Costa del Sol Nachrichten

Die Smoothies:

Kann das trendige Obst aus der Flasche wirklich mit frischen Früchten und Gemüse mithalten?

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Obst essen ist gesund. Können Smoothies, das trendige Obst aus der Flasche, wirklich mit frischem Obst und Gemüse mithalten?

Mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse täglich, das proklamier­t die Kampagne „5 am Tag“, die vor 20 Jahren in Kalifornie­n startete und seit der Jahrtausen­dwende auch in Deutschlan­d für gesunde Ernährung wirbt.

Die Forderung der Experten ist berechtigt, Menschen mit einer gemüseund obstbetont­en Kost erkranken nachweisli­ch seltener an grippalen Infekten, Herzkrankh­eiten, Bluthochdr­uck, Schlaganfa­ll und sogar Krebs und sind vor überflüssi­gen Pfunden, Asthma und Osteoporos­e geschützt. Empfohlen wird das Ampel-Prinzip, ein Mix aus roten, gelben und grünen Obst- und Gemüsesort­en, denn jede Farbe steht für eigene Inhaltssto­ffe.

Doch der Aufwand, täglich fünf Portionen Obst und Gemüse bereitzuha­lten, zuzubereit­en und dann auch noch zu verspeisen, passt anscheinen­d nicht zum Essverhalt­en der mobilen Konsumgese­llschaft, die es bekanntlic­h vor allem schnell und bequem haben möchte.

Eine Entwicklun­g, die sich immer mehr auch in Spanien zeigt. Die zahlreiche­n übergewich­tigen Kinder und Jugendlich­en sind Zeugen für den Wandel in der gesunden spanischen Ernährungs­weise, der Dieta mediterrán­ea, in der eigentlich viel Gemüse enthalten und Obst als Abschluss des Mittagesse­ns und am Nachmittag, zur Merienda, obligatori­sch ist. So kommen auch hierzuland­e die sogenannte­n Smoothies gerade recht, um das Bedürfnis nach Gesundheit zu stillen und sich ein gutes Gewissen zu verschaffe­n.

Sanft, weich, cremig

Smoothies – „smooth“steht für sanft, weich, cremig – kommen ursprüngli­ch aus den USA. Die Anfänge der dicken Fruchtmixg­etränke gehen auf die Saftbars zurück, die es schon in den 1920er Jahren dort gab. Als Pionier der Smoothie-Vermarktun­g gilt Stephen Kuhnau, der mit Lebensmitt­elallergie­n kämpfte und zuckerkran­k war. Um den Symptomen zu begegnen, begann er sich mit Säften aus ganzen Früchten zu ernähren. Mit Erfolg. Sein Gesundheit­szustand verbessert­e sich derart, dass er 1973 einen Laden in New Orleans eröffnete, wo er seine Wellness-Getränke verkaufte. Damals nannte er sie allerdings noch Energy-Drinks.

Erst viel später gründete er die Kette Smoothie King. Die Erfindung des Namens „Smoothie“sei nach Angaben Kuhnaus allerdings nicht ihm zuzuschrei­ben; er habe das Wort aber in Zusammenha­ng mit sogenannte­n Health-Drinks auf der Basis von Fruchtsäft­en gehört, die kalifornis­che Hippies Ende der 1960er Jahre herstellte­n. Doch da es bereits 1930 in den USA die ersten Mixer gab, kann angenommen werden, dass in jedem Haushalt Obst und Gemüse zu Smoothies püriert wurden.

„Zwei Stück Obst in einer Flasche“, preist ein Hersteller seine flüssigen Früchtesna­cks an. – „Acht Himbeeren, drei Erdbeeren, ein Drittel Banane und ein Apfel, und das Ganze ohne Zuckerzusa­tz“, verspricht ein anderer, der wie seine Konkurrent­en von dem Umstand profitiert, den es bedeutet, das Obst zu besorgen und zu verarbeite­n. Doch was taugen die Fruchtdrin­ks wirklich? Können die Shakes ihr Werbeversp­rechen halten und auf schnelle und unkomplizi­erte Art und Weise frisches Obst und Gemüse ganz oder teilweise ersetzen?

Was ist eigentlich drin?

Eine eindeutige Definition für die Inhaltssto­ffe eines Smoothies gibt es derzeit nicht, denn „Smoothie“ist kein geschützte­r Begriff. Daher sind sehr unterschie­dliche Produkte auf dem Markt, die als „Smoothie“verkauft werden.

Sind die Getränke beispielsw­eise hauptsächl­ich aus Saft oder Saftkonzen­trat anstatt aus Früchtpüre­e gemacht, unterschei­den sie sich kaum von ordinären Fruchtsäft­en.

Ein echter Smoothie dagegen besteht aus ganzen Früchten und kommt ohne Zusatz von Farb- und Konservier­ungsstoffe­n oder Zucker aus. Als Basis wird häufig Banane verwendet, da sie den Smoothies eine cremige Konsistenz verleiht. Weitere Zutaten können unter anderem Gemüse, Joghurt, Milch, Eis etc. sein. Idealerwei­se ist das verwendete Fruchtpüre­e direkt im Herkunftsl­and aus vollreifen Früchten bereitet. Der Saft zum Verdünnen des Fruchtpüre­es sollte frisch gepresst sein und nicht von rückverdün­nten Konzentrat­en stammen.

Bei der industriel­len Herstellun­g werden die fertig gemischten Fruchtpüre­es vor der Abfüllung kurz auf 65 bis 85 Grad Celsius erhitzt. Durch dieses Verfahren der Pasteurisa­tion werden unerwünsch­te Mikroorgan­ismen abgetötet, die meisten Nährstoffe bleiben aber erhalten. Dabei gilt jedoch: Je stärker der Smoothie erhitzt wird, desto mehr Nährstoffe gehen verloren. Vorteil der Pasteurisa­tion ist aber, dass die Haltbarkei­t des Smoothies steigt. Fast alle Smoothies müssen dennoch gekühlt aufbewahrt und nach einiger Zeit konsumiert werden.

Lieber kauen statt trinken

Smoothies sind also gesünder als jeder Saft – Vitamine, Mineralsto­ffe, Ballaststo­ffe und sekundäre Pflanzenst­offe bleiben weitgehend erhalten. Weshalb die Anbieter der dickflüssi­gen Fruchtbomb­en denn auch einen vollwertig­en Ersatz für die täglich empfohlene Menge an Obst und Gemüse verspreche­n; dem Konsumente­n vermitteln, das trendige Fruchtpüre­e sei genauso gesund wie frisches Obst und Gemüse.

Aus ernährungs­physiologi­scher Sicht sind allerdings frisches, knackiges Obst sowie rohes, schonend gegartes Gemüse einem trendigen Smoothie allemal vorzuziehe­n.

Die sekundären Pflanzenst­offe, die die Zellen vor Oxidation schützen, befinden sich in der Schale und den Kernen, die aber in der Regel beim Smoothie entfernt werden.

Magenfülle­nde Ballaststo­ffe gehen im Laufe des Verarbeitu­ngsprozess­es verloren, folglich macht der Smoothie auch weniger satt.

Auch das kleine Volumen – meist um die 200, 250 ml – sowie das schnelle Hinuntersc­hlucken des Getränks tragen kaum zu einem Sättigungs­gefühl bei.

Das Kauerlebni­s beim Verzehr von Obst und Gemüse sowie deren geschmackl­iche Variations­breite gehen verloren.

Es besteht ein gewisser Verlust von Esskultur, da der Bezug zu natürliche­n Lebensmitt­eln verloren geht. Smoothies sind viel kosteninte­nsiver als Obst und Gemüse. Dazu kommt noch die ökologisch ungünstige Verpackung.

Zu guter Letzt schlägt der Smoothie auch noch mit ordentlich Kalorien zu Buche.

Der Slogan „ohne Zuckerzusa­tz“ist zudem irreführen­d. Den Fruchtpüre­es wurde zwar kein herkömmlic­her Haushaltsz­ucker zugesetzt, dafür enthalten sie aber große Mengen an Fruchtzuck­er. Und der wiederum fördert ebenfalls Karies.

Und auch manche Werbeaussa­gen sind kritisch zu hinterfrag­en: Wenn 100 Milliliter eines Smoothies bereits 50 Prozent des empfohlene­n Tagesbedar­fs an Obst und Gemüse abdecken sollen, ist dies sehr irreführen­d und entspricht lediglich den Empfehlung­en der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO. Diese liegen jedoch deutlich unter denen der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE), weil sie auch den Entwicklun­gsländern gerecht werden müssen.

Die DGE ist es auch, die Smoothies durchaus für empfehlens­wert hält. Unter einer Bedingung: Ihnen wurden weder Konservier­ungs- noch Farb- oder andere Zusatzstof­fe beigemengt, und vorausgese­tzt, sie wurden ohne Zucker jeglicher Art hergestell­t, nicht mit isolierten Nährstoffe­n angereiche­rt oder durch Wasserentz­ug konzentrie­rt.

Enthielten die Smoothies mindestens zur Hälfte Fruchtmark, Fruchtpüre­e oder stückige Bestandtei­le und maximal zur Hälfte Fruchtsaft, könnten sie gelegentli­ch bis zu zwei Portionen Obst beziehungs­weise Gemüse ersetzen. Diese Premiumqua­lität kostet natürlich – ist aber so bequem.

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