Im Drogenwinkel
Im Campo de Gibraltar brodelt ein Konflikt zwischen Polizei und Dealern
Seit 2017 häufen sich die negativen Schlagzeilen über die Region Campo de Gibraltar. Die Konflikte zwischen den spanischen Sicherheitskräften und Drogenbanden haben sich verschärft, offene Auseinandersetzungen und gefährliche Verfolgungsjagden mit Speedbooten sind nicht selten und haben bereits Todesopfer gefordert. Zum Leidwesen der Einwohner von La Línea de la Concepción wird in vielen Medienberichten eher verallgemeinert und der Eindruck er- weckt, ein Großteil der Bevölkerung widme sich dem Drogenhandel. Fakt aber ist, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Gebiet hoch ist und der illegale Job für einige Familien die einzige Existenzgrundlage ist.
Fünf Augenpaare schauen die Redakteurin misstrauisch an. Um einen Tisch sitzen vier Fischer in fleckigen Unterhemden und grünen Gummistiefeln, einer davon hat keine Zähne mehr im Mund. Jäh wechseln sie das Thema. Einer fängt an, von einem leckeren Schneckengericht zu schwärmen, das er in einer Bar probiert hat. Die anderen kauen an süßen Zuckerkringeln, die sie in ihren Kaffee tunken.
Ein spindeldürrer Mann mit knochigen Schultern und hohlen Wangen blickt den Eindringling schief an. Zu essen gebe es hier nichts, Frühstück werde zwei Straßen weiter serviert. Also bleibt es beim Kaffee. Auf dem Regal hinter dem Tresen stehen einige verstaubte Brandyflaschen, auf dem Boden leere Kartons. Frittierter Fisch, wie das Schild über der Bartür verspricht, wird hier wohl eher selten verkauft, dafür unter dem Tresen wohl eher der Stoff, der La Línea de la Concepción ein trauriges Schicksal beschert hat: Haschisch.
Morgens um 9 Uhr sind in La Líneas Viertel Los Junquillos die Türen verschlossen und die Jalousien noch unten. Ab und zu knattert ein frisiertes Moped um die Ecke, oder es lugt jemand hinter der Tür hervor. Die Schläfrigkeit trügt. In dem Viertel, im gesamten Campo de Gibraltar, geht es oft heiß her.
Anfang April ereignete sich in Los Junquillos nachts eine Schießerei. Offenbar zwischen Drogenclans. Die Guardia Civil untersuchte im Zuge der Operación Blouson einige Häuser in dem Viertel. Mit Unterstützung der Spezialeinheit Grupo de Acción Rapida (GAR) gelang der Guardia Civil am 15. Mai ein Schlag gegen Drogenhandel und Geldwäsche.
Bei weiteren Razzien am selben Tag in den Vierteln Los Palomeras, La Atunera und La Alcaidesa wurden unter anderem 4.200 Kilogramm Haschisch und knapp 190.000 Euro beschlagnahmt. Zwölf Personen wurden festgenommen. Wie die Guardia Civil mitteilte, operierte die Bande nach einem perfekt aufgebauten System, das es möglich machte, in kurzer Zeit bis zu zehn Tonnen Haschisch an die Küste des Campo de Gibraltar zu schmuggeln.
„ Zu Hause sind wir fünf, die mit 1.000 Euro im Monat auskommen müssen. Meine Schwiegermutter ist die Einzige, die was verdiente“, sagt Álvaro, der an einer Straßenecke in Los Junquillos steht und an einem Joint zieht.
„ Drogen gibts doch überall, hier, in Madrid, in Sevilla. Sicherlich auch in Deutschland oder etwa nicht? Dass die alle so ein Drama draus machen. Ich hab schon immer Joints geraucht und werde mir das auch nicht verbieten lassen. Nächsten Monat werde ich Vater. Klar werde ich auch mit Drogen handeln, wenn das Geld nicht reicht. Was soll ich sonst machen? Hier gibts keine Arbeit. Noch nicht mal Kurse gibt’s hier, nada de nada.“
Wie der Kommissar der Nationalpolizei in Algeciras, Luis Esteban Lezáun, sagt, können die Drogenkuriere für eine Überfahrt von Marokko bis zu 30.000 Euro verdienen. Der Preis für eine Tonne Haschisch liegt derzeit bei etwa 600.000 Euro. Den Preis bestimmen Angebot und Nachfrage. Kommen weniger Drogenboote an, weil es in der Meerenge von Gibraltar stürmt oder aber die Guardia Civil Boote beschlagnahmt hat, steigt der Preis.
In der knapp 63.000 Einwohner zählenden Stadt gegenüber von Gibraltar liegt die Arbeitslosenquote bei rund 33 Prozent. Weil viele Schüler im Dealen mit Drogen schnell Geld verdienen, tau- schen sie häufig die Schulbank gegen einen Posten als Camello (Dealer) ein. Ende Mai informierte die Stadtverwaltung von La Línea de la Concepción, dass die Zahl der Schulschwänzer angestiegen sei. Im Mai wurden 484 Schüler gezählt, die regelmäßig den Unterricht geschwänzt hätten. Bereits Zwölf- und Dreizehnjährige würden durch Abwesenheit auffallen.
Eine Lehrerin erzählt
Tamara Moreno* hat ein Jahr lang an einer Schule in La Piñera, einem Problemviertel in Algeciras, Schüler im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren unterrichtet. „ Die Eltern vermitteln ihren Kindern keine Werte, an denen sie sich orientieren können“, sagt Moreno. Oft hätten die Eltern keine Schulbildung genossen, weshalb die Kinder keinen Sinn darin sehen, zu lernen.
Es sei also schwierig, so die Lehrerin, die Schüler davon zu * Name von der Redaktion geändert.
„Zu Hause sind wir fünf, die mit 1.000 Euro im Monat auskommen müssen“
überzeugen, dieser Verlockung nicht nachzugeben, um mit Fleiß und einem Schulabschluss 1.000 Euro im Monat zu verdienen. Nicht selten hätten Sozialarbeiter Eltern daran erinnern müssen, ihre Kinder zur Schule zu bringen.
Sonntagsausflug in den Knast Häufig hätten die Schüler von Schießereien und Schlägereien erzählt, berichtet die Lehrerin. Sie habe auch beobachtet, dass die Kinder sehr aggressiv gewesen seien und sich in den Pausen geprügelt hätten. „ Meine Schüler machten auch kein Geheimnis daraus, dass einer aus ihrer Familie im Gefängnis saß“, sagt Moreno. Sonntags seien die Kinder oft in die Haftanstalt gefahren, um den Vater, Onkel oder Cousin zu besuchen. Nie hätten sie deswegen so etwas wie Scham empfunden. „ Ich hatte immer den Eindruck, Erwachsene in einer kindlichen Gestalt vor mir zu haben, da die Schüler häufig Kraftworte benutzten und Guardia Civil und Nationalpolizei ganz eindeutig als ihre Feinde betrachteten“, erinnert sich Moreno.
Seit Sommer 2017 hat die Gewaltbereitschaft der Drogenbanden im Campo de Gibraltar sogar noch zugenommen. Im Wochentakt füllen seitdem Konfrontationen zwischen Narcos und Ortspolizei oder Guardia Civil die Tageszeitungen. So stürmten im Februar dieses Jahres 20 Vermummte das Krankenhaus von La Línea de la Concepción und holten einen zuvor verhafteten und bei der Verfolgung verletzten Drogendealer heraus. Neun Guardia-Civil-Beamte wurden am 12. Mai von 40 Personen in Algeciras mit Flaschen beworfen und mit Baseballschlägern verprügelt. Es schien, als sei die Region außer Kontrolle geraten.
Luis Esteban Lezáun, der seit einem Jahr als Kommissar der Nationalpolizei in Algeciras Dienst schiebt, versicherte indes in einem am 18. Mai in der spanischen Tageszeitung „ Málaga Hoy“erschienenen Interview, dass es nicht unmöglich sei, den Drogenhandel zu bekämpfen. „ Galicien hatte mit demselben Problem zu kämpfen. Auch dort dachte man, dass es unmöglich sei, doch heute hat man dort die Drogenmafias weitestgehend ausgemerzt. Hier befinden wir uns auf demselben Weg.“
Esteban Lezáun erinnerte daran, dass das Phänomen nicht neu, sondern seit etwa 40 Jahren im Campo de Gibraltar zu beobachten sei. Neu sei aber die Gewalt, mit der Drogenbanden vorgehen. Der Kommissar führte dies auch auf die sogenannten „ Vuelcos“zurück. Im Polizeijargon sind das Drogendiebstähle der Drogenbanden untereinander. „ Die Personen, die die Drogen stehlen, sind bewaffnet“, sagte Esteban.
Während der vergangenen zwei Jahre wurden nach Angaben der Guardia Civil im Campo de Gibraltar 350.000 Kilogramm Haschisch beschlagnahmt. Seit Jahresanfang konfiszierte die Guardia Civil bereits Mengen, die sie sonst in einem Jahr beschlagnahmt. Dies bedeute, dass die Drogendealer einen Verlust von zehn Prozent hinnehmen müssen, während es vorher vielleicht nur ein Prozent war. Deshalb seien die Drogendealer derart aggressiv gegenüber der Polizei.
Der Anstieg der Gewalt beziehe sich lediglich auf den Kreis der Drogenmafias, versicherte Esteban Lezáun im Interview. Außerhalb dieser Unterweltszene sei kein Anstieg der Kriminalität zu verzeichnen. Laut Regierungsdelegation in Cádiz seien 2017 in Algeciras 37 Straftaten auf 1.000 Bürger gekommen, der nationale Durchschnitt liege bei 43 Delikten. „ Man kann genauso unbeschwert durch Algeciras laufen wie durch Cuenca oder Logroño“, sagte Esteban Lezáun.
Als die Redakteurin bei der Guardia Civil in La Línea de la Concepción um einen Interviewtermin bittet, sagt ein Guardia Ci- vil-Beamter am Telefon, sie möge doch am Montag ab 9 Uhr nach dem Hauptkommissar Alonso Gómez Ocón fragen. Gesagt getan. Als sie um 9 Uhr an der Pforte des Guardia Civil-Quartiers in der Avenida de la Banqueta in La Línea de la Concepción steht, sagt ihr der Pförtner, dass Ocón im Urlaub sei. Die später per E-Mail versandten Fragen bleiben unbeantwortet.
Wie der Pressesprecher der Guardia Civil äußert, seien alle Beamten zu sehr beschäftigt, als dass sie fünf Minuten Zeit für ein Telefoninterview hätten. Tatsächlich? Der Pressesprecher am Telefon räuspert sich. „ Nun ja, es liege ganz einfach daran, dass die Chefs in Madrid den Guardia Civil-Beamten nicht erlauben, zu diesem delikaten Thema Stellung zu nehmen.“
Ähnlich gestaltet sich die Sache bei der Pressestelle der Nationalpolizei in Algeciras. Die Fragen möchte auch dort niemand beantworten. Wie die Nationalpolizei erklärt, wolle sie verhindern, dass Algeciras und La Línea de la Concepción als Drogenpfuhl dargestellt werden. Der Pressesprecher der Nationalpolizei erklärt, dass die Drogen nicht dort bleiben, sondern weitertransportiert werden. Keinesfalls solle hier der Eindruck entstehen, dass die gesamte Bevölkerung vom Geschäft mit den Drogen lebe. Vielmehr sei es ein kleiner Personenkreis, der mit Drogen deale und Geld wasche.
Der Messi des Haschischs
Als am 14. Mai der neunjährige Manuel Mancilla am Strand Getares in Algeciras ums Leben kam, war in den Augen der Einwohner von Algeciras der Gipfel erreicht. Mancilla war mit seinem Vater in einem Motorboot unterwegs. Sein Vater beobachtete ein anderes Boot, das mit hoher Geschwindigkeit in waghalsigen Kurven an ihnen vorbeifuhr.
Als der Vater dem Fahrer Zeichen machte, das Tempo zu drosseln, raste dieser direkt auf ihr Boot zu und kollidierte mit ihm. Den Jungen traf die Schiffsschraube – tödlich. Strandbesucher hielten die beiden Unfallverursacher fest, bis Guardia Civil und Nationalpolizei eintrafen. Die beiden Männer wurden festgenommen. Beide sind vorbestraft, einer von ihnen saß bereits wegen Drogenhandels drei Jahre lang im Gefängnis. Der Führer des Motorboots kam am 18. Mai in Untersuchungshaft und muss wegen vorsätzlicher Tötung mit einer Haftstrafe zwischen zehn und 15 Jahren rechnen.
Die Polizei schloss aus, dass es sich um ein Drogenmotorboot handelte, sondern vermutete, es könne hier eine Abrechnung zwischen Drogenbanden vorgelegen haben. Manuel Mancilla stammte aus der Familie Los Morilla, die wiederum dem Clan Los Pantoja des Konflikt-Viertels El Saladillo in Algeciras angehört. Dieser steht nach Angaben der Tageszeitung „ La Voz de Cádiz“wiederum in Verbindung zu Abdellah El-Haj Sadek
„Man kann genauso unbeschwert durch Algeciras laufen wie durch Cuenca oder Logroño“
alias „ Messi del hachís“, früher einer der größten Drogenhändler im Campo de Gibraltar.
Dessen Anwälte beteuerten gegenüber spanischen Medien, dass er sich inzwischen aus dem Drogengeschäft zurückgezogen habe. Vergangenen Jahres hatte er sich der Staatsanwaltschaft im Campo de Gibraltar gestellt und war auf Kaution freigekommen. Seitdem muss er täglich bei Gericht in Algeciras erscheinen. Derzeit wartet El-Haj Sadek auf zwei Verhandlungen. Er tauchte am Abend des 14. Mai in der Leichenhalle Los Pinos in Algeciras auf. Sein Erscheinen wurde so interpretiert, dass er der Familie des Jungen Respekt zollen wollte.
Andere dagegen meinten, er habe mit seiner Präsenz den Drogenmafias signalisieren wollen, erst einmal still zu halten. Die Stimmung war angespannt, die Beerdigung vor den Medien abgeschirmt. Als es ein Fernsehteam dennoch wagte, nur die Tür der Leichenhalle von außen zu filmen, hagelte es Steine. Reporter wurden mit Füßen getreten, die Scheiben ihrer Autos eingeschlagen.
Für ein besseres Image
In den Sozialen Netzwerken wurden der Motorbootfahrer und dessen Copilot an den Pranger gestellt, Fotos wurden gepostet und Rache geschworen. Die andalusische Ministerpräsidentin Susana Díaz (PSOE) appellierte nach dem Vorfall an den damals noch amtierenden spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy (PP), dafür zu sorgen, dass die Drogenbanden endlich ausgehoben werden.
Vor kurzem forderte die Gewerkschaft der Polizei (SUP) auch von der neuen Regierung, dass die Polizisten spezielle Fahrzeuge erhalten, neue Dienststellen in La Línea de la Concepción, in Cádiz und El Puerto de Santa María gebaut werden und die Zahl der Polizisten erhöht wird.
„ Wir geben nicht auf. Wir haben uns zurückgezogen, wodurch sie stärker geworden sind“, meinte Francisco (Paco) Mena auf einer Demonstration am 17. Mai in Algeciras, die unter dem Slogan „ Por tu seguridad, por la de todos“(sinngemäß: Sicherheit für alle) auf der Plaza Alta organisiert wurde. Die Plattform „ Por tu seguridad“hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Die Bewegung beklagt, dass die Gewalt im Zusammenhang mit den Drogenclans innerhalb eines Jahres stark angestiegen sei und forderte ein höheres Polizeiaufgebot.
Mena ist ein Veteran im Kampf gegen die Drogen im Campo de Gibraltar. Er hat die Jahre des starken Heroinhandels und -konsums im Campo de Gibraltar miterlebt und führt noch heute einen erbitterten Kampf gegen die Drogen- dealer. Er betonte, dass der Drogenhandel nicht den Alltag der Menschen bestimme. Richtig sei, dass das Gebiet Campo de Gibraltar das Einfallstor für Drogen sei, die später in ganz Europa verkauft werden. Es müsse der Öffentlichkeit jedoch verdeutlicht werden, dass die Einwohner von La Línea de la Concepción nicht mit einer Pistole im Hosenbund umherlaufen. Den Bürgern vor Ort müsse aber auch klargemacht werden, dass solche Vorfälle wie der Tod des Neunjährigen einen Schatten auf die gesamte Region werfen.
Der ehemalige andalusische Ombudsmann José Chamizo ist in Los Barrios geboren und gab in den 1980er Jahren den Impuls zur Antidrogenbewegung. Bei der Demonstration verlas er ein Manifest, in dem er Parteien, Vereine und Bürger dazu aufrief, an einem Strang zu ziehen. Am Ende der De- monstration skandierten die Protestierenden: „ Drogen nein, Arbeit ja!“
„ Ich bekomme Anrufe und werde gefragt, ob wir uns in einem kriegsähnlichen Zustand befinden. Es ist wichtig, das Bild zu vermitteln, dass hier auch gearbeitet wird und das trotz der Vorfälle das Leben seinen gewöhnlichen Gang geht“, sagte der Vorsitzende der PSOE von Algeciras, Juan Lozano. 2008 startete er eine Kampagne, um das Image des Campo de Gibraltar aufzupolieren. Nun rief er bei der Demonstration die Bevölkerung dazu auf, an diese Kampagne anzuknüpfen. Jeder sollte seinen Beitrag leisten, damit die Region das Stigma der Drogenhölle verliert.
Raus aus den Schlagzeilen
Die Demonstranten verwiesen darauf, dass die Region in den letzten Monaten in den Medien für negative Schlagzeilen gesorgt hat und fordern politische Maßnahmen, damit das Campo de Gibraltar nicht nur mit Drogenhandel, sondern mit positiveren Themen in Verbindung gebracht wird.
„ Das macht alles keinen Sinn“, rief eine ältere Algecireña in die Menge. „ Legalisierung ist die Lösung, um ihnen das Geschäft zu zerstören.“Daraufhin erwiderte eine Frau gleichen Alters, man müsse vielmehr die Drogendealer verfolgen und ins Gefängnis stecken. Das Problem gebe es zudem nicht nur in Algeciras, sondern überall.
Mit der Festnahme von Antonio Tejón alias El Castaña, einem der Köpfe des Drogenclans Los Castañas, gelang der Nationalpolizei am 7. Juni in La Línea schließlich ein schwerer Schlag gegen den Haschischhandel. Tejón sitzt seitdem in Córdoba in U-Haft.
Direkt am Strand Getares in Algeciras liegt die Cafetería Don Ma- tías. Der Kellner in der oberen Etage will an besagtem Montag, als der neunjährige Manuel Mancilla ums Leben kam, nichts gesehen haben. Er habe frei gehabt. Und auch sonst hätten sich die Kollegen eher auf das konzentriert, was im Inneren geschieht, und nicht mitbekommen, was sich da draußen abspielt.
Nur schlecht bezahlte Jobs
Derweil sitzen Alfonso und Emilio draußen auf einer Mauer an der Strandpromenade und rauchen eine Zigarette. „ Nee, das waren keine Boote von Drogendealern“, bekräftigt Alfonso. „ Das war ein Unfall, der durch eine Dummheit passiert ist, weil sie eben wie die Idioten gefahren sind und nicht aufgepasst haben.“Die Bucht von Algeciras sei besser bewacht als die Küste vor La Línea, sagt Emilio.
„ Wir haben hier ja nur unterbezahlte Jobs“, klagt Alfonso. „ Wie willst du denn mit vier Euro die Stunde über die Runden kommen? Die Junta gibt Großstädten wie Sevilla reichlich Geld, doch wir gucken hier in die Röhre. Total vergessen sind wir. Ich bin froh, dass einer meiner Söhne studiert und der andere einen Job hat.“
Vor ein paar Tagen hätten sie im Morgengrauen beobachtet, wie einige Narcos fünf Haschischballen ins Meer warfen, da sie erwischt worden seien und türmen mussten. Sie hätten gesehen, wie die Ballen im Meer geschwommen seien, bis sie Taucher der Guardia Civil herausgefischt hätten. Emilio zieht an seiner Zigarette: „ So schnell wird sich da nichts ändern. Zumindest ist hier in Algeciras die Bucht gut bewacht. Fahren Sie mal nach La Línea, da gehts richtig ab.“