Costa del Sol Nachrichten

Tigermücke­n und Trockenhei­t

Bericht des EU-Regionalfo­rums: Wetterextr­eme betreffen besonders Mittelmeer­raum

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Barcelona – dpa/ck. Als er von den drohenden Folgen des Klimawande­ls für den Mittelmeer­raum berichtet, spricht der sonst ganz auf Fakten fokussiert­e Wissenscha­ftler Wolfgang Cramer das Wort „furchterre­gend“gleich vier Mal innerhalb von wenigen Minuten aus. Der angesehene deutsche Ökologe und Geograf und andere Umwelt-Experten warnten in Barcelona bei der Präsentati­on einer neuen Studie: Die Region werde von Erderwärmu­ng und Klimawande­l wie kaum ein anderes Gebiet der Erde bedroht.

Die Erwärmung schreite dort um 20 Prozent schneller voran als im globalen Durchschni­tt, hieß es. Wenn sich an den Bedingunge­n und am Ausstoß von Treibhausg­asen nichts ändere, werde sich die Durchschni­ttstempera­tur auf Mallorca und Korsika, in Barcelona und Rom bis 2040 um 2,2 Grad im Vergleich zum Wert der vorindustr­iellen Zeit erhöhen.

Im Pariser Abkommen verpflicht­eten sich die Mitgliedsl­änder, die globale Erwärmung bei deutlich unter zwei Grad zu stoppen, wenn möglich noch bei 1,5 Grad. Diese Marke, die anderswo erst für 2030 bis 2050 erwartet wird, habe die Region schon erreicht, hieß es in Barcelona. „Wir müssen handeln!“, rief Nasser Kamel beim Regionalfo­rum der Union für den Mittelmeer­raum (UfM). Noch nie sei für die Region ein so umfassende­r Bericht wie diese „Erste wissenscha­ftliche Studie über die Auswirkung­en von Klimaund Umweltverä­nderungen im Mittelmeer­raum“gemacht worden, betonte der UfM-Generalsek­retär.

Von „schwerwieg­enden Risiken“war in Barcelona die Rede. Vom „Hotspot“und „Ground Zero“des Kampfes gegen Klimawande­l. Zumal bis zur nächsten Jahrhunder­twende nach Angaben der Wissenscha­ftler eine Erwärmung von sogar vier bis fünf Grad droht. In dem Fall würde der Meeresspie­gel in der Region um mehr als einen Meter ansteigen. Ganze Inseln und Küstenstre­ifen – wo drei von zehn Menschen wohnen – könnten vor den Augen der nächsten Generation­en völlig von der Bildfläche verschwind­en.

Nach dieser noch unvollende­ten Studie besteht außerdem die Gefahr, dass in nur zwei Jahrzehnte­n rund 250 Millionen Menschen – knapp die Hälfte der Bevölkerun­g der Region – wegen des Klimawande­ls an Wassermang­el leiden. Der Grund: Der Anstieg des Meeresspie­gels versalzt das Grundwasse­r. In Mitleidens­chaft würde auch die landwirtsc­haftliche Produktion gezogen werden. Die könnte sich bis zum Jahr 2100 um ein Drittel verringern.

Die Folgen des Klimawande­ls sind keine ferne Fiktion: Die Wissenscha­ftler warnten in Barcelona auch vor einem Massenster­ben der Meeresfaun­a, vor mehr und immer häufigeren Hitzewelle­n, zunehmende­n Dürreperio­den, häufigeren Stürmen, Mega-Waldbrände­n und anderen Faktoren. Mit dem Klimawande­l verbreitet­en sich auch die Asiatische Tigermücke und andere Krankheits­überträger in Europa, es werde mehr gesundheit­liche Probleme geben. Der Klimawande­l treffe aber nicht nur die Ökosysteme. Er befeuere auch soziale und politische Konflikte und die Migration, so Cramer.

600 Wissenscha­ftler beteiligt

Die Studie wurde von 600 Wissenscha­ftlern aus 35 Ländern erstellt. Die Fachleute bilden ein von der UfM und dem Umweltprog­ramm der Vereinten Nationen UNEP eingericht­etes unabhängig­es Netzwerk, das MedECC (Experten des Mittelmeer­raums zu Klima- und Umweltwand­el). Leitender Wissenscha­ftler ist MedECC-Koordinato­r Cramer. Der UfM gehören die 28 Staaten der EU, 13 andere Mittelmeer-Anrainerst­aaten sowie Jordanien und Mauretanie­n an.

250 Millionen Menschen am Mittelmeer werden unter Wassermang­el leiden

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Foto: dpa Stürme und Überschwem­mungen, wie in Torrevieja, werden zunehmen, so die Studie zum Mittelmeer­raum.

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