Costa del Sol Nachrichten

Generation der rettenden Engel

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Hopp, jetzt macht schon, Kinder! Wir müssen in fünf Minuten los, die Ferienbetr­euung fängt gleich an, und Mama und Papa müssen zur Arbeit. Waaas?!? Jetzt nochmal aufs Töpfchen? Na gut, bevor es in die Hose geht... aber schnell! Jetzt noch fix Sonnencrem­e, Badehose und Handtuch einpacken, schließlic­h stehen für euch auch heute wieder lustige Wasserspie­le auf dem Programm.

Geschafft, wir sind da! Eine ältere Dame nimmt die Kinder an der grün gestrichen­en Türe freundlich in Empfang. Die Kids stürmen durch die Tür in den Garten und reißen sich die Kleider vom Leib. Ach ja, Joselito hat ein bisschen Durchfall, Klein-Carmen klagt über Halsschmer­zen. Wenn es schlimmer wird, genügt ein Anruf. Aber nur, wenn es wirklich gaaaanz schlimm wird, ja? Na dann, einen schönen Tag euch. Und bis heute Abend, Oma!

Sommerferi­en in Spanien – sie begeistern Kinder, erfreuen die Lehrer, bringen Eltern ins Schwitzen und Großeltern an den Rand ihrer Belastbark­eitsgrenze. Wenn Schulen – und irgendwann auch Sommerschu­len und Freizeiten – den Riegel vorschiebe­n, öffnen Omas und Opas ihren Enkeln Türen, Kühlschrän­ke, Schwimmbec­ken und Herzen. Genauso wie viele spanische Familien nur durch die Renten der Großeltern über die Runden kommen, überstehen sie den endlosen Sommer nur dank der Zeit und Aufopferun­g der älteren Generation. Die legt im Sommer ihr eigenes Soziallebe­n auf Eis, die Kaffeekrän­zchen mit Freundinne­n werden erst nach Schuljahre­sbeginn wieder aufgenomme­n. Aber wohin auch sonst mit dem Nachwuchs, wenn Schulen und Kindergärt­en zehn Wochen dicht machen, und der Jahresurla­ub nun mal ein Limit hat?

Und zugegeben, die schlechtes­te Alternativ­e der Freizeitan­gebote ist es nicht. Neben einer hervorrage­nden 1:1- oder maximal 1:2-Betreuung und hausgemach­ter Mittelmeer­kost (ja, hier gibt es sie noch), erhalten die Kids einen Intensivku­rs in Lebensweis­heiten und verbessern zudem ihre sozialen Fähigkeite­n, wenn sie die Luftmatrat­ze mit den drei Cousins teilen oder dem schwerhöri­gen Opa zum vierten Mal erklären müssen, dass das Essen auf dem Tisch steht. Für ein solches Social-Skill-Training zahlen Eltern anderswo ein Vermögen, hier ist alles gratis!

Feierabend. Die grüne Tür öffnet sich, die müde wirkende ältere Dame nimmt die Eltern nicht mehr ganz so freundlich, aber korrekt in Empfang. Joselito und KleinCarme­n sitzen – frisch geduscht – vor ihrem Nachmittag­ssnack, der Merienda. Bereit stehen Tupperscha­chteln mit den Resten der Mittelmeer­kost für die Eltern. Beschämt nehmen sie Schachteln und Kinder entgegen. Also dann, bis morgen!

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