Das muss aber hier bleiben
Der Anstieg der Mieten, besonders in touristisch geprägten Städten, ist Immobilienagenten und auch einigen Wohneigentümern zu Kopf gestiegen. Wer in AlicanteStadt wie auch in vielen andalusischen Städten heute als kleine Familie eine normale Wohnung sucht, wird an den äußersten Stadtrand in „Arbeiterschließfächer“gedrängt oder muss Wucherpreise und miese Qualität in Kaninchenstallgröße hinnehmen – sowie auch die Unverschämtheiten von Geschäftemachern.
Da muss man schon froh sein, überhaupt einen Vermieter zu finden, der langfristige Verträge abschließt, denn der Alicantiner Standardvertrag läuft von September bis Juni. Danach ist Hochsaison, da steigt die Miete von 500 Euro pro Monat auf 700 pro Woche. Und im September kommen Studenten und Lehrer zurück, da vermietet man Wohnungen lieber zimmerweise: 250 Euro für Bett, Schrank, Schreibtisch. Bad, Küche, Balkon werden durch vier bis fünf geteilt.
Waren früher eine Monatsmiete Kaution und eine halbe Kommission bei einer Inmobilaria normal, verlangt der Dealer heute einen Monat Prämie, zwei Monate Kaution, den ersten Monat und dazu noch den Abschluss einer Mietausfallversicherung (noch eine Monatsmiete), für deren Abschluss er eine weitere Provision einstreicht. Die großen Versicherer ziehen den Kunden bis auf die Knochen aus, wobei nicht sicher ist, ob ein unbefristeter Vollzeitarbeitsvertrag (in Spanien ein seltener Schatz) mit einer Dotierung deutlich über dem Durchschnittseinkommen für ein „solvent“reicht. Die MapfreStasi ist anspruchsvoll.
Mit Glück und Gottvertrauen bekommt der Kunde nach der Durchleuchtung eine Wohnung, die mit muffig-dunklem Mobiliar im Zigeunerbarock ausgestattet ist, „das muss aber hier bleiben“, wo die Wasserhähne tropfen, „das ist Ihre Sache“und wo die Klimaanlage bedenklich hustet, „das ist nun mal so“. Und wenn ihm was nicht passt, „ich habe noch 50 • punto aparte andere Interessenten“. Alicantes Innenstadt verwandelt sich in eine Ferienapartmentanlage. Spekulation, Erbstreite und Auflagen beim Fassadenschutz machten Sanierungen bisher unrentabel. Mit AirBnB und Co., einer tauben Stadtverwaltung und einem blinden Finanzamt rechnet sich die Kiste wieder. Einheimische und ausländische Investoren kaufen auf, was die Schwarzgeldkassen hergeben und konvertieren Wohnraum in Touri-Buden, Restaurants in Schnellimbisse, eine Stadt in ein Ferienlager – und Alicante in ein zweites Benidorm?