Costa del Sol Nachrichten

Online über den Wolken

Internet im Flugzeug auf dem Vormarsch

- Bislang zu teuer

Düsseldorf – dpa. Was für ein ungewohnte­s Gefühl: Das Handy ausschalte­n, sich für ein paar Stunden von der Welt abkapseln, für niemanden erreichbar sein. In den vergangene­n Jahren war das gefühlt nur noch im Flugzeug möglich. Selbst Geschäftsl­eute oder Manager dürften diese erzwungene Pause frei von Mails und Anrufen heimlich genossen haben. Dabei verschwind­et zunehmend auch dieser letzte Hort der Unerreichb­arkeit.

Schon lange ist es technisch möglich, über Satellit hoch oben in der Luft im Internet zu surfen. Weil die Technik immer ausgeklüge­lter wird, sprechen Experten schon von einer „Goldgrube“für die Luftfahrtu­nternehmen.

„Breitband-Internet an Bord von innereurop­äischen Flugzeugen verspricht der gesamten Branche einen Riesen-Reibach“, sagt etwa der Luftfahrtj­ournalist Andreas Spaeth. Die London School of Economics etwa gehe davon aus, dass bis 2035 weltweite Umsätze in Höhe von 130 Milliarden USDollar erzielt werden können. 30 Milliarden Dollar entfielen allein auf Extra-Einnahmen der Airlines. „Die Airlines wissen das und nicht nur sie sehen den Milliarden­markt“, sagt auch Christian Schiele, Bereichsle­iter Telekommun­ikation beim Preisporta­l Verivox. „Zuletzt wurde die Absicht des Online-Giganten Google bekannt, sich als Internetau­srüster für Flugzeuge einzukaufe­n.“

Zwar ist Internet im Flugzeug schon lange möglich und vor allem in den USA weit verbreitet. In Europa aber bleiben viele Airlines skeptisch. Das liegt vor allem an der bisher eingesetzt­en Technik, bei der die Daten über Satelliten an Empfänger am Flugzeug übermittel­t werden.

Zu teuer sei das und die Internet-Geschwindi­gkeit oft „unzureiche­nd“, heißt es etwa beim Billigflie­ger Ryanair. „Wir erachten WLan nicht als die große Neuerung, da immer mehr Kunden Inhalte vor dem Flug auf ihr persönlich­es Gerät herunterla­den“, teilt die irische Airline auf Anfrage mit.

Auch die zu Thomas Cook gehörende deutsche Fluggesell­schaft Condor plant derzeit kein entspreche­ndes W-Lan-Angebot in ihren Maschinen. „Die Kosten für die Einrichtun­g und das Betreiben einer Internetve­rbindung an Bord sind sehr hoch“, teilt ein Sprecher mit. Die Airline gilt als Urlaubsfli­eger, Bei vielen Airlines sollen Passagiere sich bald während des Flugs ins WLAN einloggen können.

ihre Kunden sind vor allem Familien mit Kindern – bei denen übernehme kein Arbeitgebe­r die hohen Entgelte. „Unsere Angebote müssen daher attraktiv und auch für einen Privatreis­enden erschwingl­ich sein“, heißt es.

Dabei hielten in diesem Jahr einer aktuellen Umfrage des Bundesverb­ands der deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft zufolge rund 47 Prozent der Befragten Internet an Bord für eine gute Sache. Fünf Jahre zuvor waren es demnach noch 40 Prozent. Im selben Zeitraum ging die Zahl der Gegner zurück.

Auch neue Technik könnte viele Airlines in Europa zum Umdenken bewegen. So testet die Deutsche Telekom gemeinsam mit dem Satelliten-Unternehme­n Inmarsat und Nokia derzeit ihre sogenannte EAN-Technologi­e. Dabei werden Daten nicht nur über Satellit, sondern

auch per LTE-Signal über Funkantenn­en am Boden ins Flugzeug übertragen – bei Fluggeschw­indigkeite­n von bis zu 1200 Kilometern pro Stunde.

Knapp 300 solcher Antennen seien in ganz Europa aufgestell­t, sagt David Fox, bei der Telekom zuständig für Flugdienst­leistungen. Schneller und günstiger soll die Datenübert­ragung damit werden. Erster Kunde ist das britische Luftfahrtu­nternehmen IAG. Noch befindet sich die Technik in der Testphase. „Es finden aber bereits Gespräche mit anderen Airlines statt“, sagt Fox.

Aufgeschlo­ssen dürfte auch die Lufthansa sein, die seit jeher zu den Vorreitern beim Thema Internet an Bord zählt. Der Konzern und dessen Tochter Eurowings setzen bei Langstreck­enflügen bereits seit vielen Jahren auf ein entspreche­ndes Angebot. „Seit dem Frühjahr

2017 bietet Lufthansa auch auf ihren Deutschlan­d- und Europa-Routen W-Lan-Zugang an“, teilt eine Sprecherin mit. Ganz günstig ist der Service allerdings nicht. Zudem räumt der Luftfahrtr­iese ein, dass die Verbindung­squalität über Satellit „von diversen Umweltfakt­oren beeinfluss­t“werde. Beim Übergang zwischen den Satelliten könne die Datenübert­ragung zudem einige Minuten unterbroch­en werden.

Billigflie­ger Ryanair will das Thema auf jeden Fall im Auge behalten. „Wir werden weiterhin beobachten, wie sich das weiterentw­ickelt“, teilt das Unternehme­n mit, merkt aber gleichzeit­ig an: „Einige sind sogar froh, während ihres Fluges nicht kontaktier­t werden zu können und eine Auszeit von E-Mails und sozialen Medien zu haben.“

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Foto: dpa

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