Den Wolken nah
Höchste Pass-Straße Europas führt auf über 3.000 Meter Höhe
Einst konnte man mit dem Auto über die höchste Pass-Straße Europas von Granada auf direktem Weg bis nach Capileira in den Alpujarras fahren. Viele hielten unterwegs zum Picknick vor dem in 3.396 Metern Höhe gelegenen Pico del Veleta an. Damit ist jedoch längst Schluss: Seitdem die Sierra Nevada im Jahr 1999 zum Nationalpark erklärt wurde, ist der obere Teil der Straße für Privatfahrzeuge gesperrt. Die Umwelt hatte zu stark gelitten in der Zeit, als jedermann von Granada über die GR411 nach Capileira zum Kaffeetrinken fahren konnte. Rafael Quintero von der Berghütte Refugio de Poqeira kann sich aber noch gut an diese Jahre erinnern.
Erst als die Sierra Nevada im Jahr 1999 zum Nationalpark erklärt wurde, war Schluss damit: Jahrelang konnte man mit dem Auto über die höchste Pass-Straße Europas von Granada auf direktem Weg bis in den beliebten Touristenort Capileira in den Alpujarras fahren und unterwegs wenige Meter vor dem Gipfel des Pico del Veleta anhalten, dem mit 3.396 Höhenmetern zweithöchsten Berg des Gebirgsmassivs.
Auf der Regionalstraße GR411 fuhr man von der Provinzhauptstadt bis zu der in 2.500 Metern Höhe gelegenen Anhöhe Hoya de la Mora unweit des heutigen Wintersportorts Pradollano und von dort aus in etwa 13 Kilometer langen Serpentinen bis vor den Gipfel des Veleta. Auf etwa 3.100 Höhenmetern konnte man eine Abzweigung nehmen, von der aus sich die Straße in Form einer nicht geteerten Schotterstraße durch den in rund 3.367 Metern Höhe gelegenen Gebirgspass Puerto de la Carihuela fortsetzte. Diese führte über knapp 30 Kilometer bis Capileira, zunächst um den Veleta herum und danach am benachbarten Gipfel des Mulhacén vorbei, dem mit 3.479 Metern höchsten Berg der Sierra Nevada.
Zum Vergleich: Der zweithöchste mit dem Auto befahrbare Gebirgspass in Europa ist der Col de la Bonette in den französischen Seealpen, der sich in einer Höhe von 2.715 Metern befindet; als höchste befahrbare Gebirgsstraße gilt die Ötztaler Gletscherstraße, die auf 2.829 Metern Höhe endet und somit keine Pass-Straße ist.
„An den Wochenenden war auf der Straße meistens viel Betrieb“, erinnert sich Rafael Quintero, der gemeinsam mit Ansi Moslero seit 1996 für die unterhalb der alten Schotterstraße auf etwa 2.500 Höhenmetern befindliche Berghütte Refugio de Poqueira verantwortlich ist. „Das waren gewöhnlich Leute aus Granada, die am Veleta Pause zum Picknick machten, in Capileira Kaffee tranken und dann wieder zurück fuhren. Der Reiz für sie war, auf der höchsten PassStraße Europas zu fahren oder den hohen Gipfeln nahezukommen, ohne dass sie sich körperlich anstrengen mussten. Manche stiegen nicht einmal aus ihren Autos aus“, so der Hüttenwirt.
Heute sind fast nur noch Wanderer und Radfahrer auf den höher gelegenen Abschnitten der Bergstraße unterwegs. Im Zuge der Gründung des Nationalparks im Jahr 1999 wurden Schranken installiert, die die Weiterfahrt für Pri-
vatfahrzeuge verhindern. Diese befinden sich an der Nordseite an der erwähnten Hoya de la Mora in 2.500 Metern Höhe und an der Südseite an der rund zehn Kilometer oberhalb von Capileira gelegenen Waldlichtung Hoya del Portillo in 2.154 Metern Höhe.
Passieren dürfen diese Schranken lediglich die örtlichen Forstarbeiter, die Arbeiter der Skilift-Stationen sowie Wissenschaftler zu Forschungszwecken mit einer entsprechenden Genehmigung der Nationalpark-Verwaltung. Eine weitere Ausnahme gilt für die Kleinbusse der andalusischen Landesregierung, mit denen sich Ausflügler vom Parkplatz der Hoya de la Mora bis auf eine Höhe von 3.100 Metern und von Capileira aus zu dem in 2.740 Metern gelegenen Mirador de Trevélez fahren lassen können (siehe Seite 22). Der Aussichtspunkt ist außerdem auch unter dem Namen Alto del Chorillo bekannt.
Nicht mehr gewartet
Von der Schotterpiste ist der obere Teil ohnehin seit Jahren nicht mehr mit dem Auto passierbar. An etlichen Stellen liegen große Felsbrocken mitten auf der Straße, teilweise sind auch Steine quer über den Weg gelegt worden. Und von der Serpentinenstraße an der Nordseite ist auf den letzten Kilometern vor dem Gipfel des Veleta sogar der Asphalt abgetragen worden.
Die Nationalpark-Verwaltung wollte, dass sich die Natur wieder regenerieren konnte, indem sie den oberen Teil der Straße ihrem Schicksal überließ. Denn in den Jahren, als die Pass-Straße für Privatfahrzeuge geöffnet war, wurde mit der Umwelt nicht gerade zimperlich umgegangen. Die Ausflügler erzeugten mit ihren Autos nicht nur Abgase und Lärm, sondern ließen auch noch ihren Müll am Straßenrand und am Gipfel des Veleta zurück. „Damals gab es noch nicht das Umweltbewusstsein, das es heute gibt“, sagt Rafael Quintero vom Refugio de Poqueira. „In der Laguna de la Caldera (kleiner Gebirgssee auf 3.026 Metern Höhe an der Südseite Anm. d. Red.) haben die Leute sogar mit Putzmitteln ihre Autos gewaschen.“
Weg ins neue Skigebiet
Verantwortlich für den Bau der Straße war der 1880 in Madrid geborene Ingenieur Juan José Santa Cruz, der auch das berühmte Hotel Alhambra Palace und die im Jahr 1974 stillgelegte Straßenbahn der Sierra Nevada hatte bauen lassen. Diese führte vom Zentrum von Granada über rund 18 Kilometer bis hinter Güéjar Sierra unterhalb des heutigen Touristeninformationszentrums El Dornajo an der Straße zur Skistation.