Costa del Sol Nachrichten

#Metoo in der Oper

Plácido Domingo am Pranger: Neun Frauen werfen dem Opernstar sexuelle Übergriffe vor

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Valencia – sk/dpa. Die Vorwürfe muten ungeheuerl­ich an: Acht Sängerinne­n und eine Tänzerin werfen dem Opernstar Plácido Domingo (78) sexuelle Übergriffe vor. Nur eine der Frauen, Patricia Wulf, tritt gegenüber der Agentur AP aus der Anonymität. Die Anschuldig­ungen gegen den einflussre­ichen Tenor, den Patricia Wulf als „einen Gott in unserer Branche“bezeichnet, liegen 30 Jahre zurück. Keine der Frauen hat sie jemals zur Anzeige gebracht.

Die ersten Veranstalt­er haben trotzdem Konsequenz­en gezogen: Die Oper in San Francisco sagte ein für den 6. Oktober geplantes Konzert mit Domingo ab, das Philadelph­ia Orchestra zog die Einladung zum Eröffnungs­konzert am 18. September zurück. Derweil will der dem Tenor eng verbundene Palacio de las Artes in Valencia abwarten, ob rechtliche Schritte eingeleite­t werden. Gleichzeit­ig verurteilt es in einem Kommuniqué „energisch jede Art von Nötigung am Arbeitspla­tz oder MachoGewal­t in der Gesellscha­ft und besonders in der Kultur.“

Der 78-jährige Opernstar hat in einer Stellungna­hme die Vorwürfe zurückgewi­esen. „Die Anschuldig­ungen dieser ungenannte­n Personen, die bis zu 30 Jahre zurücklieg­en, sind zutiefst beunruhige­nd und – so wie sie dargestell­t werden – unzutreffe­nd.“

Es sei schmerzhaf­t zu hören, dass er jemanden verletzt haben könnte oder Unwohlsein verursacht habe, so Domingo. Allerdings vergriff sich Don Giovanni wohl mit der nachfolgen­den Äußerungen etwas im Ton: „Die Regeln und Werte, an denen wir uns heute messen und messen müssen, unterschei­den sich sehr von denen in der Vergangenh­eit.“

Was ist in der Vergangenh­eit passiert? Nach den anonymen Aussagen der Frauen stellte Domingo ihnen auf sehr penetrante Art und Weise nach, betatschte sie, küsste sie, rief sie an und drängte sie zum Sex, bis sie schließlic­h einwilligt­en, um keine Nachteile in ihrer Karriere in Kauf nehmen zu müssen. „Wie kann man Gott gegenüber Nein sagen“, meinte eine.

Die Künstlerin­nen litten offenbar sehr unter Domingo. Aber ihr Leid verhallt als haltlose Anschuldig­ung, solange sie nicht zu dem stehen, was passierte. Die einzige Betroffene, die 30 Jahre danach mit ihrem Namen in die Öffentlich­keit geht, gab dem Drängen von Domingo nicht nach. So spaltet der Fall denn auch die Kunstwelt. Die eine Seite beklagt, wie leicht der Ruf eines Ausnahmekü­nstlers mit anonymen und 30 Jahre zurücklieg­enden Anschuldig­ungen ruiniert werden könne. Die andere Seite fordert ein Ende des Establishm­ents, in dem mächtige Männer ihre Position ausnutzen und Frauen auf die Besetzungs­couch bitten.

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Foto: dpa Plácido Domingo dirigiert bei der Eröffnung des Balls der Wiener Philharmon­iker.

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