Costa del Sol Nachrichten

Den Wolken nah

Höchste Pass-Straße Europas führt auf über 3.000 Meter Höhe

- Nicolas Hock Granada

Einst konnte man mit dem Auto über die höchste Pass-Straße Europas von Granada auf direktem Weg bis nach Capileira in den Alpujarras fahren. Viele hielten unterwegs zum Picknick vor dem in 3.396 Metern Höhe gelegenen Pico del Veleta an. Damit ist jedoch längst Schluss: Seitdem die Sierra Nevada im Jahr 1999 zum Nationalpa­rk erklärt wurde, ist der obere Teil der Straße für Privatfahr­zeuge gesperrt. Die Umwelt hatte zu stark gelitten in der Zeit, als jedermann von Granada über die GR411 nach Capileira zum Kaffeetrin­ken fahren konnte. Rafael Quintero von der Berghütte Refugio de Poqeira kann sich aber noch gut an diese Jahre erinnern.

Erst als die Sierra Nevada im Jahr 1999 zum Nationalpa­rk erklärt wurde, war Schluss damit: Jahrelang konnte man mit dem Auto über die höchste Pass-Straße Europas von Granada auf direktem Weg bis in den beliebten Touristeno­rt Capileira in den Alpujarras fahren und unterwegs wenige Meter vor dem Gipfel des Pico del Veleta anhalten, dem mit 3.396 Höhenmeter­n zweithöchs­ten Berg des Gebirgsmas­sivs.

Auf der Regionalst­raße GR411 fuhr man von der Provinzhau­ptstadt bis zu der in 2.500 Metern Höhe gelegenen Anhöhe Hoya de la Mora unweit des heutigen Winterspor­torts Pradollano und von dort aus in etwa 13 Kilometer langen Serpentine­n bis vor den Gipfel des Veleta. Auf etwa 3.100 Höhenmeter­n konnte man eine Abzweigung nehmen, von der aus sich die Straße in Form einer nicht geteerten Schotterst­raße durch den in rund 3.367 Metern Höhe gelegenen Gebirgspas­s Puerto de la Carihuela fortsetzte. Diese führte über knapp 30 Kilometer bis Capileira, zunächst um den Veleta herum und danach am benachbart­en Gipfel des Mulhacén vorbei, dem mit 3.479 Metern höchsten Berg der Sierra Nevada.

Zum Vergleich: Der zweithöchs­te mit dem Auto befahrbare Gebirgspas­s in Europa ist der Col de la Bonette in den französisc­hen Seealpen, der sich in einer Höhe von 2.715 Metern befindet; als höchste befahrbare Gebirgsstr­aße gilt die Ötztaler Gletschers­traße, die auf 2.829 Metern Höhe endet und somit keine Pass-Straße ist.

„An den Wochenende­n war auf der Straße meistens viel Betrieb“, erinnert sich Rafael Quintero, der gemeinsam mit Ansi Moslero seit 1996 für die unterhalb der alten Schotterst­raße auf etwa 2.500 Höhenmeter­n befindlich­e Berghütte Refugio de Poqueira verantwort­lich ist. „Das waren gewöhnlich Leute aus Granada, die am Veleta Pause zum Picknick machten, in Capileira Kaffee tranken und dann wieder zurück fuhren. Der Reiz für sie war, auf der höchsten PassStraße Europas zu fahren oder den hohen Gipfeln nahezukomm­en, ohne dass sie sich körperlich anstrengen mussten. Manche stiegen nicht einmal aus ihren Autos aus“, so der Hüttenwirt.

Heute sind fast nur noch Wanderer und Radfahrer auf den höher gelegenen Abschnitte­n der Bergstraße unterwegs. Im Zuge der Gründung des Nationalpa­rks im Jahr 1999 wurden Schranken installier­t, die die Weiterfahr­t für Pri-

vatfahrzeu­ge verhindern. Diese befinden sich an der Nordseite an der erwähnten Hoya de la Mora in 2.500 Metern Höhe und an der Südseite an der rund zehn Kilometer oberhalb von Capileira gelegenen Waldlichtu­ng Hoya del Portillo in 2.154 Metern Höhe.

Passieren dürfen diese Schranken lediglich die örtlichen Forstarbei­ter, die Arbeiter der Skilift-Stationen sowie Wissenscha­ftler zu Forschungs­zwecken mit einer entspreche­nden Genehmigun­g der Nationalpa­rk-Verwaltung. Eine weitere Ausnahme gilt für die Kleinbusse der andalusisc­hen Landesregi­erung, mit denen sich Ausflügler vom Parkplatz der Hoya de la Mora bis auf eine Höhe von 3.100 Metern und von Capileira aus zu dem in 2.740 Metern gelegenen Mirador de Trevélez fahren lassen können (siehe Seite 22). Der Aussichtsp­unkt ist außerdem auch unter dem Namen Alto del Chorillo bekannt.

Nicht mehr gewartet

Von der Schotterpi­ste ist der obere Teil ohnehin seit Jahren nicht mehr mit dem Auto passierbar. An etlichen Stellen liegen große Felsbrocke­n mitten auf der Straße, teilweise sind auch Steine quer über den Weg gelegt worden. Und von der Serpentine­nstraße an der Nordseite ist auf den letzten Kilometern vor dem Gipfel des Veleta sogar der Asphalt abgetragen worden.

Die Nationalpa­rk-Verwaltung wollte, dass sich die Natur wieder regenerier­en konnte, indem sie den oberen Teil der Straße ihrem Schicksal überließ. Denn in den Jahren, als die Pass-Straße für Privatfahr­zeuge geöffnet war, wurde mit der Umwelt nicht gerade zimperlich umgegangen. Die Ausflügler erzeugten mit ihren Autos nicht nur Abgase und Lärm, sondern ließen auch noch ihren Müll am Straßenran­d und am Gipfel des Veleta zurück. „Damals gab es noch nicht das Umweltbewu­sstsein, das es heute gibt“, sagt Rafael Quintero vom Refugio de Poqueira. „In der Laguna de la Caldera (kleiner Gebirgssee auf 3.026 Metern Höhe an der Südseite Anm. d. Red.) haben die Leute sogar mit Putzmittel­n ihre Autos gewaschen.“

Weg ins neue Skigebiet

Verantwort­lich für den Bau der Straße war der 1880 in Madrid geborene Ingenieur Juan José Santa Cruz, der auch das berühmte Hotel Alhambra Palace und die im Jahr 1974 stillgeleg­te Straßenbah­n der Sierra Nevada hatte bauen lassen. Diese führte vom Zentrum von Granada über rund 18 Kilometer bis hinter Güéjar Sierra unterhalb des heutigen Touristeni­nformation­szentrums El Dornajo an der Straße zur Skistation.

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Foto: Nicolas Hock Heute sind fast nur noch Radfahrer und Wanderer auf der alten Serpentine­nstraße unterwegs. Bis vor knapp 20 Jahren fuhren an den Wochenende­n die Ausflügler mit dem Auto bis vor den Gipfel des Veleta und dann weiter bis nach Capileira.
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Fotos: N. Hock (8), privat (1). Karte: CSN (Quelle: Open Street Maps) Heute sind fast nur noch Radfahrer und Wanderer auf der alten Serpentine­nstraße unterwegs.
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Rafael Quintero und Ansi Moslero haben als Hüttenwirt­e des Refugio de Poqueira die letzten Jahre noch miterlebt, in denen die Pass-Straße für Privatfahr­zeuge befahrbar war.
 ??  ?? Am Parkplatz der Hoya de la Mora auf 2.500 Metern Höhe steht eine Schranke, die Privatfahr­zeuge nicht passieren dürfen.
Am Parkplatz der Hoya de la Mora auf 2.500 Metern Höhe steht eine Schranke, die Privatfahr­zeuge nicht passieren dürfen.
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In langen Serpentine­n führt die Straße nach oben (l.). Auf dem letzten Stück vor dem Gipfel fehlt mittlerwei­le der Asphalt (r.).
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Die alte Schotterpi­ste ist in den vergangene­n Jahren ihrem Schicksal überlassen worden (l). In dem auf die Größe eines Tümpels geschrumpf­ten Gebirgssee Laguna de la Caldera (r.) wurde zu Zeiten der Öffnung der Straße einmal eine Segelregat­ta veranstalt­et.
 ??  ?? An der Südseite verläuft die Straße am Mulhacén (l.) vorbei. Schilder zeigen Routen für Moutainbik­er und Wanderer (r.).
An der Südseite verläuft die Straße am Mulhacén (l.) vorbei. Schilder zeigen Routen für Moutainbik­er und Wanderer (r.).
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