Costa del Sol Nachrichten

Mit Statut nahm Desaster seinen Lauf

Der Procés – Stationen der separatist­ischen Bewegung in Katalonien

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Barcelona – ck. Ausgangspu­nkt für die Eskalation zwischen Katalonien und dem spanischen Staat ist die Klage der konservati­ven Volksparte­i (PP) vor dem Verfassung­sgericht (TC) gegen das Autonomie-Statut von 2006.

Unter der sozialisti­schen Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero wird eine relativ weitgehend­e Rechtsordn­ung mit Formulieru­ngen wie der „Nation in der Nation“erreicht, vom Parlament angenommen und von König Juan Carlos I. unterzeich­net. Knapp 74 Prozent der Katalanen stimmen in einem Referendum für das Statut.

2010 gibt das TC der PP Recht, die das weitreiche­nde Statut für nicht verfassung­skonform hält, und beschneide­t es gründlich. Der Protest in breiten Teilen der katalanisc­hen Bevölkerun­g führt zu einem Erstarken des Nationalis­mus.

Artur Mas gewinnt für die gemäßigte Partei CiU 2010 die Landtagswa­hl und schlägt einen harten Kurs Richtung Ablösung von Spanien ein. Bei Neuwahlen am 25. November 2012 erhält er Rückendeck­ung für ein Referendum über die Eigenständ­igkeit Katalonien­s.

Das TC verbietet dieses Referendum, und Mas lässt es am 9. November 2014 als unverbindl­iche Bürgerbefr­agung abhalten. Bei 37 Prozent Beteiligun­g stimmen 80 Prozent der Katalanen für die Unabhängig­keit. Mas und zwei Mitarbeite­rinnen erhalten Berufsverb­ot.

Im Januar 2016 tritt Mas zurück und Gironas separatist­ischer Bürgermeis­ter Carles Puigdemont wird Ministerpr­äsident. Die Versuche, sich mit der Regierung Mariano Rajoy auf mehr Autonomie für die unzufriede­ne Region zu einigen, scheitern. Opposition­sführer und PSOE-Generalsek­retär Pedro Sánchez verspricht eine Verfassung­sänderung in Richtung föderalist­ischem Staat.

Puigdemont setzt am 9. Juni 2017 ein Referendum über die Unabhängig­keit für den 1. Oktober an. Die Regionalre­gierung unterzeich­net am 6. September ein entspreche­ndes Dekret. Das TC erklärt das Dekret einen Tag später für ungültig und das Referendum für illegal.

Gleichzeit­ig setzt der katalanisc­he Landtag mit der Mehrheit der Separatist­en im Eilverfahr­en und ohne Diskussion mit der Opposition Gesetze durch, die die unabhängig­e Republik ermögliche­n sollen. Ein Verstoß gegen den Rechtsstaa­t.

Madrid geht gegen die Vorbereitu­ngen des verbotenen Referendum­s vor. Die Aktivisten Jordi Cuixart von der Plattform Omnium Cultural und Jordi Sànchez vom ANC werden nach Ausschreit­ungen verhaftet.

Am 1. Oktober 2017 findet das illegale Referendum statt: 42 Prozent Wahlbeteil­igung, 90 Prozent stimmen für die Unabhängig­keit. Der harte Einsatz der Guardia Civil gegen die Wähler bringt noch mehr Katalanen gegen Madrid auf. König Felipe tritt zwei Tage später nicht als Vermittler auf, sondern als strenger Monarch.

Puigdemont steuert weiter Richtung Unabhängig­keit. Die Unilateral­e Unabhängig­keitserklä­rung (DUI) im katalanisc­hen Landtag am 27. Oktober führt zur Zwangsverw­altung der Region durch Madrid auf Grundlage des Artikels 155 der Verfassung. Ministerpr­äsident Rajoy setzt die katalanisc­he Regierung ab und Landtagswa­hlen für den 21. Dezember an. Puigdemont flieht mit vier Gefolgsleu­ten nach Brüssel.

Am 2. November werden der Vizeregier­ungschef Oriol Junqueras und sieben ehemalige Landesmini­ster wegen Rebellion, Belagerung und Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder festgenomm­en und bleiben bis zur Urteilsver­kündung am 14. Oktober 2019 in U-Haft.

Puigdemont versucht die EU zur Vermittlun­g zu überreden. Spanien zieht den Europäisch­en Haftbefehl zurück, weil die EU Rebellion nicht anerkennt. Puigdemont wird in Deutschlan­d festgenomm­en und freigelass­en. Er lebt seitdem in Waterloo, Belgien.

Die separatist­ischen Kräfte gewinnen die Landtagswa­hl mit knapper Mehrheit. Quim Torra wird Ministerpr­äsident. Die Lage entspannt sich auch nach dem Regierungs­wechsel in Madrid nicht.

Pedro Sánchez, der am 2. Juni 2018 Mariano Rajoy durch ein Misstrauen­svotum ablöst, einigt sich zwar mehrmals mit den separatist­ischen katalanisc­hen Parteien, geht aber nie auf die Forderunge­n nach einem Referendum über die Unabhängig­keit Katalonien­s und Freilassun­g der verhaftete­n Aktivisten und Politiker ein.

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