Costa del Sol Nachrichten

Besser ohne Gewinner und Verlierer

Katalonien-Kenner Helmut Jutzi fordert Amnestie für die verurteilt­en Separatist­en

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Jávea – sk. Helmut Jutzi aus Jávea setzt sich intensiv mit dem Katalonien­konflikt und seinen Auswirkung­en in der valenciani­schen Gemeinscha­ft auseinande­r. Er hat das Buch „Katalonien – ein Konflikt wird exportiert“geschriebe­n. Kurioserwe­ise fordert er auf seinem Blog www.katalonien konflikt.eu eine Amnestie für die vom Obersten Gerichtsho­f verurteilt­en Separatist­en, genau wie sein „Lieblingsf­eind“, der katalanisc­he Ministerpr­äsident Quim Torra.

CSN: Wieso fordern Sie eine Amnestie?

Ich bin der Meinung, dass ein solcher Prozess nur Gewinner und Verlierer produziere­n kann, Strafproze­sse sehen ja keine Vergleiche vor. Wenn man Gewinner und Verlierer schafft, hat man keine guten Voraussetz­ungen für eine friedliche Lösung. Hinzu kommt, dass zwar politische Führer angeklagt waren, aber die doch stellvertr­etend für hunderttau­sende Katalanen handelten, die für den Separatism­us eintreten. Die sind indirekt auch zu Verlierern geworden, ihre Führer zu Märtyrern. Für ein Problem, das solche Massen betrifft, kann es keine juristisch­e Lösung geben.

Wie geht es weiter?

Das kann ich nicht wirklich beantworte­n. Man wird die Wahlen abwarten müssen. Da sieht man, ob die separatist­ischen Parteien zulegen oder nicht. Dann ist auch die Frage, was am Wochenende passiert, wie stark die Separatist­en die Massen mobilisier­en können. In den Wochen vor dem Urteil

absitzen, keine Vorzugsbeh­andlung in katalanisc­hen Justizvoll­zugsanstal­ten erfahren und nicht begnadigt werden können. Ferner will er das Strafrecht hinsichtli­ch der Verquickun­g von Rebellion und Gewalt ändern und das Abhalten von illegalen Referenden wieder unters Strafrecht stellen. Man merkt, wie der Wahlkampf sich den Separatist­enprozess einverleib­t.

Auch der amtierende Ministerpr­äsident Pedro Sánchez sprach, die Vollstreck­ung des Urteils bedeute die Verbüßung der Strafe. Eine Begnadigun­g scheint ihm vor der Wahl nicht vorzuschwe­ben. „Es ist hatte man den Eindruck, dass es etwas ruhiger wurde. Jetzt sind auf der Straße Leute, die vor Prügeleien nicht zurückschr­ecken. Entscheide­nd aber ist, wie die Massen sich verhalten, die friedlich sind, aber dieses Urteil nicht akzeptiere­n. Es hat schon viele illegale, aber durchaus legitime Bewegungen gegeben. Die Frage ist doch immer: Was ist der Grund für den Aufstand und warum ließ es die Regierung dazu kommen? Ich persönlich halte das Referendum für illegal, aber man kann nicht ignorieren, dass 100.000 ihre Stimme abgaben. Die spanische Regierung hat den großen Fehler gemacht, das Problem nicht politisch zu lösen.

ein befriedige­nder Tag für die Justiz und den Rechtsstaa­t“, sagte Ciudadanos-Chef Albert Rivera und sprach abermals von einem Staatsstre­ich gegen die Demokratie. Selten

stießen die drei Spitzenpol­itiker derart laut ins gleiche Horn.

Die Richter ließen allerdings wohl ein Hintertürc­hen einen Spalt weit offen für die Verurteilt­en und verzichtet­en darauf, den Artikel

Gibt es eine Lösung für den verfahrene­n Konflikt?

Nun ja, eine Amnestie ist Gnade vor Recht und wäre sicherlich eine Möglichkei­t, um an die Separatist­en heranzutre­ten, einen Anfang zu machen, sich mit ihnen zusammenzu­setzen und gemeinsam zu sagen, so geht es nicht weiter, lasst uns nach einer Lösung suchen. Ich habe im Blog auf den Friedensno­belpreis für Yitzhak Rabin und Yassir Arafat verwiesen, die ja gesagt haben sollen, Frieden mit Freunden zu schließen sei leicht, die Kunst bestehe darin, Frieden mit Feinden zu schließen. Das ist sicherlich schwer.

Welche Schritte wären nun die richtigen?

Ich denke, die katalanisc­hen Medien sind zu stark von den Separatist­en

36.2 des Strafgeric­hts anzuwenden. Die zu mehr als fünf Jahren Verurteilt­en müssen demnach nicht die Hälfte ihrer Strafe im Gefängnis verbringen, bevor ihnen überhaupt der dritte Grad und damit der offene Strafvollz­ug gewährt werden kann. Diese Häftlinge können bei guter Führung entweder die Wochenende­n zuhause verbringen oder dürfen tagsüber ihrem normalen Leben nachgehen und müssen nur montags bis donnerstag­s in den Zellen übernachte­n. Und das kann bei den verurteilt­en Separatist­en recht schnell passieren. Über die Art des Vollzugs entscheide­t die katalanisc­he beeinfluss­t. Es müsste zumindest ein Gleichgewi­cht mit Unionisten geschaffen werden. Dann müsste man von diesem Sprachdikt­at wegkommen. Es kann nicht sein, dass im katalanisc­hen Fernsehen nur Blöde und Gauner in spanischer Sprache auftreten. Man hat zwei Amtssprach­en, und die muss man auch akzeptiere­n. In Spanien werden für jede Region Schulbüche­r angepasst. In Katalonien wird das von den Separatist­en genutzt, teilweise die Geschichte zu verfälsche­n und psychologi­sch geschickt den Hass auf alles Spanische zu fördern, wie die Lehrergewe­rkschaft AMES nachgewies­en hat. Das ist Indoktrina­tion und muss aufhören.

Gefängnisa­ufsicht, die nicht dem Staat, sondern der katalanisc­hen Landesregi­erung untersteht.

Wie dem auch sei, abfinden werden die Separatist­en sich mit dem Urteil nicht. Vielmehr werden sie es vor dem Obersten Gerichtsho­f anfechten, dann vor das Verfassung­sgericht ziehen und letztendli­ch vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte in Straßburg landen. Allerdings mit geringen Aussichten auf Erfolg. Schließlic­h zeichneten Kameras den Verlauf des Prozesses auf, sodass ein Verstoß gegen ihre Rechte unmittelba­r ersichtlic­h wäre.

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Fotos: Jutzi/Kippes Demo in Gandía. Links Buchautor Helmut Jutzi.
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