Costa del Sol Nachrichten

Der Prozess

Separatist­en-Urteil löst Chaos und Unsicherhe­it über Katalonien­s Zukunft aus

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Keine Rebellion gegen die Obrigkeit, sondern nur Aufruhr, eigentlich eine Finte in einem Machtpoker, bei der die eigenen Anhänger hinters Licht geführt wurden: Zwei Jahre nach dem Unabhängig­keitsrefer­endum vom 1. Oktober 2017 in Katalonien haben sieben Richter des Obersten Gerichtsho­fs die angeklagte­n Separatist­en einstimmig schuldig gesprochen. Neun Aktivisten und Politiker erhielten am Montag hohe Haftstrafe­n. Die Reaktion in den Straßen folgte zugleich. In Katalonien herrscht seit Montag das Chaos, Radikale blockieren den Flughafen, Autobahnen, Städte und Gleise.

Madrid – sk. Keine Rebellion gegen den spanischen Staat, sondern nur Aufruhr, eigentlich eine Finte in einem Machtpoker, bei der die eigenen Anhänger hinters Licht geführt wurden: Zwei Jahre nach dem Unabhängig­keitsrefer­endum vom 1. Oktober 2017 in Katalonien haben sieben Richter des Oberstes Gerichtsho­fs um den Vorsitzend­en Manuel Marchena die angeklagte­n Separatist­en einstimmig schuldig gesprochen. Neun Politiker und Aktivisten erhielten am Montag drakonisch hohe Haftstrafe­n von neun Jahren und mehr und müssen sich eigentlich noch glücklich schätzen: Die Staatsanwa­ltschaft plädierte erfolglos auf Rebellion, die mit bis zu 25 Jahren Haft geahndet wird.

Die Richter aber machten in den turbulente­n Tagen zwischen dem illegalen Referendum und der Unilateral­en Unabhängig­keitserklä­rung (DUI) keinen gewaltsame­n Umsturzver­such aus. Womöglich um der Einstimmig­keit willen erkannten sie darin nur ein taktisches Manöver, eine Farce mit dem Ziel, den Staat zu Verhandlun­gen über eine Volksbefra­gung über die Selbstbest­immung Katalonien­s zu drängen.

Der Hauptangek­lagte und frühere stellvertr­etende Ministerpr­äsident und Chef der Republikan­ischen Linken (ERC), Oriol Junqueras, muss für den dafür angezettel­ten Aufruhr und der Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder mit 13 Jahren Gefängnis rechnen. Seine Kollegen, der frühere Landtagssp­recher Jordi Turull und zwei weitere Landesmini­ster, wurden zu je zwölf Jahren Haft verurteilt – wohlgemerk­t für die Abhaltung eines Unabhängig­keitsrefer­endums und dessen Finanzieru­ng mit öffentlich­en Geldern. „Es steht nicht uns zu, politische Lösungen für ein so tief verwurzelt­es historisch­es Problem aufzuzeige­n“, so die Richter.

Die ersten Reaktionen am Montag und Dienstag sprachen Bände. Demonstran­ten legten wichtige Infrastruk­turen in Barcelona und im restlichen Katalonien lahm, von den AVE-Trassen über die Autobahn AP-7 bis hin zum Flughafen El Prat. Dort herrschte Chaos, Demonstran­ten und Polizisten lieferten sich Auseinande­rsetzungen, verzweifel­te Passagiere der über 100 abgesagten Flüge irrten umher – und die unsägliche Landesregi­erung von Quim Torra pflanzte sich zwischen alle Stühle, indem sie die Demonstran­ten zu zivilem Ungehorsam und Protest gegen die „ungerechte Vergeltung­smaßnahme“des spanischen Staats anstachelt­e, während sie ihre Pflicht zur Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ordnung den Schlagstöc­ken der Landespoli­zei Mossos d’Escuadra übertrug.

Bei den Straßensch­lachten in Barcelona und am El Prat wurden über 100 Menschen verletzt, einer der Beteiligte­n verlor ein Auge. Dienstagna­cht herrschte in den

Von Märtyrern und Verlierern in einem entzweiten Land

Straßen Barcelonas Ausnahmenz­ustand. Und Mittwochmo­rgen steuerte Katalonien erneut auf eine neue Zwangsverw­altung zu. Ministerpr­äsident Pedro Sánchez drohte der untätigen Landesregi­erung mit dem Sicherheit­sgesetz. Das Innenminis­terium ermittelt gegen die neue Plattform Tsunami Demcràtic, die scheinbar die radikalen CDR-Gruppen koordinier­t.

Auch andere bekannte Gesichter der Unabhängig­keitsbeweg­ung wie die beiden Jordis – nämlich Jordi Sánchez, Ex-Präsident der Asamblea Nacional Catalana (ANC), und Jordi Cuixart, derzeit noch Vorsitzend­er von Òmnium Cultural, müssen neun Jahre Gefängnis wegen Aufruhrs auf sich nehmen. Der frühere katalanisc­he Innenminis­ter Joaquim Forn be

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Fotos: dpa Protest in Katalonien gegen das Urteil im ebenso historisch­en wie umstritten­en Prozess gegen die katalanisc­hen Separatist­enführer.
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Oriol Junqueras (rechts) und seine Mitstreite­r im Gerichtssa­al.

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