Ungewisse Zukunft
Zukunft des autonomen Kulturzentrums Casa Invisible wieder ungewiss geworden – Sämtliche Auflagen erfüllt
Die Betreiber des besetzten Kulturzentrums Casa Invisible in Málaga haben mittlerweile alle Auflagen der Stadt für die Abwendung der Räumung erfüllt. Dennoch hat Bürgermeister Francisco De la Torre noch kein Treffen für die Wiederaufnahme der Verhandlungen einberufen.
Am vergangenen Mittwoch, kurz nach 19 Uhr im Innenhof des autonomen Kulturzentrums Casa Invisible in Málaga. Die jeden Mittwoch stattfindenden Kurse – Armbänderbasteln für Kinder, Tai-Chi und Zeichensprache – sind entweder schon vorüber oder haben noch nicht begonnen. Rund 25 Personen sitzen an den Tischen in Unterhaltungen vertieft und trinken Bier oder Erfrischungsgetränke, die sie im China-Laden nebenan gekauft haben – ein gewohntes Bild, seit die Polizei im Juni die Theke des vorher wie ein Terrassenlokal funktionierenden Hofs geschlossen und die Wasserhähne und Kühlschränke versiegelt hatte.
Und doch: Die Ruhe trügt: Im Veranstaltungssaal des Kulturzentrums haben sich die Sprecher der verschiedenen Kollektive unter strengem Ausschluss der Öffentlichkeit zur Krisensitzung versammelt. Denn die Zukunft des vor elf Jahren durch die Besetzung eines ungenutzten städtischen Gebäudes entstandenen Kulturzentrums ist wieder ungewiss geworden. Nachdem Bürgermeister Francisco de la Torre (PP) am 13. August bei einem Treffen mit den Verantwortlichen der Casa Invisible das bereits überstellte Ultimatum für die Räumung des Gebäudes vorläufig außer Kraft gesetzt und ein zweites Treffen für die zweite Septemberwoche angekündigt hatte, waren alle Hoffnungen auf dieses zweite Treffen gesetzt.
„Das Treffen kann gar keinen anderen Zweck haben, als die Abtretung des Nutzungsrechts an die aktuellen Betreiber des Kulturzentrums einzuleiten“, hatte Amanda Romero, die Anwältin der Casa Invisible, damals gesagt, während weniger optimistische Stimmen meinten, dass zumindest die Verhandlungen mit der Stadt wieder aufgenommen werden würden. Nun aber ist es fast Mitte Oktober, und Bürgermeister Francisco de la Torre hat dieses Treffen immer noch nicht einberufen. „Auf der Krisensitzung am Mittwoch konnten wir uns nicht darauf einigen, welche Strategien wir einschlagen sollen“, erzählte Amanda Romero am vergangenen Donnerstag. „Deshalb können wir im Moment nichts anderes tun als abwarten.“
Dabei haben die Betreiber des Kulturzentrums sämtliche Bedingungen für die Wiederaufnahme der Verhandlungen, die De la Torre während jenes Treffens im August gestellt hatte, erfüllt. Am Montag vergangener Woche reichten sie ein umfangreiches Aktenbündel bei der Stadt ein, das eine Auflistung sämtlicher in den vergangenen elf Jahren in dem Kulturzentrum durchgeführten Aktivitäten und Projekte, eine Auflistung von Kulturinstitutionen, die die Casa Invisible unterstützen, sowie Gutachten zur Sicherheit der elektrischen Installationen im Innenhof und zur Erfüllung der Brandschutzbestimmungen enthielt.
„Es waren mehr als 2.000 verschiedene Aktivitäten und Projekte , die wir aufgeführt haben“, erklärte Dani Machuca, einer der Sprecher des Kulturzentrums, am Freitag der CSN. „Und bei den Kulturinstitutionen, die uns ihre Unterstützung zugesagt haben, waren wirklich wichtige dabei wie beispielsweise das Museo Reina Sofía in Madrid und das Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona. Dass die Casa Invisible von öffentlichem Interesse ist – dazu diente ja diese Auflistung –, ist somit deutlich belegt.“
Dass in der Stadt Málaga weite Teile der Bevölkerung hinter der Casa Invisible stehen, haben in der Vergangenheit mehrere Demonstrationen gezeigt, denn immer, wenn die Räumung drohte, gingen Tausende von Menschen auf die Straße. Die erste Demo war im Januar 2015, nachdem die Stadtverwaltung im Dezember 2014 das Kulturzentrum wegen angeblicher Sicherheitsmängel bei den elektrischen Installationen geschlossen hatte. Die Demonstration hatte Erfolg: Die Stadt tolerierte, dass die Betreiber des Zentrums den Innenhof wieder öffneten. Alle Aktivitäten wurden fortan dort unter freiem Himmel durchgeführt, nur das Hauptgebäude und der Veranstaltungssaal blieben für größere Veranstaltungen geschlossen.
Ciudadanos verantwortlich
Die zweite Demonstration wurde am 10. März dieses Jahres veranstaltet als Antwort auf die im Oktober vergangenenen Jahres vom Stadtrat von Málaga beschlossene öffentliche Ausschreibung des Betriebs des Gebäudes. Die erst seit den letzten Kommunalwahlen im Stadtrat von Málaga vertretene Partei Ciudadanos hatte den Antrag auf die Ausschreibung der Casa Invisible gestellt und konnte die in Minderheit regierende PP auf ihre Seite ziehen und somit die übrigen Parteien überstimmen, die allesamt dagegen gestimmt hatten.
Bürgermeister Francisco de la Torre wurde damals vorgeworfen, er habe sich dem Willen der Partei Ciudadanos untergeordnet, da seine PP als Minderheitsregierung bei Stadtratsabstimmungen stets auf die Unterstützung von Ciudadanos angewiesen ist. Bisher hatte die Stadt der Casa Invisible schließlich bis auf die erwähnte vorübergehende Schließung im Dezember 2014 keine größeren Steine in den Weg gelegt. Im Jahr 2011 hatte die Stadt Málaga sogar den Betreibern der Casa Invisible das Nutzungsrecht offiziell für die Dauer von einem Jahr übertragen. Der Vertrag wurde zwar nicht erneuert, doch das juristische Team des Kulturzentrums sieht den Sachstand einer stillschweigenden Verlängerung gegeben. Die Folge der zweiten Demonstration war, dass erst einmal nichts passierte.
Die dritte Demonstration wurde am 19. Juli einberufen, als die Situation wirklich kritisch wurde. Die Stadtverwaltung hatte nämlich ein Ultimatum zur Räumung des Kulturzentrums gestellt. Innerhalb von drei Wochen sollten die Betreiber der Casa Invisible das Kulturzentrum freiwillig aufgeben, ansonsten sollte die Ortspolizei die Zwangsräumung vornehmen. Aufgrund der großen Beteiligung an der Demonstration lenkte die Stadtverwaltung allerdings ein und beraumte das Treffen am 13. August an, bei dem Bürgermeister Francisco de la Torre das Ultimatum vorläufig außer Kraft setzte und die Wiederaufnahme der Verhandlungen an die Erfüllung der vorher erwähnten Bedingungen knüpfte.
„Die Räumung ist noch nicht vom Tisch, sie wurde lediglich ausgesetzt“, sagte Dani Machuca. Laut dem Sprecher des Kulturzentrums soll demnächst eine Kampagne in den sozialen Netzwerken durchgeführt werden, um die Dringlichkeit der offiziellen Abtretung des Nutzungsrechts an die aktuellen Betreiber zu untermauern. „Wir geben der Stadt noch einige Wochen Zeit, bis wir entscheiden, welche Schritte wir unternehmen, denn solche Sachen verschleppen sich meistens“, erklärte er. „Bis dahin hoffen wir, dass wir bald Nachricht vom Bürgermeister erhalten und setzen unsere Aktivitäten wie gehabt fort.“ Die Casa Invisible befindet sich in der Calle Andrés Pérez 8. Öffnungszeiten sind täglich von 12 bis 23 Uhr. Montags geschlossen.