Alarm im Sektor
US-Strafzölle treffen Spaniens Olivenölproduzenten besonders hart
Die spanischen Olivenölproduzenten sind in höchster Alarmbereitschaft. Umsätze in Höhe von 250 Millionen Euro sowie rund 5.000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Schuld sind die am 18. Oktober in Kraft getretenen US-Strafzölle
für Exporte aus der EU, mit der die Regierung Trump Vergeltung für die illegalen Airbus-Subventionen aus Ländern der Europäischen Union üben will. In Andalusien haben bereits einige Olivenölproduzenten Stornierungen ihrer Bestellungen von Seiten ihrer US-amerikanischen Kunden vermeldet. Bei Dcoop, dem weltweit größten Olivenölproduzenten mit Sitz in Antequera, sind Jahresumsätze von 80 Millionen Euro gefährdet.
„Wir sind stinksauer“, sagt Esteban Carneros. „Zuerst wird der Agrarsektor für einen Handelskrieg aus dem Flugzeugbausektor bestraft, und dann ist auch noch alles ungleich verteilt.“Der PR-Chef des Agrarunternehmens Dcoop mit Sitz in Antequera, das viele Menschen besser unter seinem alten Namen Hojiblanca kennen, wird nicht müde, auf die neuen Schutzzölle der US-Regierung für Produkte aus der EU zu schimpfen. Erst vor wenigen Tagen, am 18. Oktober, sind die Schutzzölle in Kraft getreten, mit denen die Regierung Donald Trump Vergeltung für rechtswidrige EU-Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus üben will. Die Welthandelsorganisation (WTO) hatte fünf Tage zuvor der US-Regierung das Recht zugesprochen, Schutzzölle auf Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar (6,8 Milliarden Euro) zu erheben.
Die Flugzeugbauindustrie kommt dabei noch relativ glimpflich davon, da für Flugzeugimporte aus der EU lediglich zehn Prozent an zusätzlichen Abgaben gezahlt werden müssen. Härter trifft es dafür die Lebensmittelindustrie und andere Sektoren, für deren Produkte Strafzölle in Höhe von 25 Prozent festgesetzt wurden. Diese gelten in erster Linie für Waren aus den Ländern Deutschland, England, Frankreich und Spanien, die dem Airbus-Konsortium angehören.
Während Deutschland die neuen Schutzzölle vor allem für Weine und Werkzeuge zahlen muss, sind es in Spanien neben Wein, Schweinefleischprodukte und lebende Schlachttiere, Milcherzeugnisse, Säfte, Meeresfrüchte und Liköre vor allem das bereits in Flaschen abgefüllte Olivenöl, das sich in den vergangenen Jahren mit einer Jahresausfuhr im Wert von 400 Millionen Euro zum wichtigsten Exportschlager für die USA entwickelt hat.
Viele kleine Agrarbetriebe sind von den Strafzöllen der Trump-Regierung nicht direkt betroffen, da sie ihr Olivenöl lediglich auf dem regionalen und nationalen Markt absetzen und nicht in die Vereinigten Staaten exportieren. Dafür aber Dcoop in Antequera, der mit einem Jahresumsatz von zwei Milliarden Euro als weltweit größter Olivenölproduzent gilt, darüber hinaus aber auch andere Produkte wie Oliven, Wein, Fleisch, Mandeln und Ziegenkäse in die USA und andere Länder exportiert.
USA storniert Lieferungen
Rund 75.000 Familien aus ganz Andalusien und anderen Regionen Spaniens produzieren für den Konzern, der seine eigenen Abfüllanlagen für Olivenöl auf dem Firmengelände in Antequera und zwei weitere in den USA besitzt. Wäh
rend die ebenfalls in Antequera ansässige Olivenölkooperative Hacienda El Colchado spanischen Tageszeitungen gegenüber bereits vor dem Inkrafttreten der Schutzzölle am 18. Oktober von Stornierungen von Seiten ihrer US-amerikanischen Kunden berichtet hat, wiegelt Dcoops-PR-Chef Esteban Carneros ab. „Stornierungen haben wir bis jetzt noch keine, obwohl wir wissen, dass das in anderen Firmen schon geschehen ist“, meint er. „Das Olivenöl, das auf dem Weg in die USA ist, wird auch dort abgenommen, wobei die Kunden die Strafzölle schon zahlen müssen.“
Starke Stellung auf US-Markt
Das Großunternehmen Dcoop hat in den vergangenen Jahren hart daran gearbeitet, um seine Position auf dem US-amerikanischen Markt zu stärken, unter anderem durch die Zusammenarbeit mit dem in den USA wichtigsten Olivenölproduzenten Pompeian, an dem die Genossenschaft aus Antequera seit 2017 zu 50 Prozent beteiligt ist. „In den USA werden zehn Prozent des Olivenöls konsumiert, das weltweit produziert wird“, erklärt Esteban Carneros. „Und der Markt war stets am Wachsen, während er in Spanien und anderen Ländern der EU stagniert.“
Von den knapp 60.000 Tonnen abgefülltes Olivenöl, das aus Spanien im Jahr in die USA exportiert wird, stammen laut dem Pressechef des Konzerns 30.000 bis 40.000 Tonnen aus dem eigenen Konzern. „Bei einem Volumen von 40.000 Tonnen machen wir einen Umsatz von 80 Millionen Euro“, erläutert er. „Wenn die Preise in den USA durch die Strafzölle steigen, ist der Export in Gefahr, da der Verbraucher nicht bereit sein wird, ein Viertel mehr für eine Flasche Olivenöl zu zahlen.“
Vor allem, wenn das Olivenöl aus anderen EU-Ländern billiger sein wird. Italien beispielsweise wurde zwar mit Strafzöllen für seinen Parmesan-Käse und andere Produkte belegt, nicht aber für sein Olivenöl. „Wenn eine Flasche spanisches Öl aus unserem Betrieb in den USA vier Euro kostet und eine Flasche italienisches Olivenöl nur drei, dann kaufen die meisten Konsumenten natürlich das italienische“, so Carnero.
Export wird unrentabel
Die Folge liegt auf der Hand: in die USA zu exportieren, wird in absehbarer Zeit nicht mehr rentabel sein. Theoretisch könnte das Olivenöl von Dcoop auch als Sammelgut in großen Tanks in die USA exportiert und dort in den firmeneigenen Abfüllanlagen abgefüllt werden, da lediglich das in
Flaschen abgefüllt Öl von den Strafzöllen betroffen ist. Esteban Carneros schließt dies jedoch aus, da der logistische Aufwand hierfür zu hoch sei. Deshalb bleibt als einziger Ausweg, neue Märkte für den Absatz des Olivenöls aus Antequera zu erschließen. „Asien könnte ein interessanter Markt sein mit Ländern wie Japan, China oder Korea“, meint der PR-Beauftragte von Dcoop. „Oder auch die arabischen Länder.“
Auch wenn es Alternativen für den Export des Olivenöls gibt, steht eines für Esteban Carneros fest: Die Preise werden sinken, weil das Angebot in den neuen Absatzländern höher als die Nachfrage sein wird, und damit werden auch viele Arbeitsplätze in Gefahr sein. „Es wird sich eine generelle Marktkorrektur ereignen“, sagt er. „Wenn der US-Markt für uns zu ist, weil das Olivenöl aus Italien und Griechenland oder Nicht-EUStaaten wie der Türkei oder Tunesien dort billiger ist, wird das eine jetzt noch gar nicht abschätzbare Destabilisierung des Marktes zur Folge haben.“
Alle Landwirte betroffen
Dass in der Abfüllanlage von Dcoop in Antequera Mitarbeiter entlassen und etliche dem Konzern zuarbeitenden Kleinbetriebe geschlossen werden müssen, ist bereits jetzt abzusehen. Esteban Carneros befürchtet jedoch noch weitreichendere Folgen. „Die kleinen Betriebe, die ihr Olivenöl nicht in die USA exportieren, werden die Strafzölle auch zu spüren bekommen“, sagt er. „Denn wenn aufgrund der Umstrukturierung des Marktes die Preise fallen, wird es ihnen schwer fallen, ihr Öl zu verkaufen. Viele Betriebe werden dies nicht verkraften und schließen müssen.“
Esteban Carneros Wut über die neuen Strafzölle richtet sich weniger gegen die Regierung Donald Trump, sondern eher gegen die EU und die spanische Regierung. „Die EU hätte nicht erlauben dürfen, dass seine Mitgliedsstaaten ungleich behandelt werden, denn dies verstößt gegen das Prinzip des gemeinsamen Marktes“, meint er. „Und die spanische Regierung hätte direkt mit den USA verhandeln müssen. Das hat sie entweder nicht gemacht oder sie hat nichts dabei erreicht.“