Für kein Gold der Welt
Vor 55 Jahren war der Fund des „Tesoro de Villena“die Sensation – José María Soler der spanische Heinrich Schliemann
Es gibt da dieses 55 Jahre alte Bild im Stadtmuseum in Villena: Acht Personen hocken wie verzaubert um eine Vertiefung im Boden. Trügen sie Hirten- oder Königskleider, wäre man sofort bei der Krippenszene, die die Stadt am Dreikönigsfest so theatralisch insziniert (siehe Fiestas-Seite 53).
Trenchcoats und Schwarzweißfoto jedoch verraten, dass es sich um die Mitte des 20. Jahrhunderts handelt. Und in der Kuhle liegt auch kein Kind, sondern ein Gefäß, und darin ein Schatz aus Gold. Der „Tesoro de Villena“wurde im Winter 1963/64 erstmals ausgestellt und sorgte für große Augen bei der Bevölkerung. Sensationell war am 1. Dezember der Fund des Schatzes von enormem materiellen Wert gewesen – aber auch, dass er in der Hinterlandstadt im Vinalopó-Tal blieb, und nicht etwa, was logisch wäre, in Madrid landete.
Beides war der Verdienst des Archäologen José María Soler, ein Lokalpatriot, großer Gelehrter und geradezu filmreif unorthodox in seinen Methoden. Als „goldenes Jahr“für Villena bezeichnete Soler 1963 später – denn die Stadt wurde reich beschenkt – und das zunächst zu Ostern. Am 11. April, 1963 der Gründonnerstag, machten Arbeiter in einem Steinbruch einen Fund.
Schatz nach „Schätzchen“
Im Schotter entdeckten sie Ringe, Armreife, Ohrringe, Kettenglieder, Spiralen und einen Barren aus purem Gold: Überbleibsel des Volkes El Argar, das in der Bronzezeit den „runden Gipfel“Cabezo Redondo, bewohnte. Dass es – wieder dank Soler – als Ausgrabungsgebiet geschützt wurde, dafür gab der Fund im Steinbruch den Ausschlag.
Dennoch nennt der Volksmund die im April 1963 gefundenen Stücke nur „Tesorillo“, also „Schätzchen“, was an den verblüffenden Ereignissen im Herbst liegt. In der Innenstadt wurde ein Haus gebaut, und im Bausand tauchte ein ringförmiges Objekt auf. Ein Arbeiter hängte es an eine Wand. Jemand würde es an die richtige Maschine zurückmontieren, dachte er wohl.
Doch nach Tagen fand sich kein Experte für das Stück, das zudem bei näherer Betrachtung golden schimmerte – ein Fall für Juwelier Carlos Miguel Esquembre, zu dem die Bauleute das Objekt brachten. Der fiel fast um – einen goldenen Armreif von einem halben Kilo in der Hand haltend.
Es dauerte nicht lange, bis auch Spürnase José María Soler, der in Villena den Nationalen Dienst für Ausgrabungen delegierte, davon hörte. „Wo habt ihr den Sand her?“Man möge sich den kauzigen Schatzsucher vorstellen, wie er, mit der Frage auf den Lippen, in den Popelinemantel gehüllt, den Baustellenleiter am Kragen packt.
Jedenfalls fand Soler den Ursprung der goldhaltigen Erde. Und dabei handelte es sich eben nicht um das Argar-Dorf am Cabezo Redondo. Sondern um eine unscheinbare Stelle einige Kilometer weiter im trockenen Becken Rambla del Panadero in der Sierra del Morrón.
Dorthin begab sich Soler umgehend – begleitet vom Brüderpaar Pedro und Enrique Domenech und deren Kindern Pedro und Enrique. Ein wie ein Familienausflug wirkendes Archäologenteam, das jedoch schon bei anderen Anlässen harmoniert hatte – etwa bei der Bergung des „Schätzchens“.
Nicht unbedingt das Material
Sie vermuteten nicht, erneut einen Schatz zu finden, sagten die Domenechs später, sondern wollten „nur erfahren, was die Stücke dorthin verschlug.“Es war Sonntag, der erste Advent, als sie Meter um