Im Auge des Betrachters
Kaum ein Besucher, der nicht staunend stehen bleibt: Den einen mag das Gebäude in Valencia an einen riesigen Wal erinnern, dessen kolossaler Rücken aus einem 24.000 Quadratmeter großen Wasserbecken herausragt, andere sehen in ihm ein Oval inmitten einer spektakulären Wasserlandschaft. Entworfen wurde es von Stararchitekt Santiago Calatrava, der es Hemisfèric, Halbkugel, nannte, und der damit ein großes menschliches Auge konzipierte: Das Auge der Weisheit, das als Symbol für die audiovisuellen Erfahrungen der Kinobesucher steht und damit für eine neue Sichtweise auf die Welt.
Eröffnet wurde das futuristische Bauwerk 1998 als erstes von fünf Gebäuden der „Ciudad de las Artes y las Ciencias“(Stadt der Künste und Wissenschaften) im trockengelegten Flussbett des Río Turia. Unter seinem 100 Meter langen ovalen Dach beherbergt es den größten Kinosaal Spaniens und ein Planetarium. In den 20 Jahren seines Bestehens zählte es fast neun Millionen Kinobesucher, die sich mehr als 75 Filme (40.000 Sendestunden) ansahen. 2017 wurden im Hemisfèric 350.000 Eintrittskarten verkauft – 7,5 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.
Zuschauer können zwischen den Sprachen Spanisch, Valenciano, Englisch, Französisch und zuweilen Italienisch wählen. Seit dem vergangenen Jahr erhalten Kinogäste mit Erwerb der Eintrittskarte nicht nur eine 3D-Brille, sondern vor Beginn der Filmprojektion im Rahmen einer Lichter-Show auch spektakuläre Einblicke in das Herz des Hemisfèric. Wie mit einer Art Radiographie werden dem Beobachter die Struktur der Kinoleinwand und das Innenleben der Lautsprecher offengelegt.
Die Kuppel des Imax-Kinos lässt sich wie ein Augenlid öffnen und schließen. Dies ist durch ein hydraulisches System möglich, durch das sich das aus Stahl und Glas konzipierte Schiebedach bewegen lässt. Vor allem bei Nacht wird die Besonderheit dieses Bauwerks deutlich.
Hollywoodstreifen wird man im Kinoprogramm des Hemisfèric allerdings vergeblich suchen. Gezeigt werden überwiegend Dokumentationen mit den Inhalten Wissenschaft, Natur, Kenntnisse des Kosmos und neue Technologien, die allerdings auch für Kinder geeignet sein sollen.
In den Sommermonaten setzt man nach Auskunft des Veranstalters aber auch gerne mal auf leichtere Themen. So ist derzeit unter anderem der Film „Ritmos de América“(Amerikanische Rhythmen) im Programm – eine Geschichte über Kultur, Kreativität und Musik, die Amerika prägten. Oder Robinson Crusoe als Zeichentrickfilm in 3D, der vor allem Kinder anspricht.
Die Zuschauer liegen entspannt in bequemen Sesseln und schauen auf eine 900 Quadratmeter große Leinwand. Der Blick durch die
Das größte Kino Spaniens Hemisfèric in Valencias Stadt der Künste und Wissenschaften blickt auf 20-jähriges Bestehen zurück Einblicke in das Herz des größten Kinosaals Spaniens
3D-Brille vermittelt den Eindruck, dass man in einem US-Nationalpark steht, sich durch das Dickicht eines Dschungels schlägt, oder einem Dinosaurier gegenübersteht. Das Lichtspielhaus bietet Kinovergnügen der Spitzenklasse. 2010 wurde die Projektanlage komplett erneuert und mit modernster digitaler Technologie ausgestattet.
Außerdem sehenswert...
Doch nicht nur das Hemisfèric lohnt einen Besuch. Auch die anderen Gebäude, die zusammen die Ciudad de las Artes y las Ciencias bilden und die mit Ausnahme des Meeresaquariums Oceonogràfic ebenfalls von Stararchitekt Calatrava entworfen wurden, ziehen die Besucher in ihren Bann. Zwei Jahre nach dem Lichtspielhaus wurde das Wissenschaftsmuseum Museo de las Ciencias Príncipe Felipe eröffnet, in dem Anfassen erlaubt ist. 2001 folgte das Parkhaus L’Umbracle, auf dessen Dach eine Allee mit Gartenanlage geschaffen wurde, von der man das ganze Arenal überblicken kann.
Zwei Jahre später öffnete das größte Aquarium Europas, das Oceanogràfic, das nach den Plänen des mexikanischen Architekten Felix Candela gebaut wurde. 2005 folgte die Konzerthalle Palau de les Artes Reina Sofía. Konzertliebhaber loben das Opernhaus nicht nur wegen seiner ausgezeichneten Akustik. Das jüngste Gebäude des Komplexes ist die Multifunktionshalle Ágora. Finanzielle Probleme haben dazu geführt, dass das Gebäude nie ganz fertig gestellt wurde und Mängel aufweist, die Calatrava nicht beseitigt hat. Dennoch wurden dort verschiedene Ausgaben des Valencia Open TennisTurniers veranstaltet. Jetzt zieht das Kulturzentrum CaixaForum in die Halle und will 2020 eröffnen.
Auch Filmteams haben die Stadt der Künste und Wissenschaften für sich entdeckt. So drehte dort 2014 zum Beispiel George Clooney Szenen für den Hollywoodstreifen „Tomorrowland“