín überträgt Stimme
Barcelona – ck. Eigentlich wollte Katalonien am Sant-JordiTag eine Regierung haben. Das gelang nicht, die Region ist dem am 23. April, Tag des Buches und der Rose zu Ehren des Drachentöters Sankt Georg, aber einen Schritt näher gekommen. Der nach Belgien geflohene Abgeordnete Toni Comín will seine Stimme übertragen. Damit hätten die Separatisten JxCat und ERC 66 Stimmen und könnten im zweiten Wahlgang – wenn die einfache Mehrheit reicht – einen Ministerpräsidenten ernennen. Vorausgesetzt die vier CUP-Abgeordneten enthalten sich.
Jetzt ergeben sich zwei Möglichkeiten: Carles Puigdemont stellt sich von Berlin aus als Kandidat zur Verfügung und wird in Abwesenheit ernannt, was JxCat will. Eine Änderung der Parlamentsordnung soll das am 3. Mai möglich machen, aber Madrid lehnt dieses Manöver ab. ERC hingegen bevorzugt einen Kandidaten, der nicht von der Justiz belangt wird und regieren könnte.
Sant Jordi zeigte mit seiner festlichen Stimmung, wie friedlich und fröhlich die Katalanen mit der politisch angespannten Situation umgehen können. Zwar waren neben den üblichen roten auch viele gelbe Rosen zu sehen – die Farbe Gelb symbolisiert die Freilassung der inhaftierten katalanischen Aktivisten – doch im Mittelpunkt stand die Literatur.
Barcelona, als eines der Zentren des spanischen Verlagswesens, versammelte Hunderttausende von Bewohnern und Touristen, die unter blauem Himmel durch die Stadt spazierten und die rund 5.000 Buchstände besuchten. Anderthalb Millionen Menschen waren unterwegs, 20 Millionen Bü- cher und sieben Millionen Rosen wurden unter die Leute gebracht, jubelt der Leitartikel in „La Vanguardia“. Als „offen und verständnisvoll und keinesfalls ausschließend, als vitale und kulturelle Botschaft für alle“, feiert die Zeitung die Stimmung auf den Straßen. 600.000 Blumen sollen gelb gewesen sein. Das wäre ein kleiner Teil.
Anders die Stimmung in Madrid. Die Regierung musste Finanzminister Cristóbal Montoro den Rücken stärken, nachdem der versichert hat, kein Cent öffentlicher Gelder wäre in das verbotene Referendum am 1. Oktober geflossen und dafür vom Richter Pablo Llarena gerügt wurde.
Einer der Gründe für den Auslieferungsantrag von Carles Puigdemont ist gerade der Verdacht des Obersten Gerichtshofs (TS) auf Veruntreuung. Llarena sieht nach detaillierten Berichten der Guardia Civil Hinweise auf 1,9 Millionen Euro, die unerlaubt in das Referendum flossen. Das Oberlandesgericht in Schleswig hat um Klärung gebeten, bevor es über die Auslieferung von Puigdemont, der sich in Berlin aufhält, entscheidet.
20 Millionen Bücher und sieben Millionen Rosen kamen unter die Leute
Stichtag 22. Mai
Puigdemont spielt auf Zeit. Sollte er in Abwesenheit zum Ministerpräsidenten ernannt werden, wird Madrid das anfechten, die Zwangsverwaltung wird bestehen bleiben. Weitere juristische Verfahren drohen. Wenn Katalonien bis zum 22. Mai keine Regierung bildet, setzt Madrid Neuwahlen an.