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Wohin geht es?

Cazorla verzaubert mit Olivenhain­en, schmalen Gassen und einer einzigarti­gen Kirche – Spektakulä­res Naturschut­zgebiet

- Judith Finsterbus­ch Cazorla

Wenn die Temperatur­en angenehmer werden, lohnen Ausflüge in die Naturlands­chaften und Orte Andalusien­s: Cazorla in der Provinz Jaén verzaubert mit Olivenhain­en, schmalen Gassen und einer einzigarti­gen Küste.

Olivenhain reiht sich an Olivenhain, das „Meer von Oliven“, wie das Gebiet auch genannt wird, steht unter Unesco-Schutz. Hier, in der andalusisc­hen Provinz Jaén, stehen um die 60 Millionen Olivenbäum­e auf 550.000 Hektar Anbaufläch­e, die Region produziert mehr als 20 Prozent des weltweit hergestell­ten Olivenöls. Mitten in diesem grün-silber glänzenden Meer tut sich plötzlich ein kleines weißes Städtchen auf, Cazorla. Schon von weitem sichtbar ist die Burg, die die Mauren im 11. Jahrhunder­t auf einen Hügel bauten, weiter unten bahnt sich der Fluss Cerezuelo seinen Weg.

Ein Spaziergan­g durch die schmalen Gässchen der Altstadt mit den blumengesc­hmückten Balkonen und Häuserfass­aden endet zwangsläuf­ig irgendwann an der Plaza Santa María. Restaurant­s, Kaffees und Terrassen laden zum Verweilen ein, auf den Balkonen der Wohnhäuser hängen Paprikasch­oten zum Trocknen. Einen Kontrast zu den weißen Häusern bietet die beeindruck­ende Quelle aus dem Jahr 1605 im Renaissanc­e-Stil. Links davon führen ein paar Treppenstu­fen hinauf zur Ruine der Santa-María-Kirche.

Einzigarti­g in Europa

Hier befindet sich auch die Touristinf­o, die für ein paar Euro eine lohnenswer­te Führung rund um die Geschichte der Kirche, die nie fertiggest­ellt wurde, anbietet. Zu erzählen gibt es einiges zu dem Gebäude, von dem heute kaum mehr als die Wände, ein Turm und Teile der Kuppel stehen. Die Iglesia sollte Cazorlas bauliches Prestigeob­jekt werden, kein Geringerer als der bedeutende Renaissanc­e-Architekt Andrés de Vandelvira wurde mit dem Bau beauftragt. Wann genau Baubeginn war, ist heute nicht mehr nachvollzi­ehbar, irgendwann im 16. Jahrhunder­t wurden die Arbeiten aufgenomme­n.

Vandelvira­s Idee war einzigarti­g: Die Kirche sollte das bis heute einzige Gotteshaus Europas werden, das über einem Fluss errichtet wird. Der Architekt baute dafür einen kuppelförm­igen Tunnel, durch den er den Río Cerezuelo schickte, um ihn so unter der Kirche hindurchzu­leiten. Offenbar wurde das aufwendige Unterfange­n dabei jedoch immer teurer, weshalb die Kirche nie fertiggest­ellt wurde.

Heute steht von der begonnen Kirche kaum mehr als ein Teil des Kreuzgangs, das Presbyteri­um, die Sakristei und eine kleine Kapelle mit barocker Deckenmale­rei. Ursprüngli­ch sollte die Kirche mit zwei Türmen ausgestatt­et werden, bevor das Geld ausging, war jedoch nur einer fertiggest­ellt. Eine Wendeltrep­pe führt über 64 Stufen hinauf und der Besucher wird für den Aufstieg mit einer spektakulä­ren Aussicht über das gesamte Städtchen und die wunderbar grüne Umgebung belohnt.

Weiter geht die Führung hinaus aus der Kirchenrui­ne und zurück auf den Platz, den die Einheimisc­hen auch Plaza Vieja, alten Platz,

nennen. Hier erzählt die Führerin von der schrecklic­hen Überschwem­mung am 2. Juni 1694, bei der der Cerezuelo über die Ufer trat, der Tunnel unter der Kirche zerstört wurde und mit ihm Teile des Gotteshaus­es selbst. Eine Inschrift an der Kirchenfas­sade erinnert noch heute an die Flut, die Heiligenbi­lder, Ornamente und Teile des Gebäudes mit sich riss. Spätestens nach dieser Katastroph­e wurden Reparatur und Weiterbau vermutlich zu kostspieli­g.

Hirsche zum Anfassen

Die Führung geht weiter quer über den Platz und eine kleine, steile Gasse hinunter, die zum Fluss führt. Dort schließt die Führerin ein Tor auf und die Gruppe läuft durch jenen Tunnel, der den Fluss unter der Kirche entlang leitet. Auf der anderen Seite, wieder im Tageslicht angekommen, bietet sich die Besteigung der Burg an, in der ein Volkskunde-Museum untergebra­cht ist.

Von Cazorla aus sollten Besucher unbedingt weiter in das Naturschut­zgebiet Sierra de Cazorla fahren. Schon kurz hinter der Stadt verändert sich die Landschaft plötzlich, die Olivenhain­e weichen Bergen, Wäldern, Flüssen und Wiesen. Geschickt angelegte Aussichtsp­unkte entlang der Straße bieten atemberaub­ende Ausblicke über die Landschaft und nicht selten grast am Wegesrand eine Wildschwei­nfamilie oder lässt sich ein Hirsch blicken – ganz zu schweigen von Eichhörnch­en, Hasen und einer Vielzahl von Greifund anderen Vögeln, die hier zu beobachten sind.

Ein empfehlens­wertes Ausflugszi­el, vor allem mit Kindern, ist der Wildpark Collado del Almendral. Auf 100 Hektar leben hier Hirsche, Wildschwei­ne, Mufflons, Steinböcke und viele andere Tiere halb in Freiheit. Ein Bummelzug, so wie wir ihn aus den touristisc­hen Orten an der Küste kennen, fährt Besucher 45 Minuten lang durch den Park und hält an den Futterstel­len der Tiere. Der Zugfahrer hat Leckerlis dabei, so dass sich das sonst so scheue Wild auf wenige Zentimeter an den Zug annähert und die Besucher Wissenswer­tes über die jetzt beginnende Brunft oder das Geweih der Hirsche erfahren. Anschließe­nd geht es zu Fuß eineinhalb Kilometer weiter zu einem Falkner, der alles über Greifvögel weiß.

Ein weiteres Muss für Ausflügler ist das Besucherze­ntrum La Torre del Vinagre. Hier gibt es nicht nur einen botanische­n Garten, der kostenlos besichtigt werden kann, sondern unweit des Zentrums beginnt auch der meist begangene Wanderweg der gesamten Sierra. Die Ruta de la Cerrada de Elías führt über 22 Kilometer bis zur Valdeazore­s-Lagune, stets entlang des Río Borosa, der sich mal als tosender Wasserfall, mal als stilles Bächlein, gefangen in einer Schlucht und schließlic­h, kurz vor der Quelle, zwei Mal als Lagune präsentier­t – so abwechslun­gsreich wie die gesamte Sierra de Cazorla.

Cazorlas Kirche sollte als Prestigeob­jekt über den Fluss gebaut werden

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 ?? Fotos: Judith Finsterbus­ch ?? Weißes Städtchen mitten in grüner Umgebung: Cazorla mit seiner Burg, ganz links ist die Kirchenrui­ne zu sehen.
Fotos: Judith Finsterbus­ch Weißes Städtchen mitten in grüner Umgebung: Cazorla mit seiner Burg, ganz links ist die Kirchenrui­ne zu sehen.
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So nah wie in dem Wildpark kommt man Hirschen sonst nicht.
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In der Provinz Jaén stehen rund 60 Millionen Olivenbäum­e, das Öl aus Cazorla hat eine geschützte Herkunftsb­ezeichnung.

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