Buch über die Reife
Karl Straub hält am 8. November in Algarrobo Costa eine Lesung über das Älterwerden
Der Schweizer Schauspieler Karl Straub liest am 8. November in Algarrobo Costa
Kaum ist das aktuelle Kulturprogramm von Algarrobo Costa angelaufen, das bis Ende März 2019 insgesamt 35 Veranstaltungen bietet (die CSN berichtete), können sich die deutschsprachigen Residenten an der Costa del Sol wieder auf Karl Straub freuen. Der Schweizer Theaterschauspieler und ehemalige Walldorflehrer, der bereits seit mehr als zehn Jahren in nahezu jeder Herbst- und Wintersaison ein oder mehrmals im Veranstaltungssaal des Bürgermeisteramts von Algarrobo Costa zu Gast war und dabei eine ganze Bandbreite von Klassiklesungen bis hin
zu Sketchen abgedeckt hat, wird am 8. November um 17 Uhr an selber Stelle eine Lesung über das Älterwerden halten. „Unter dem Motto „Mit der Reife wird man jünger“wird der 76-Jährige heitere Erzählungen vortragen, unter anderem von Hermann Hesse, Ephraim Lessing und Christian Morgenstern. Die CSN hat sich mit Karl Straub unterhalten.
CSN: Warum haben Sie ausgerechnet das Thema Älterwerden ausgewählt?
Karl Straub: Ich befinde mich jetzt im 76. Altersjahr und ich erlebe intensiv die abbauenden physischen Kräfte. Das kann einen mitunter regelrecht deprimieren. Wer lässt das schon gerne zu? Ich war in den letzten zwölf Monaten, wenn auch nur für ganz kurze Zeit, vier Mal in einem Krankenhaus. Gott sei Dank geht es mir heute den Umständen entsprechend erstaunlich gut. Ich habe inzwischen gelernt, den Augenblick bewusster zu erleben, den Tagesablauf anders zu strukturieren als bisher.
Was machen Sie jetzt anders als zuvor?
Ich lasse mich vor allem nicht mehr von einem Termin zum anderen jagen. Vieles gehe ich langsamer als bisher an, aber eben mit Der Schweizer Theaterschauspieler Karl Straub.
einem verstärkten Bewusstsein. Unglaublich, was man alles Neues dabei lernen kann! Natürlich muss man auch dabei lernen, den neuen Lernprozessen Raum zu geben. Vorerst habe ich mir eine große Pause gegönnt. Ich war gewohnt, die Bestätigung von außen zu bekommen. Habe ich Erfolg, dann bin ich auch gut, dann habe ich sozusagen eine Existenzberechtigung. Wehe, ich gerate allzu stark in die Kritik.
Die künstlerische Pause ist Ihnen bestimmt schwer gefallen.
Ganz so leicht war das in der Tat nicht. Bin ich auch ein wertvoller Mensch, wenn mir das von außen nicht fortan bestätigt wird? Ich berichtete ja auch gerne von all meinen Aktivitäten, ich identifizierte mich geradezu mit ihnen. Das blieb nun jetzt ganz aus. Da machte sich plötzlich eine innere Leere bemerkbar, die neu gegriffen werden musste. Ich begann mich nach Vorbildern umzusehen. Und ich habe sie auch gefunden, auch im Alltag wunderbarer Menschen, denen es in der Stille und in aller Bescheidenheit gelungen ist, selbst im hohen Alter, dem Leben ständig einen neuen Sinn zu geben und damit zu einer inneren tiefen Zufriedenheit zu gelangen.
Das Thema Ihrer Lesung am 8. November also.
Genau, von diesen Erlebnissen werde ich bei meiner Lesung berichten, etwas humorvoll verpackt natürlich. Aber auch in der Literatur habe ich beeindruckende Beispiele gefunden, wie sich die eine oder andere Persönlichkeit nach einer Alterskrise zu einem neuen schöpferischen Schaffen hervorgetan hat. Ein ganz großes Glück ist es natürlich, wenn ein dich besonders nahestehender Mensch bei dieser Entwicklung begleitet. Meine Frau hielt es mit einer bewundernswerten Geduld an meiner Seite aus. Sie sah den nächsten Entwicklungsschritt lange voraus, während ich noch im Dunkeln tappte und zeitweise mit dem Schicksal haderte.
Wie geht es weiter für Sie als Schauspieler?
Nach einer zweijährigen Pause habe ich das eine oder andere Programm wieder aufgenommen, leicht verändert natürlich, neue Sichtweisen berücksichtigt, und natürlich habe ich auch neue Themen aufgegriffen, wie das Älterwerden. Der Schweizer Schriftsteller Conrad Ferdinand Meyer gehört auch in das neue Programm. Bertolt Brecht, Herrmann Hesse, Rainer Maria Rilke, Michelangelo und Wilhelm Busch zählen zu meinen Favoriten, über sie würde ich in Zukunft auch gerne ein Pro-
Der Eintrittspreis für die Lesung mit Karl Straub beträgt 8 Euro. Das Bürgermeisteramt von Algarrobo Costa befindet sich in der Avenida de Andalucía 29 neben dem Kreisverkehr in der Ortsmitte von Algarrobo Costa. gramm gestalten. Ich werde auch wieder ab und zu unterrichten, Literaturgeschichte oder Kunstgeschichte.
Und was gibt Ihnen den Antrieb dafür?
Ich erlebe in mir eine sehr tiefe Dankbarkeit, dass ich das alles noch machen darf. Ich empfinde dies wie ein Geschenk des Schicksals. Vielleicht bin ich in der Tat etwas bescheidener geworden. Ich genieße zunehmend das Alter, in dem ich stehe. Natürlich fühle ich mich zeitweise auch verjüngt, aber eher geistig und seelisch als physisch. Hermann Hesse hat vermutlich recht, wenn er schmunzelnd äußert: „Mit der Reife wird man jünger.“