Ein Dank fürs Leben
„¡Ustedes no saben lo que han hecho!“„Sie wissen nicht, was Sie getan haben!“Es ist das Zitat dieser Tage. Gesagt hat es Jesús Vidal, bei den 33. Goyas bester „Nachwuchsdarsteller“. Warum der Schauspieler aus dem Erfolgsfilm „Campeones“(deutscher Titel: „Wir sind Champions“) den Satz in der Dankesrede sagte? Er wurde 1975 so gut wie blind geboren. Die Jury hatte einen Mann mit Behinderung ausgezeichnet.
Gewonnen hat den Preis Vidal, aber irgendwie auch das ganze „Campeones“Basketballteam. Inmitten der eleganten Prominenz jubelten die so ungestelzt ausschauenden „Amigos“herzensfroh – wie auch schon im Film – bei jedem gewonnenen Punkt. Es war, als ginge der Film weiter. In der Realität. Ein Team Behinderter holt den Goya-Filmpreis. Das Wunder, sozusagen „Campeones 2“, erlebten Zuschauer am TV und im Saal live mit.
Ein solches Drehbuch würden Kritiker als übertrieben abstempeln. Auch die Szene der Dankesrede, in der Vidal eine unrealistisch lange Liste von Namen runterratterte. Ohne Spickzettel, den er ja eh nicht lesen könnte. „¡Inclusión, diversidad, visibilidad!“– rief er auch, politisch werdend. Als verkünde der kleine Mann mit dem Wort „Vida“im Namen eine Revolution. Und seine Botschaft wirkte sofort. Wie von einem Schub Lebensenergie bewegt, so glücklich schauten alle drein, gerührt, weinend, für die vier Minuten der Rede die Maske des schön und perfekt sein Müssens abgelegt, als wollten sie in den so rein klingenden Worten baden. „Danke, dass du mich gelehrt hast, das Leben mit den Augen der Klugheit und des Herzens zu sehen“, sagte der Blinde zu seiner Mutter.
Dann lobte er das Lächeln seines Vaters, den er doch nie richtig sah, als eines, „mit dem du die Welt änderst“. Als Vidal am Ende sagte: „Queridos padres“, liebe Eltern, gingen die Meinungen später auseinander, ob er seine eigenen meinte, „Liebe Eltern. Ja – ich würde gern einen Sohn wie mich haben“, zitierte Vidal eine Filmszene. „Weil ich Eltern habe, wie euch.“Als hätte Vidal die Zuhörer eben nicht angeprangert, sondern ihnen Vertrauen geschenkt. Als hätte er gesagt: „Ihr wisst gar nicht, was ihr noch alles tun könnt.“