Klicker statt Endloswürger
Andrea Keller ist vom Hund auf den Wohnwagen gekommen – Die Geschichte einer etwas anderen Form des Hundetrainings
Dénia – sk. Die Keller Dog Academy ist keine gewöhnliche Hundeschule. Vielmehr fährt Andrea Keller im Wohnwagen durch die Lande und betreut Halter und ihre Hunde – meist in deren Zuhause und mit modernen Methoden, die auf Verhaltensforschung basieren.
CSN: Wie wird man zu einer reisenden Hundetrainerin?
A. Keller: Ich kam 1997 nach Mallorca und habe dort 16 Jahre lang als Zahntechnikerin gearbeitet, kehrte 2012 wegen der Liebe nach Deutschland zurück. Leider funktionierte das nicht. Aber es war mein Umbruch. Ich wollte mit Tieren und Menschen arbeiten und ließ mich als Dogwalkerin von einer Cum-Cane-Trainerin ausbilden, besuchte Seminare und machte Praktika in Hundeschulen und Pensionen. Bei renommierten Trainern wie Oliver De Vries habe ich ein Intensiv-Coaching über drei Monate absolviert. Ich arbeitete auch mit traumatisierten Hunden in Tierheimen. Am Ende habe ich meinen §11 als Hundetrainerin gemacht. Dann habe ich mir einen Wohnwagen gekauft. Auf der Fahrt nach Mallorca sind so viele Halter mit ihren Problemen auf mich zugekommen, dass ich das als meine Arbeitsweise sehe und nutze, um positives Hundetraining möglichst weit verbreiten. Das ist es nun geworden. Helfen und aufklären, reisen und arbeiten im Wechsel. Mein Schwerpunkt liegt an der Costa Blanca und Costa del Sol.
Wie würden Sie nun Ihre Tätigkeit beschreiben?
Ich bin eine Verhaltensberaterin für Hunde – und für Menschen. Oft liegt der Fehler am anderen Ende der Leine. Ich mache mir im Haus des Halters ein Bild von der Situation, eine Anamnese, ich schaue, höre, fühle und studiere das Verhalten aller Familienmitglieder gegenüber dem Hund und umgekehrt. So kann ich herausfinden, wo der Fehler liegt und warum der Hund reagiert, wie er reagiert. Das hängt meist mit der Unsicherheit und der Unwissenheit der Halter zusammen. Übrigens, ich betreue auch Hunde in deren Zuhause.
Wenn die Halter verreist sind?
Ja. Es ist ein Hundesitten, das individuell und den Bedürfnissen der Tiere angepasst ist. Für den Hund entsteht kein Stress durch den Ortswechsel und bei Bedarf kann ich in der Betreuungszeit den Hund trainieren – sprich, der Halter hat Betreuung und Training zugleich. Nach der Rückkehr gibt es ein gemeinsames Coaching, sodass der Halter die Veränderungen verinnerlicht und ich die Leine mit guten Gewissen wieder zurückgeben kann. Das ist auch für alte oder kranke Hunde eine sinnvolle Alternative zur Hundepension, ebenso für Haushalte mit mehreren Hunden oder für ängstliche oder inkompatible Hunde.
Wie gehen Sie vor? Als erstes verwende ich keine „ErziehungsHilfsmittel“wie Stachelhalsbänder, Endloswürger, Vibrationshalsbänder, Wurfketten oder Sprühhalsbänder – sprich: jegliche
Art von Schreck oder Strafreizen kommen bei mir nicht zum Einsatz. Selbst die sogenannten Zischlaute haben bei mir nichts zu suchen.
Das macht der Hundeflüsterer Cesar Millan im Fernsehen aber anders!
Ja. Gut, dass Sie das erwähnen. Denn leider schauen sich die Menschen das im TV ab und machen es nach, ohne zu wissen, was sie da eigentlich tun. Diese Programme sollten verboten werden! Der Mexikaner bricht die Seelen der Hunde. Der Hund wird gefügig gemacht und hört am Ende nur aus Angst. Letztlich lernt er überhaupt nichts, sondern ergibt sich seinem Schicksal. Da man längst weiß, wie ein Hundehirn funktioniert, verstehe ich nicht, dass man noch zu solch altmodischen Methoden greift. Das ist eine Katastrophe! Einen Hund schlagen oder ihn zu Boden werfen, um ihm klar zu machen, wer hier das Alphatier ist oder überhaupt der Schmarrn mit dem Dominanzgeplänkel – da wird der Hund nur unsicher, weil er seine Vertrauensperson nicht mehr einschätzen kann. Wo die Gewalt anfängt, hört das Wissen auf!
Aber wenn er ständig an der Leine zerrt oder immer den Nachbarn anknurrt – was soll man denn da machen?
Diese alltäglichen Probleme wie das Zerren an der Leine oder das Verhalten außerhalb der gewohnten Umgebung haben immer etwas mit Energie und Frust zu tun. Ich arbeite mit der Lerntheorie der Hunde und weiß, wie Hunde lernen und sich verhalten. Und das vermittle ich. Dazu gehört in erster Linie die Bindung zum Hund. Es wird oft viel zu wenig auf den Hund geachtet. Dabei kann ich mir schon Gedanken machen, was meinem Hund Spaß macht und den Spaziergang so gestalten, das es kein langweiliges Dahinschlendern ist. Der Hund ist ein Lebewesen, mit Seele. Ein Familienmitglied mit Bedürfnissen und Charakter.
Sagen Sie mal, wie das geht.
Ich arbeite mit dem Marker-Signal und der klassischen Konditionierung nach Pawlow. Ich konditioniere mit einem Klicker etwas Positives. Damit verankere ich im Unterbewusstsein des Hundes das Klickgeräusch. Das Marker-Signal sagt dem Hund, dass er etwas gut gemacht hat. Auf diese Weise lässt sich nicht nur ein, sondern eine ganze Reihe von Problemen lösen. Damit beginnt der Hund zu verstehen, was ich von ihm eigentlich will und zeigt mir von sich aus immer häufiger positives Verhalten. Es ist ein Umdenken nötig, aber wenn der Halter das verinnerlicht hat, dann geht alles schnell.
Ist der Job erledigt, ziehen Sie mit ihrem Wohnwagen weiter?
Ja, nach ein paar Trainingseinheiten übt das Mensch-Hundeteam allein weiter. Aber ich komme wieder und verbessere oder vertiefe das Training. Meine Route ist vorgegeben und ich gebe bekannt, wann ich wo bin. Man kann mich auch immer erreichen, etwa per Videokonferenz oder durch einen Anruf. Ich stehe mit einer ganzen Reihe von Kunden aus Deutschland noch weiter in Kontakt. Das ist mir auch sehr wichtig.
Andrea Keller macht mit ihrem Wohnwagen vom 14. bis 23. September in Dénia Station, vom 28. September bis 9. Oktober in Sevilla, vom 11. bis 21. Oktober in Cádiz, vom 23. Oktober bis 3. November in Málaga, vom 6. November bis 17. November in Marbella und vom 20. bis 27. November wieder in Dénia sowie vom 29. November bis 9. Dezember in Valencia.
Kontakt: 677 797 291; keller-dog@gmx.de; kellerdogaca demy.com; Facebook und Instagram: KELLERDOGACADEMY