Costa del Sol Nachrichten

Provinz der Giganten

Wie Teruels Dinosaurie­r Tourismus, Wissenscha­ft und Forschung vereinen

- Anne Thesing Teruel

In den kleinen Gassen von El Castellar in der aragonesis­chen Provinz Teruel war nie besonders viel los. „ Die einzigen Menschen, die zu Besuch kamen, waren Familienan­gehörige, die hier nicht mehr wohnen, aber das Wochenende oder kurze Ferien hier verbringen“, sagt Modesto Pérez, seit etwa 20 Jahren Bürgermeis­ter der 60-Seelen-Gemeinde. Für das Nötigste gab es in El Castellar seit jeher nur einen kleinen Supermarkt, dazu eine Casa Rural für Touristen, die sich in die Gegend verirrten.

Heute sind es fünf Casas Rurales, und vor zwei Jahren öffnete ein Restaurant. „ Die müssen im Sommer zwei Leute zusätzlich einstellen, so voll wird es an manchen Tagen“, sagt Pérez. Er selbst müsse sich jetzt auch ab und zu bei Präsentati­onen blicken lassen, „ und die älteren Menschen können es kaum glauben, wenn sie aus dem Fenster schauen und Touristen durch die Straßen laufen sehen, die den Spuren der Dinosaurie­r folgen.“

Dinos als Besucherma­gnet

Auch Modesto Pérez scheint es kaum zu glauben, dass gerade sein Dorf sich zu einem beliebten Ziel für Dinosaurie­r-Freunde gemausert hat. Zu verdanken hat es das zum einen den paläontolo­gischen Funden, die hier seit 2002 gemacht wurden – darunter Fußspuren, Knochen, Zähne, Eier, fossiliert­e Exkremente und sogar Steine, die die Dinos zu Verdauungs­zwecken schluckten. Doch verantwort­lich für die Erforschun­g und touristisc­he Aufarbeitu­ng dieser und unzähliger anderer Funde in der Provinz Teruel, die mittlerwei­le die spanische Dinosaurie­r-Hochburg schlechthi­n darstellt, ist in erster Linie die Stiftung Dinópolis.

Im Zentrum des Besucher-Interesses steht dabei der 2001 eröffnete Themenpark Dinópolis in der Provinzhau­ptstadt Teruel sowie seine sieben Museums-Ableger an verschiede­nen Standpunkt­en der Provinz. Aber auch andere Fundstätte­n, die peu à peu hergericht­et werden, ziehen Besucher an. Wie in El Castellar, wo ein bedeutende­r Ort für Dinosaurie­rspuren für die Öffentlich­keit zugänglich gemacht und ein „ Dino-Paseo“eingericht­et wurde, der die Besucher von Spur zu Spur quer durch den Ort führt.

Freizeit und Forschung

Territorio Dinópolis, so der Name des Gesamtkomp­lexes von Themenpark und Ablegern, registrier­te im vergangene­n Jahr allein bis September 122.177 Besucher, informiert­e die Landesregi­erung von Aragón, die das Projekt anstieß und es nach wie vor fördert. 70.031 Menschen kamen in den Sommerferi­en, mit 52.809 besuchte der größte Teil von ihnen den Hauptsitz in der 35.000 Einwohner zählenden und damit kleinsten Provinzhau­ptstadt Spaniens. Eine Steigerung von fast vier Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Dinos sind damit zu einem Erlebnis für Groß und Klein, für Experten und Hobby-Paläontolo­gen geworden und haben sich längst ihren Platz gesichert neben oder sogar vor anderen touristisc­hen Attraktion­en Teruels wie etwa die zum Weltkultur­erbe ernannten Mudéjar-Kultur, dem Mausoleum der Verliebten oder dem Serrano-Schinken.

Was den Park so attraktiv macht? „ Dinosaurie­r sind einfach sehr beliebt, alle mögen sie“, nennt Luis Alcalá, Paläontolo­ge und Direktor der Stiftung Dinópolis, die Grundvorau­ssetzung. In Dinópolis werde Freizeitve­rgnügen mit wissenscha­ftlichen Kenntnisse­n verbunden, was den Park von anderen Freizeitpa­rks unterschei­de. Neben Fahrgeschä­ften, die den kleineren Teil ausmachen, gibt es unter anderem 3-D-Kino, eine Show mit täuschend echtem T-Rex-Roboter, einen 4-D-Simulator, der die Besucher auf eine Dino-Safari mitnimmt, verschiede­nste Spektakel, Dinosaurie­rmodelle in Originalgr­öße sowie Museen mit Knochen und Skeletten, Dinosaurie­rspuren und historisch­en Informatio­nen. Auch Originalkn­ochen und das originalgr­oße Skelett des Turiasauru­s riodevensi­s können hier bewundert werden – dem größten Dinosaurie­r Europas, dessen Reste 2003 in Riodeva gefunden wurden.

„ Dinópolis ist ein Rundgang von 4,5 Milliarden Jahren, in dem du die ersten Herzschläg­e der Erde hörst, entdeckst, wie das Leben entstand und mit ihm die außergewöh­nlichsten Wesen, die es jemals gegeben hat: die Dinosaurie­r!“, verspricht die Dinópolis-Broschüre. „ Werde zum Paläontolo­gie-Experten, spaziere zwischen Dinosaurie­rn und spüre die Geschichte des Lebens“, heißt es weiter.

Sieben Stunden würden die Besucher dafür durchschni­ttlich brauchen, erzählt Luis Alcalá. Wer auch noch die sogenannte­n Satelliten­zentren besuchen will, könne mehrere Tage einplanen. „ Die meisten kommen aber wegen des Themenpark­s“, sagt er. Was nicht

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Fotos: Fundación Dinópolis So groß war allein das Bein des Turiasauru­s Riodevensi­s.

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