Mit der Kamera im KZ
Wahre Geschichte eines wahren Helden: Der Film „El Fotógrafo de Mauthausen“ist in den spanischen Kinos angelaufen
Zwölf Kilo nahm Mario Casas in drei Monaten für seine neue Rolle ab, seine Nägel kaute er aufs Minimum herunter. „Abgekaute Nägel zeigen Spannung und Angst. Wer diese Person zum ersten Mal sieht, soll sich direkt in ein KZ versetzen. Ich wollte wissen, was in diesem dunklen Loch passiert ist, wollte mich diesem Gefühl nähern“, sagt der Schauspieler in einem von „El Español“veröffentlichten Video zu seiner Vorbereitung auf die Hauptrolle des Francesc Boix in „El fotógrafo de Mauthausen“. „Du musst zumindest minimal selbst leiden, um verstehen zu können, wie die Häftlinge das alles erlebt haben. Um ihre Geschichte so gut wie möglich erzählen zu können“, ergänzt er in einem Interview mit „Europa FM“. Am 26. Oktober ist der Film in die spanischen Kinos gekommen.
Eine auf realen Fakten basierende Geschichte so authentisch wie möglich zu erzählen und so ein Stück dazu beizutragen, dass sich Vergangenes nicht wiederholt – dieser Wille scheint es gewesen zu sein, der alle Mitarbeiter am Set, vom Hauptdarsteller über die Regisseurin Mar Targarona bis hin zu Kostümdesignern und Gestaltern, vereint hat. „Der Dreh war hart und schwierig, aber mit viel Enthusiasmus und der Lust, alles gut zu machen, damit diese Geschichte nicht vergessen wird. Es ist ein Film, der sich für das Leben ausspricht“, sagt Mar Targarona im „Making-Off“-Clip.
Realer Superheld
So sei auch Francesc Boix ein Mann gewesen, „der das Leben liebte, der sich nicht entmutigen ließ und der sogar etwas Schelmisches“gehabt habe, sagt die Regisseurin in „El País“. Er sei ein „wahrer Superheld“, beschreibt Mario Casas die Figur, in die er sich bis ins letzte Detail hineinzuversetzen versuchte. Ein Superheld „ohne Maske, ohne Umhang und ohne Superkräfte. In seinem Fall übertrifft die Realität die Fiktion“.
Die härteste Realität im Leben des Francesc Boix begann Anfang 1941, als der katalanische Fotograf und Kommunist ins Konzentrationslager Mauthausen deportiert wurde. Nachdem er zuvor am Spanischen Bürgerkrieg gegen Franco teilgenommen und in der republikanischen Armee als Frontfotograf gearbeitet hatte, im Februar 1939 – wie so viele spanische Republikaner und Zivilisten, insgesamt eine halbe Million – das Exil in Frankreich gesucht hatte und dort für die französische Arbeitskompanie für Ausländer im Einsatz gewesen war, fiel er im Juni 1940 nach dem Einfall der deutschen Truppen den Nazis in die Hände. Als sogenannter „Rotspanier“landete er schließlich mit der Nummer 5185 in Mauthausen, wo bis zur Befreiung im Mai 1945 rund 70 Prozent der über 7.000 spanischen Häftlinge und mindestens 90.000 Häftlinge anderer Nationalitäten auf grausamste Weise zu Tode kamen.
Francesc Boix überlebte und genoss gewisse Privilegien, die er seinem Beruf und seiner Leidenschaft zu verdanken hatte. Die Fotografie, vereint mit seinen Deutschkenntnissen, ermöglichte ihm einen Posten im Fotolabor des SS-Erkennungsdienstes und ersparte ihm das qualvolle Schicksal der meisten Leidensgenossen. Francesc Boix überlebte und war einer derjenigen, die den Amerikanern, als sie das KZ im Mai 1945 befreiten, aus dem unbegreiflichen Leid entgegen stolperten. Er überlebte, obwohl er sein Leben dafür riskiert hatte, später erzählen zu können, was sich hinter den Mauern Mauthausens abgespielt hatte. Und um das auf Fotopapier Erzählte aus dem Lager zu retten.