Prozess gegen Separatisten: Aufgeheizte Stimmung in Barcelona
Aufgeheizte Stimmung in Madrid und Barcelona – Vorwurf der Rebellion bleibt bestehen
Madrid/Barcelona – dpa/ck. Unter großem Medieninteresse und begleitet von Protesten ist am Dienstag in Madrid der Startschuss für den Mammutprozess gegen die separatistische Führungsriege Kataloniens gefallen. Als einen der wichtigsten Prozesse der spanischen Demokratie bezeichnete ihn die konservative Zeitung „ABC“.
Vor dem Obersten Gerichtshof (TS) in Madrid müssen sich zwölf Angeklagte verantworten – darunter ehemalige Minister der Konfliktregion und zwei Aktivisten, die im „heißen Herbst“von 2017 zentrale Rollen gespielt haben. Der Gruppe um Ex-Vize-Regionalpräsident Oriol Junqueras drohen Haftstrafen von bis zu 25 Jahren. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung. Die Regierungsanwälte verklagen wegen Aufruhr, der Nebenkläger, die rechtspopulistische Partei Vox, gar wegen doppelter Rebellion.
Auf der Anklagebank fehlte jedoch der wohl wichtigste Protagonist des Abspaltungsreferendums, das die Justizmühlen vor 14 Monaten in Gang setzte: Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont war vor seiner Festnahme nach Belgien geflohen. „Wir erleben heute einen Prozess, den es nie hätte geben dürfen“, sagte der 56-Jährige am Dienstag in der katalanischen Vertretung in Berlin. Er sprach von einem „künstlich konstruierten, politischen Verfahren“.
Insgesamt sollen in den kommenden drei Monaten fast 600 Zeugen vernommen werden, so etwa der konservative Ex-Ministerpräsident Mariano Rajoy, in dessen Amtszeit das Referendum fiel.
Unter Puigdemonts Führung hatte die Regionalregierung am 1. Oktober 2017 ein Unabhängigkeitsreferendum durchgeführt, obwohl dies von der spanischen Justiz verboten worden war. Nach der Abstimmung und einem daraus resultierenden Unabhängigkeitsbeschluss am 27. Oktober wurde Katalonien von Madrid unter monatelange Zwangsverwaltung gestellt.
Die zentrale Frage, die das Gericht klären muss, ist: Gab es wirklich den Tatbestand der Rebellion? Denn diese muss immer mit Gewaltanwendung einhergehen. Der katalanische Jurist Jaume AlonsoCuevillas, einer der Anwälte der Separatisten, übte im Vorfeld heftige Kritik: „In jedem nicht politisierten Verfahren würde eine solche Anklage nie zugelassen“, sagte er gegenüber der Zeitung „Neues Deutschland“. Man müsse „kein Rechtsexperte sein, um festzustellen, dass es keine Gewalt und keinen Aufstand gab“.
In Katalonien zündeten radikale Aktivisten am Dienstagmorgen aus Protest Autoreifen an und blockierten eine Hauptverkehrsader. Vor dem Gerichtsgebäude in Madrid beschimpften sich separatistische Demonstranten und rechte Befürworter der Einheit Spaniens.
Die zentrale Frage: Gab es wirklich den Tatbestand der Rebellion?