Wohin geht es?
Spaziergang in über 100 Metern Höhe: Der Caminito del Rey nahe Álora und Ardales lockt mit einer grandiosen Naturkulisse
Der an die Felswände einer Schlucht gebaute Caminito del Rey in der Nähe von Ardales lockt mit einer grandiosen Naturkulisse. Doch der Spaziergang in 100 Metern ist nichts für Angsthasen.
Nebelschwaden ruhen auf Olivenbäumen. Hinter der Bergkuppe zeigt sich ein zarter Sonnenkranz. Drei Kilometer vor Álora sind bereits die ersten Vögel zu hören. Es duftet nach Pinien und frisch aufgebrochener Erde. Vor dem Hotel La Garganta nahe der Bahnstation El Chorro weht ein frischer Wind.
Die Wanderer ziehen sich ihre Kapuzenpullis über und warten auf den Fahrer, der sie zum Ausgangspunkt ihrer Wanderung bringen soll. Knappe 15 Minuten geht es vom Treffpunkt zur Sammelstelle am Restaurant El Kiosco. Dort wartet bereits Amy, die sie auf den legendären Caminito del Rey führen soll. Die knallroten Helme werden justiert, um die Wandererköpfe vor Steinschlag zu schützen. Schnell noch Wasserflaschen und Schokoriegel eingesteckt und schon setzt sich der Trupp in Bewegung, um sogleich durch einen recht düsteren Tunnel zu laufen. Schon blitzen die Taschenlampen der Smartphones auf. Vom Treffpunkt bis zum nördlichen Zugang des Caminito del Rey sind es 2,7 Kilometer. Am Tunnelende eröffnet sich ein Panoramablick auf ein bewaldetes Tal mit schroffen Felsen. Zweimal täglich führt die Britin Amy Touristen über den einst als gefährlichsten Wanderweg der Welt eingestuften Klettersteig.
Nutzung des Winterregens
Für die Arbeiter, die das Werk der Sociedad Hidroeléctrica del Chorro Anfang des 20. Jahrhunderts warteten, war der Gang auf dem Klettersteig weniger eine Mutprobe als vielmehr ihr täglicher Broterwerb. Der Ingenieur Rafael Benjumea y Burín (1876 bis 1952) hatte ein Projekt zur Nutzung des Potenzials des Winterregens und der Wasserkraft mittels Talsperren, Rohrleitungen und Wasserkraftwerke entworfen. In diesem Entwurf tauchte auch ein Kanal auf, in den ein Teil des Wassers des Flusses Guadalhorce durch eine Schlucht, die Garganta del Chorro, abgeleitet wird und der zwei Talsperren der oben genannten Sociedad (dt.: Gesellschaft), und zwar den Salto de Gaitanejo und den Salto del Chorro, miteinander verbindet. Der an den Felswänden entlangführende Caminito wurde gebaut, um in dem extrem unwegsamen Gelände entlang der unter dem Namen Desfiladero de los Gaitanes (Hohlweg der Bartgeier) bekannten Kluft, Baumaterial zu transportieren und die Anlage instand halten zu können. Gelbe, weiße und rote Helme sitzen auf den Touristenköpfen. Manch einer hat Tränen in den Augen, und nicht etwa, weil ihn die Höhenangst peinigt, sondern ihn die Haarnetze unter dem Helm zum Lachen reizen. Die Gruppen verschiedener Touranbieter schieben sich im Fünf-Minuten-Takt durch das Eingangstor. Das Abenteuer beginnt. Der Reiseführer für Individualreisende, Lonely Planet, hat den Caminito del Rey 2015 zur Top-Sehenswürdigkeit gekürt.
Als der Weg nach den Ideen des Ingenieurs Benjumea y Burín fertiggestellt war, stolzierte am 21. Mai 1921 König Alfonso XIII. über die Brücke, die über die Garganta del Chorro (Ausgang der Schlucht) führt und gab dem Weg seinen Namen.
Als Schulweg genutzt
In Anerkennung seiner einzigarten Leistung wurde Benjumea y Burín zum Conde de Guadalhorce (dt.: Grafen von Guadalhorce) geadelt. Und auch der neue Staudamm wurde ihm zu Ehren Conde de Guadalhorce genannt. Für die Bewohner der Nachbardörfer war dieser Weg praktisch. So nutzten ihn Kinder als Schulweg und Frauen, um ihre Einkäufe zu transportieren. Die Britin Betty Jones hat eigentlich eine enorme Höhenangst, aber seitdem der Klettersteig
Der Reiseführer Lonely Planet kürte den Caminito del Rey 2015 zur Top-Sehenswürdigkeit