Sánchez am Ende
Regierung kriegt Haushalt nicht durch – Baldige Neuwahlen vorgesehen
Mit 158 zu 191 Stimmen hat das Parlament den Haushalt von Regierungschef Sánchez abgelehnt. Damit ist das vorzeitige Ende der Legislaturperiode eingeläutet. Mit dem verlängerten Haushalt der PP werden die Sozialisten kaum weiterregieren. Zu groß wirkt der Druck von rechts, den PP, Ciudadanos und Vox am Wochenende bei einer Großdemonstration auf die Straße trugen. Zu uneinsichtig erweisen sich die erpresserisch auftretenden Separatisten, auf die Sánchez für den Haushalt angewiesen wäre. Die vermeintliche Erlösung soll eine Parlamentswahl bringen.
Madrid – ck. Mit 158 zu 191 Stimmen und einer Enthaltung hat das Parlament am Mittwoch den Haushalt von Regierungschef Pedro Sánchez (PSOE) abgelehnt. Damit ist das Ende der Legislaturperiode, die eigentlich bis Juni 2020 gehen sollte, eingeleitet. Das Weiterregieren mit dem verlängerten Haushalt seines Vorgängers Mariano Rajoy (PP) ist wohl ausgeschlossen.
Dass Sánchez keine Mehrheit erhalten wird, zeichnete sich schon Dienstagabend ab. Seitdem wurde ein Datum für die Parlamentswahl gesucht. Vermutlich wird es der 28. April sein. Zusammen mit den Landtags-, Kommunal- und Europawahlen am 26. Mai auch das Parlament zu wählen, wäre die Alternative.
Dass der Haushalt nicht angenommen wurde, liegt an den Abgeordneten der katalanischen Parteien ERC und PDeCAT. Sie hatten im Vorfeld versucht, ihre Zustimmung mit Gegenleistungen zu erkaufen, die die Regierung Sánchez nicht erfüllen konnte. Die separatistische Regionalregierung Kataloniens forderte einen Vermittler, was erwogen wurde, aber auch ein Referendum über die Unabhängigkeit, was nicht in der Verfassung vorgesehen ist und Sánchez ablehnte – so wie auch die Forderung, Druck auf die Staatsanwaltschaft im Prozess gegen die katalanischen Politiker auszuüben, um die Anklage der Rebellion fallen zu lassen. Gewaltenteilung scheint den Separatisten so egal wie die Tatsache, dass die Hälfte der Katalanen keine Abspaltung von Spanien will.
Sánchez hat der Einführung eines Vermittlers in der KatalonienKrise, wie ihn übrigens auch Mariano Rajoy eingesetzt hatte, zugesagt und damit große Empörung bei der Opposition ausgelöst, aber auch innerhalb der PSOE. Altmeister wie Felipe González und Alfonso Guerra, aber auch sozialistische Ministerpräsidenten, die sogenannten Landesbarone in den Regionen, waren gegen dieses Zugeständnis, der die spanische Regierung entmündigen würde.
Den Separatisten reichte das nicht. So erpresste Sánchez am Freitag seinerseits die Katalanen: Wenn sie dem Haushalt nicht zustimmen, setze er Neuwahlen an. Auch er weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, aus dieser Wahl als Sieger hervorzugehen, nicht groß ist. Ein Bündnis der rechten Parteien, wie in Andalusien aus PP und C’s mit Vox, könnte die Sozialisten (PSOE), selbst wenn sie meistgewählte Partei blieben, in die Opposition schicken. Und den Katalanen wäre ein Verhandlungspartner entzogen, wenn ihnen nicht sogar wieder die Zwangsverwaltung der Region mittels des Verfassungsartikels 155 droht, die der PP-Vorsitzende Pablo Casado schon lange fordert.
Dieser rechte Block ist nun die dritte Kraft, die versucht hat, zu erpressen. PP und C’s veranstalteten am Sonntag auf der Plaza de Colón in Madrid eine riesige Demo, auf der sie die Einheit Spaniens und Neuwahlen forderten und der sich die rechtspopulistische Partei Vox (siehe Hintergrund, Seite 25) anschloss sowie falangistische Splittergruppen. Ob nun 45.000, wie die Regierungsvertretung, oder 200.000 Teilnehmer, wie die Veranstalter errechneten (der Zahlentanz gehört in Spanien zu jeder guten Demo wie das Amen in der Kirche) – der Aufmarsch der Spanienflaggen unter der ohnehin mächtigen Fahne auf dem Platz war nicht zu übersehen. Die Fahne auf der Plaza Colón ist mit 294 Quadratmetern die größte Spaniens.
Das verlesene Manifest war voller Fehler, eine Manipulation der Öffentlichkeit nach populistischer Manier, die sofort am Tag darauf entschleiert wurde. Das Foto mit der Spitze von Vox neben dem PP-Vorsitzenden Pablo Casado und etwas weiter weg Ciudadanos-Chef Albert Rivera lässt keinen Zweifel: Um Pedro Sánchez zu stürzen, halten die drei Parteien zusammen. Da wird auch ein sozialer Haushalt geopfert.
Der Aufmarsch der Spanienflaggen unter der ohnehin mächtigen Fahne auf dem Platz war nicht zu übersehen