Reise durchs Unterbewusstsein:
Scharlatanerie oder Heilmethode? – Beim Thema Hypnose scheiden sich die Geister – Allgemeinmedizinerin im CSN-Gespräch
Dr. Christina Holz beschäftigt sich in Marbella mit der Hypnose, die in vielen Lebenssituationen helfen kann
Sphärische Klänge erfüllen den Raum, es riecht nach Räucherstäbchen. Sarah Knauf* hat heute ihre erste Sitzung bei einem Hypnotiseur, der namentlich nicht genannt werden möchte. Vorab hat er ihr Informationsblätter geschickt, die sie darüber aufklären, dass sie vor dem Hypnose-Termin keinen Kaffee trinken und aufschreiben soll, welche Ziele sie mit der Hypnose erreichen möchte. Knauf möchte innere Unruhe und Schlafstörungen behandeln lassen.
Der Hypnose-Experte hat sie auch gebeten, Vorerkrankungen, frühere Behandlungen und Medikamente, die sei einnimmt, anzugeben. Sie sollte auch darüber informieren, ob sie bereits anderweitig behandelt wird. In einem weiteren Abschnitt wird Knauf geraten, während der Hypnose den Anweisungen ihres Behandlers zu folgen, auf seine Stimme zu hören und seinen
* Name v. d. Redaktion geändert Worten geistig zu folgen. Keinesfalls sollte sie seine Worte ablehnen. Sie könne ihm aber mitteilen, wenn sie etwas als unangenehm empfinde. Wichtig sei es, einen inneren Beobachterposten einzunehmen. Auf ihre innere Welt soll sie sich konzentrieren.
Beim Hypnotiseur legt sich Knauf aufs Sofa und deckt sich zu. Mit geschlossenen Augen hört sie den Worten des Hypnose-Meisters zu. Nach etwa zwei Minuten atmet sie ruhig, der Trancezustand ist erreicht.
Schon immer hat Hypnose auf Menschen einen enormen Reiz ausgeübt. Heutzutage wird der tiefenentspannte Zustand auch in der Medizin genutzt. So kann mittels Hypnose etwa die Angst beim Zahnarzt gemindert werden. Sie hilft Schwangeren, sich bei der Geburt zu entspannen, und sogar Schlaganfallpatienten können mit Hypnose behandelt werden.
Auch das Hypnosecoaching ist seit einigen Jahren angesagt. Dabei werden Menschen behandelt, die sich beruflich oder privat in einer bestimmten Fähigkeit verbessern möchten. Darunter sind Personen, die mit dem Stress im Job besser fertigwerden, abnehmen oder sich das Rauchen abgewöhnen möchten.
Stark in Verruf geraten ist allerdings die Showhypnose. Um das Publikum zu unterhalten, werden hypnotische Phänomene auf der Bühne vorgeführt. So führen Showhypnotiseure Personen vor, lassen sie bellen, Kauderwelsch reden oder Zitronen genüsslich essen.
Das Hauptinstrument eines Hypnotiseurs ist die Suggestion. Eine klassische Ausbildung gibt es bis heute noch nicht. Jeder kann den Beruf ausüben und sich Hypnosetechniken aneignen. Es handelt sich um einen Beruf, der nicht geschützt ist. Im Rahmen der Ausbildung wird die Beobachtungsgabe geschult und die unterschiedlichen Methoden der Hypnose vermittelt. Außerdem werden die Grundlagen vermittelt, die Aufschluss darüber geben, wie wir denken und fühlen. Ein Themenkomplex bildet die Frage, was während der Hypnose passiert und welche Risiken es gibt.
Handelt es sich hier um Scharlatanerie oder eine wirksame Behandlungsform? Die Allgemeinmedizinerin Dr. Carla Alonso vom Ärztezentrum Centro Médico Torrox-Costa sagt, dass sie die klinische Hypnose zwar selbst nicht praktiziere, aber meint, dass diese Behandlungsform positive Wirkungen beim Patienten zeigen kann. „In der öffentlichen Meinung überwiegen noch immer die negativen Resultate der Hypnose“, meint Dr. Alonso. „Gut wäre es, wenn Ärzte die Hypnose öfter anwenden würden, um prüfen zu können, wie effektiv sie ist.“
In ihren Augen sollten nur ausgebildete Fachleute hypnotisieren, da sich der Patient in einem tiefen Bewusstseinszustand befindet und sehr empfänglich für das Gesagte ist. „Es gibt ja auch vermeintliche Hypnose-Spezialisten, die nicht neutral und objektiv auf den Hypnotisierten einwirken, sondern versuchen, diesen zu manipulieren“, so Dr. Alonso. Zurückliegende Traumata, die Angst vor weiten Plätzen (Agoraphobie) oder die Angst, aus dem Haus zu gehen, also sämtliche Defizite, die das aktuelle Leben beeinträchtigen, könnten Dr. Alonso zufolge mit der Behandlungsform Hypnose geheilt werden.
Nach zehn Minuten erwacht Knauf aus der Trance. Benommen sitzt sie auf dem Sofa. Nun darf sie drei Tage lang nicht über ihr Erlebtes sprechen, da ihr Gehirn die Effekte der Hypnose verarbeiten muss. Eine Woche später ruft der Hypnose-Behandler bei ihr an und fragt sie, ob sie denn nun besser schlafe. Sie gibt zu, in der ersten Nacht nach der Hypnose tief und fest geschlafen und intensiv geträumt zu haben. In den darauffolgenden Tagen sei die innere Unruhe zurückgekehrt, wenn auch in abgeschwächter Form. Nun hat sie bald ihren zweiten Termin.
Showhypnotiseure lassen Personen Kauderwelsch reden oder Zitronen genüsslich essen