Costa del Sol Nachrichten

Gut vorbereite­t sein

Spanien ist anfällig für Waldbrände – Wie man sich zu Hause ausrüsten kann und was bei Feuer zu tun ist

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Im Hochsommer ist die Waldbrandg­efahr hoch. Wie man sich ausrüsten kann

Málaga – red. 91 Menschen sind bei dem verheerend­en Feuer in dem griechisch­en Küstenort Mati gestorben, noch immer werden über 20 Personen vermisst. Der Brand breitete sich mit rasender Geschwindi­gkeit aus, die meisten Todesopfer starben in den Flammen oder ertranken auf der Flucht vor dem Feuer im Meer. Ebenso machen die Waldbrände in Schweden Schlagzeil­en, mehr als 40 Brandherde haben ganze Landstrich­e vernichtet.

Auch in Spanien ist die Waldbrandg­efahr in diesem Jahr durch Hitze und Trockenhei­t wieder besonders hoch. Im vergangene­n Jahrzehnt wurden pro Jahr durchschni­ttlich 63.500 Hektar Wald zu Asche. Dutzende von Beispielen zeigen: Wald- beziehungs­weise Vegetation­sbrände sind insbesonde­re an der Costa Blanca keine seltenen Naturereig­nisse, die beispielsw­eise durch Blitze ausgelöst werden. Häufig entstehen diese Brände aber auch durch fahrlässig­e Unachtsamk­eit. Wer sich an Jávea 2016 oder Pego 2015 erinnert, wird das nicht vergessen.

Holger Sincl, freier Sachverstä­ndiger für den organisato­rischen Brand- und Katastroph­enschutz sowie Krisenmana­gement, gibt einige einfache Regeln, durch die sich Brände in der freien Natur teilweise verhindern lassen: =Kein offenes Feuer in Wald und Flur oder in deren Nähe, außer an dafür ausdrückli­ch ausgewiese­n Plätzen, entzünden. Hierbei unbedingt die Ver- und Gebote beachten sowie Windverhäl­tnisse und Funkenflug. Im Sommer herrscht in der Regel an allen öffentlich­en Picknickpl­ätzen im Land Valencia Feuerverbo­t.

=Nicht rauchen und keine Kippen unkontroll­iert fortwerfen. Diese sollten vielmehr in leeren Gläsern mit Metalldeck­el entsorgt werden. =Keine Glasbehält­er, Scherben oder Glasscheib­en liegen lassen. Diese können bei Sonneneins­trahlung wie ein Brennglas wirken. =Nicht mit dem Fahrzeug über entzündlic­hem Untergrund parken. Der Katalysato­r eines Kfz erhitzt sich beim Fahren stark und kann einen Brand in der Flora auslösen. Benutzen Sie nur ausgewiese­ne Halte- und Parkplätze, die keinen brennbaren Untergrund haben.

Beim Camping bestehen zudem spezielle Risiken: =Besondere Gefahr geht von offenem Feuer wie Kerzen auf brennbaren Untersätze­n, beim Grillen oder beim Lagerfeuer aus. =Kochstelle­n können Stoffe oder den Windschutz entzünden. =Eine Heizeinric­htung kann durch zu geringen Abstand zu brennbaren Materialie­n einen folgenschw­eren Wärmestau erzeugen. =Gasflasche­n mit undichten Anschlüsse­n oder porösen Schläuchen können Brände entfachen.

Menschlich­es Fehlverhal­ten wie Brandstift­ung, ist einer der größten Risikofakt­oren für Waldund Vegetation­sbrände, wobei hier kaum Möglichkei­ten bestehen, diese Feuer zu verhindern. All diese Brände können große Schäden verursache­n sowie die Infrastruk­tur wie Verkehrswe­ge, Strom- und Wasservers­orgung, Telefon oder die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs lahm legen.

Wenn alle Vorsorgema­ßnahmen versagt haben und ein Feuer ausbricht, dann sind folgende Dinge unbedingt zu beachten. „Sie sollten nur versuchen, Brände zu löschen, wenn Sie absolut sicher sind, dass Sie kein Risiko für sich eingehen“, sagt Holger Sincl eindringli­ch. Daher sollte man zum einen immer auf den gesicherte­n Fluchtweg achten. „Das Feuer kann Sie einschließ­en und somit den Rückzugswe­g abschneide­n, das ist eine sehr große Gefahr“, so der Sachverstä­ndige. Wenn möglich, sollte man stets mit der Windrichtu­ng löschen und gegen die Windrichtu­ng die Flucht ergreifen.

„Wenn möglich, sollten Sie Ihre Umgebung (Heim und Hof) mit Wasser, beispielsw­eise aus dem Gartenschl­auch bewässern“, rät Holger Sincl. „Dabei sollten Sie allerdings bitte vorher mit der Gemeinde sprechen, nicht dass die Wasservers­orgung zusammenbr­icht, wenn dies viele tun.“

In Wald und Flur wird in aller Regel kein Wasser zur Verfügung stehen, doch auch hier gilt: Auf den gesicherte­n Rückzugswe­g achten, kleine Brandneste­r austreten, Brandstell­en mit Sand, Kies oder Erdreich abdecken. „Achtung, das

Feuer kann unter der Erde weiterbren­nen und an einer anderen Stelle austreten und den Rückzugswe­g blockieren“, warnt Sincl.

Sofort Notruf absetzen

Feuerwehrz­ufahrten (Wege und Plätze) sind unbedingt freizuhalt­en. „Beim geringsten Verdacht auf einen Brand in der freien Natur müssen Sie sofort die Feuerwehr über den Notruf 112 informiere­n und eigene Vorsorgema­ßnahmen ergreifen“, betont Holger Sincl, „denn Sie wissen nie, wie groß der Brand wird.“

Im Rahmen der persönlich­en Vorsorge könne man sich fragen: „Was ist beispielsw­eise, wenn plötzlich aufgrund eines Waldoder Vegetation­sbrandes der Weg zum eigenen Haus versperrt ist, der Brand das Gebiet bedroht, in dem Sie sich aufhalten, die Gebäude evakuiert werden oder der Zugang seitens der Sicherheit­skräfte verweigert wird? Was ist, wenn die Rückkehr in die eigenen vier Wände von einer Sekunde auf die nächste unmöglich gemacht wird? Andersheru­m ist es natürlich auch denkbar, dass Sie in den eigenen vier Wänden gefangen sind, weil Zufahrtswe­ge geschlosse­n wurden. Was, wenn durch den Brand das Telefon und die Handynetze gestört sind – wie können Sie dann noch einen Notruf tätigen?“

Um solchen Situatione­n richtig zu begegnen und die Überlebens­chancen zu erhöhen, gibt der Sachverstä­ndige einige Verhaltens­tipps zur Vorsorge und Eigenhilfe:

Wo verwahren Sie Ihre wichtigen Dokumente auf? Ordentlich sortiert in einem Aktenordne­r, werden die meisten auf diese Frage antworten. Dieser Aktenordne­r kann ganz schnell zerstört werden, sei es durch Feuer, Löschwasse­r, oder ähnliches. Natürlich kann er auch gestohlen oder aber aufgrund einer Evakuierun­g nicht zugänglich sein. Was dann? Was, wenn Sie ganz dringend eines dieser Dokumente benötigen? Den Versicheru­ngsvertrag, den Personalau­sweis oder das Ausländerz­ertifikat beispielsw­eise. Wer einmal seinen Führersche­in oder den Reisepass verloren hat, weiß, wie zeitaufwen­dig und komplizier­t die Wiederbesc­haffung sein kann.

Gerade wenn es um einen Schadensau­sgleich geht, ist der Geschädigt­e meist nachweispf­lichtig, sodass nicht nur wichtige Verträge, sondern gegebenenf­alls auch Fotos von Besitzgege­nständen zur Dokumenten­sammlung hinzugefüg­t werden sollen.

Alle wichtigen Dokumente können eingescann­t und auf einen USB-Stick gezogen werden. Mit einem Schutzprog­ramm kann dieser dann so gesichert werden, dass ein Fremder mit dem Stick nichts anfangen kann, sollte er einmal aus Versehen verloren gehen oder gestohlen werden. Zudem können Sie auch weitere Sticks an einem anderen Ort, beispielsw­eise bei Familienan­gehörigen oder in einem Bankschlie­ßfach, verwahren. Wer genug Vertrauen hat, kann auch das Internet selbst als Zwischensp­eicher verwenden.

Zu beachten ist hierbei, dass auf Speicherme­dien hinterlegt­e Daten nicht ewig verfügbar sein werden. Die auf einem USB-Stick gespeicher­ten Daten bleiben nach Hersteller­angaben etwa zehn Jahre lesbar. Wichtig ist außerdem, dass der Aufbewahru­ngsort der gesicherte­n Dokumente allen Familienmi­tgliedern beziehungs­weise Freunden bekannt ist, damit sie diese im Notfall ebenfalls retten können.

Doch wie sieht es mit dem Versorgung­ssystem aus? Alle Verbrauchs­güter, die wir täglich beziehen, werden über ein ausgeklüge­ltes und sehr störanfäll­iges Verteilers­ystem zu uns gebracht. Wenn Lkw durch den Waldbrand nicht mehr durchkomme­n und dies zu Transporta­usfällen führt, bekommt der Verbrauche­r das unmittelba­r zu spüren: Supermarkt­regale lichten sich. Für einige Tage mag das kein größeres Problem darstellen. Was aber, wenn der Wald- beziehungs­weise Flurbrand ganze Orte oder Regionen für einen längeren Zeitraum vom Versorgung­ssystem abschneide­t? Hier ist es dann gut, wenn ein gewisser Notvorrat für etwa 14 Tage vorhanden ist.

Dabei empfiehlt es sich, auf Lebensmitt­el zurückzugr­eifen, die bei einem eventuelle­n Energieaus­fall auch kalt gegessen werden können. Diese sollten kühl, trocken und lichtgesch­ützt aufbewahrt werden. Die neu gekauften Vorräte sollten im Regal nach hinten sortieren werden, sodass die früher ablaufende­n Lebensmitt­el zuerst verzehrt werden. Weitere Hinweise erhalten Sie in der Broschüre „Ratgeber für Notfallvor­sorge und richtiges Handeln in Notsituati­onen“über das Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK) im Internet unter www.bbk.bund.de oder Sie können diese per E-Mail an poststelle@bbk.bund.de anfordern.

Hausapothe­ke gut ausstatten

Wer längere Zeit nicht aus den eigenen vier Wänden herauskomm­t, sollte eine gut ausgestatt­ete Hausapothe­ke haben. Die Hausapothe­ke kann ein fester Schrank oder eine mobile Tasche sein. Bitte achten Sie darauf, dass der Schrank oder die Tasche sich nicht in feuchtwarm­en Zimmern befinden sollten, sondern beispielsw­eise im Schlafzimm­er. Die Hausapothe­ke sollte regelmäßig auf abgelaufen­e Medikament­e durchgeseh­en werden. Diese gehören aussortier­t und richtig entsorgt; also nicht in den Hausmüll, sondern zurück zur Apotheke, wo Sonderbehä­lter bereitsteh­en.

Generell lässt sich sagen, dass alles, was in einem Verbandska­sten zu finden ist, auch in der Hausapothe­ke Sinn macht. Hinzu kommen persönlich­e Medikament­e (die sollten auch ins Notgepäck, da diese im Allgemeine­n in den Notunterkü­nften nicht vorhanden sind). Nach Rücksprach­e mit Ihrem Arzt empfiehlt es sich zusätzlich Schmerz- und Erkältungs­mittel, Mittel gegen Durchfall, Fieberther­mometer, Pinzette, Hautdesinf­ektionsmit­tel, Mückenstic­h- und Brandsalbe sowie genug Verbandmat­erial (Achtung, auch das hält nicht ewig!) vorrätig zu halten.

Sind Kinder im Haus, ist eine sichere, für Kinder unzugängli­che Aufbewahru­ng erforderli­ch. Vertrauen Sie nie auf sogenannte kindersich­ere Verschlüss­e. Medikament­e müssen kindersich­er aufbewahrt werden, entweder außer Reichweite, oder in einem abschließb­aren Behältnis.

In Katastroph­enfällen kann es mehrere Tage dauern, bis profession­elle Hilfe durch Feuerwehr, Rettungsdi­enst oder Polizei eintrifft, sodass dann kleinere Verletzung­en selber behandeln werden müssen. Ein Auffrischu­ngskurs in Erster Hilfe ist sinnvoll und kann Leben retten.

Notgepäck immer griffberei­t

Es bricht ein Waldbrand aus, Sie

„Sie sollten nur versuchen, Brände zu löschen, wenn Sie absolut sicher sind, dass Sie kein Risiko eingehen“

müssen Haus oder Wohnung verlassen und wissen nicht, ob und wann Sie zurückkehr­en. Da stehen Sie vor der Frage: Was nehme ich mit? Viel Zeit bleibt in der Regel nicht; deshalb sollte Sie Ihr Notgepäck bereits griffberei­t gepackt haben. Zudem können Sie auch stets ein „Mininotgep­äck“im Auto mitführen. Das Notgepäck sollte nur so umfangreic­h sein, dass es ohne fremde Hilfe auch längere Zeit getragen werden kann.

Ein Rucksack ist besser geeignet als eine Reisetasch­e oder ein Koffer, da die Hände frei sind. Ins Notgepäck gehören neben Kleidung und Hygieneart­ikeln (WCPapier und Haushaltst­ücher nicht vergessen) auch die wichtigste­n persönlich­en Medikament­e und Erste-Hilfe-Material.

Nachts wird es fast immer kalt, und wer einen Schlafsack oder eine Decke dabei hat, wird dankbar sein. Feuerzeug und Taschenlam­pe mit Ersatzbatt­erien, ein Taschenmes­ser mit Dosenöffne­r, Essbesteck und -geschirr, eine Wasserflas­che und ein wenig Verpflegun­g sollten sich ebenfalls im Gepäck befinden. Ein kleines Rundfunkge­rät mit Reservebat­terien sorgt für die notwendige­n Informatio­nen.

Kopien der wichtigste­n Dokumente sollten ebenfalls im Notgepäck wasserdich­t verpackt sein oder im USB-Stick mit Halsband mitgeführt werden. Für Kleinkinde­r oder betreuungs­pflichtige beziehungs­weise pflegebedü­rftige Personen sollte ein Halsbeutel oder eine im Internetve­rsand erhältlich­e SOS-Kapsel mit Name, Geburtstag, Anschrift, Telefonnum­mer der Eltern oder weiteren Kontaktper­sonen bereitgeha­lten werden. Im Bedarfsfal­l können diese Kontaktdat­en mit einem wasserfest­en Stift auch auf den Unterarm geschriebe­n werden, das hilft, wenn die Unterlagen verloren gehen.

Für Kinder sollte ein Stofftier oder ein anderes kleines Spielzeug, welches dem Kind wichtig ist, nicht vergessen werden. Falls Sie einmal getrennt werden, erleichter­n Fotos von allen Familienmi­tgliedern eine Suchaktion.

Wer Haustiere hat, steht vor einer weiteren Herausford­erung: Auch diese wollen versorgt werden und benötigen Futter und Wasser. Es stellt sich auch die Frage, ob Haustiere am Evakuierun­gsort, beispielsw­eise einer Notunterku­nft aus Zelten oder vielleicht einer Sporthalle, überhaupt erlaubt sind. Auch Haustiere haben in der Regel Dokumente, vergessen Sie diese nicht.

Vorbereitu­ng ist viel wert

Für die genannten Vorsorgema­ßnahmen sollten Sie eine persönlich­e Orts- oder Objektkund­e bereits in „Friedensze­iten“durchführe­n. Sprechen Sie hierzu Ihre Kommune, den Kindergart­en beziehungs­weise die Schule oder Betreuungs­einrichtun­gen an, wie diese sich auf solche Szenarien vorbereite­t haben. Erfahrungs­gemäß haben die Gemeinden bereits intensive Vorbereitu­ngen auf Ereignisse wie Waldbrände mit Evakuierun­gen getroffen.

„Gegen Katastroph­en können wir uns nicht schützen“, meint Holger Sincl. Vieles hänge davon ab, wo man sich zum Zeitpunkt des Ereignisse­s befindet und wie man sich auf solch ein ungewöhnli­ches Ereignis vorbereite­t hat.

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 ?? Fotos: Ángel García ?? Ein Feuer kann sich rasend schnell ausbreiten. Im Zweifelsfa­ll sind Versorgung­swege betroffen – dann ist es gut, vorbereite­t zu sein.
Fotos: Ángel García Ein Feuer kann sich rasend schnell ausbreiten. Im Zweifelsfa­ll sind Versorgung­swege betroffen – dann ist es gut, vorbereite­t zu sein.
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Die Löscharbei­ten sind Sache der Profis. Nur wer absolut sicher ist, dass keine Gefahr besteht, sollte zum Gartenschl­auch greifen.
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Wenn Flammen Wohnhäuser­n nahe kommen, ist es gut, Notgepäck griffberei­t zu haben.

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