Costa del Sol Nachrichten

Eine tragische Woche

Nach mehreren tödlichen Fällen Häuslicher Gewalt soll Gefahrener­kennung verstärkt werden

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Madrid – ck. Bis zum 30. September sind in diesem Jahr 38 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Ehemännern ermordet worden. Allein in der vergangene­n Woche fielen Frauen in Asturien, in Madrid sowie in Castellón neben der Mutter auch noch zwei kleine Kinder der Häuslichen Gewalt zum Opfer.

Seit 2003 sind 962 Frauen und 27 Kinder von ihren Vätern oder den Lebenspart­nern der Mütter ermordet worden, schreibt die Zeitung „El País“. Die meisten Frauen hatten keine Anzeige erstattet. Nur neun der 38 Todesopfer 2018 hatten ihren Peiniger vorher angezeigt. Aber selbst, wenn Anzeigen vorliegen, versagt oft der Schutz.

Deshalb richtet sich die Aufmerksam­keit derzeit auf die Einschätzu­ng der Polizei, ob das Leben einer Person gefährdet ist. Das Innenminis­terium will die Kriterien für die Auswertung der Protokolle zur Erkennung von Gefahr ändern, denn nicht immer liegt vor dem Mord eine Zunahme von Gewalt vor. Die Auslöser sind in vielen Fällen komplizier­t. In nur einem Monat sollen die neuen Kriterien angewendet werden. Die Polizisten erhalten Schulungsk­urse. Das sind gute Absichten.

Seit Juli 2007 sind jährlich über eine halbe Million Frauen im Rahmen des Systems zur Sicherheit bei Häuslicher Gewalt (VioGen) von der Polizei betreut worden. Die dabei angefertig­ten Protokolle werden nach 69 Gesichtspu­nkten ausgewerte­t, eine komplexe Angelegenh­eit, die Zeit kostet. Anschließe­nd bewertet ein Gericht, ob der Forderung der misshandel­ten Frau nach Schutz nachzukomm­en sei. Die in Spanien sprichwört­liche Überlastun­g der Justiz führt zu neuen Verzögerun­gen.

Im Fall der vergangene­n Dienstag von ihrem Ehemann in Bilbao ermordeten Frau hat sich der Präsident des baskischen Oberlandes­gerichts, Juan Luis Ibarra, öffentlich entschuldi­gt. Die zuständige Richterin hatte die Bitte des Opfers nach Schutz abgelehnt, weil ihr keine offizielle Risikoeins­chätzung vorlag. Diese muss umgehend angefertig­t werden, aber Personalen­gpässe und Arbeitsübe­rlastung lassen das oft nicht zu, wie landesweit bemängelt wird. Vier Monate für einen Bericht seien einfach zu lange, so der Tenor verschiede­ner für Fälle von Häuslicher Gewalt zuständige­r Beamten.

Bisweilen sind es auch die unterschie­dlichen Arbeitszei­ten von Abteilunge­n ohne Wochenend-, Nacht- oder Notdienst, die einen sofortigen Einsatz erschweren. Zudem gibt es starke regionale Unterschie­de. Auf den Balearen wurden 2017 nur vier Risikoberi­chte ausgestell­t, in Murcia 124.

Ein Bericht des Innenminis­teriums, auf den sich die Zeitung „El Mundo“bezieht, spricht von jährlich 600.000 Misshandlu­ngen und 140.000 Anzeigen. Das hieße, das jede vierte Frau sich wehrt und Hilfe sucht. Das heißt aber auch, dass drei von vier Frauen ihren Peiniger gar nicht anzeigen.

Auch die in Spanien sprichwört­liche Überlastun­g der Justiz führt zu Verzögerun­gen

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Foto: Rathaus Demo im Februar in Las Torres de Cotillas (Murcia) für eine vom Ex verletzte Frau.

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