Böller und Rauch
In Benalauría in der Serranía de Ronda wird am ersten Sonntag im August die Vergangenheit lebendig
Nur 40 Kilometer von der Küste kämpfen in Benalauría die Mauren gegen die Christen
Die einen kämpfen im August an der Costa del Sol um ein Stückchen Sandstrand, an dem sie ihr Handtuch ausbreiten können – die anderen liefern sich unter glühender Sonne im Hinterland interessantere Schlachten. Wie im Dorf Benalauría, das nur etwa 40 Kilometer von der Küste vor Casares entfernt liegt.
Es ist noch früh, aber auf dem Dorfplatz haben sich bereits gut gelaunte Menschen eingefunden, die sich ein Frühstück gönnen. Zur Tostada mit Schinken, der gekonnt von der Keule geschnitten wird, darf es an diesem Feiertag auch ein Bier oder eine Manzanilla sein. Das Ambiente wirkt skurril. Es sieht so aus, als hätten die Anwesenden die marokkanischen Läden im Umfeld von zig Kilometern geplündert. Männer tragen Djellaba und kunstvoll gedrehte Turbane, Frauen haben sich in bunte Kaftane gehüllt, sich Tücher übers Haar gestülpt und mit arabischem Geschmeide geschmückt. Auch die Kleinsten scheinen einem Historienschinken entsprungen.
Wahre Begebenheiten
In Benalauría schicken sich die Bewohner an, den Schutzpatron ihres Dorfs, Santo Domingo de Guzmán, zu ehren und eine Episode aus der Vergangenheit in Szene zu setzen: Die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Mauren und Christen, die auf wahre Begebenheiten im Jahr 1570 zurückgehen. Nur wenige Fremde haben sich zu diesem Anlass in das 450-Seelendorf verirrt und das Badevergnügen im Meer gegen einen aufregenden Tag in den Bergen der Serranía de Ronda eingetauscht. Gegen Mittag hat sich der liebevoll dekorierte Dorfplatz gefüllt, der Sound wird gecheckt, die Akteure werden aufgefordert, sich die Mikrofone anbringen zu lassen. Der Moderator bittet um Ruhe und erinnert daran, dass alle Mitwirkenden Laienschauspieler seien, die wegen der Fiesta nur wenig geschlafen hätten.
Dann wird es ernst: Dramatische Musik schallt aus den Lautsprechern, stolze Mauren in tollen Kostümen kommen auf Pferden durch die Gasse geritten, christliche Bauern mit Heugabeln rotten sich zusammen, Böller und Rauchbomben werden gezündet und hüllen das Publikum ein. Gnawa-Musiker aus Tanger sorgen für den arabischen Touch, bei den spanischen Rhythmen, die in einer anderen Szene erklingen, rollt eine Welle der Begeisterung durch die Schar der Anwesenden. Die Zuschauer sind plötzlich mittendrin im Kampfgeschehen.
Jeden Schweißtropfen wert
„Ich komme jedes Jahr“, verrät Pilar, die aus Benalauría stammt, aber an der Küste lebt, „und obwohl ich die Inszenierung seit meiner Kindheit kenne, berührt sie mich immer noch.“Und damit spricht sie vielen Anwesenden aus dem Herzen: Die Schlacht zwischen Mauren und Christen ist ein Gänsehautspektakel, das jeden Schweißtropfen wert ist. Diesen Termin sollte sich jeder für 2019 vormerken. Denn am ersten Sonntag im August macht das reizende Dorf seinem arabischen Namen „Ben Al Auría“(dt.: Die Söhne von Auría) alle Ehre.