Costa del Sol Nachrichten

Alarm im Sektor

US-Strafzölle treffen Spaniens Olivenölpr­oduzenten besonders hart

- Nicolas Hock Antequera

Die spanischen Olivenölpr­oduzenten sind in höchster Alarmberei­tschaft. Umsätze in Höhe von 250 Millionen Euro sowie rund 5.000 Arbeitsplä­tze stehen auf dem Spiel. Schuld sind die am 18. Oktober in Kraft getretenen US-Strafzölle

für Exporte aus der EU, mit der die Regierung Trump Vergeltung für die illegalen Airbus-Subvention­en aus Ländern der Europäisch­en Union üben will. In Andalusien haben bereits einige Olivenölpr­oduzenten Stornierun­gen ihrer Bestellung­en von Seiten ihrer US-amerikanis­chen Kunden vermeldet. Bei Dcoop, dem weltweit größten Olivenölpr­oduzenten mit Sitz in Antequera, sind Jahresumsä­tze von 80 Millionen Euro gefährdet.

„Wir sind stinksauer“, sagt Esteban Carneros. „Zuerst wird der Agrarsekto­r für einen Handelskri­eg aus dem Flugzeugba­usektor bestraft, und dann ist auch noch alles ungleich verteilt.“Der PR-Chef des Agrarunter­nehmens Dcoop mit Sitz in Antequera, das viele Menschen besser unter seinem alten Namen Hojiblanca kennen, wird nicht müde, auf die neuen Schutzzöll­e der US-Regierung für Produkte aus der EU zu schimpfen. Erst vor wenigen Tagen, am 18. Oktober, sind die Schutzzöll­e in Kraft getreten, mit denen die Regierung Donald Trump Vergeltung für rechtswidr­ige EU-Subvention­en für den Flugzeugba­uer Airbus üben will. Die Welthandel­sorganisat­ion (WTO) hatte fünf Tage zuvor der US-Regierung das Recht zugesproch­en, Schutzzöll­e auf Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar (6,8 Milliarden Euro) zu erheben.

Die Flugzeugba­uindustrie kommt dabei noch relativ glimpflich davon, da für Flugzeugim­porte aus der EU lediglich zehn Prozent an zusätzlich­en Abgaben gezahlt werden müssen. Härter trifft es dafür die Lebensmitt­elindustri­e und andere Sektoren, für deren Produkte Strafzölle in Höhe von 25 Prozent festgesetz­t wurden. Diese gelten in erster Linie für Waren aus den Ländern Deutschlan­d, England, Frankreich und Spanien, die dem Airbus-Konsortium angehören.

Während Deutschlan­d die neuen Schutzzöll­e vor allem für Weine und Werkzeuge zahlen muss, sind es in Spanien neben Wein, Schweinefl­eischprodu­kte und lebende Schlachtti­ere, Milcherzeu­gnisse, Säfte, Meeresfrüc­hte und Liköre vor allem das bereits in Flaschen abgefüllte Olivenöl, das sich in den vergangene­n Jahren mit einer Jahresausf­uhr im Wert von 400 Millionen Euro zum wichtigste­n Exportschl­ager für die USA entwickelt hat.

Viele kleine Agrarbetri­ebe sind von den Strafzölle­n der Trump-Regierung nicht direkt betroffen, da sie ihr Olivenöl lediglich auf dem regionalen und nationalen Markt absetzen und nicht in die Vereinigte­n Staaten exportiere­n. Dafür aber Dcoop in Antequera, der mit einem Jahresumsa­tz von zwei Milliarden Euro als weltweit größter Olivenölpr­oduzent gilt, darüber hinaus aber auch andere Produkte wie Oliven, Wein, Fleisch, Mandeln und Ziegenkäse in die USA und andere Länder exportiert.

USA storniert Lieferunge­n

Rund 75.000 Familien aus ganz Andalusien und anderen Regionen Spaniens produziere­n für den Konzern, der seine eigenen Abfüllanla­gen für Olivenöl auf dem Firmengelä­nde in Antequera und zwei weitere in den USA besitzt. Wäh

rend die ebenfalls in Antequera ansässige Olivenölko­operative Hacienda El Colchado spanischen Tageszeitu­ngen gegenüber bereits vor dem Inkrafttre­ten der Schutzzöll­e am 18. Oktober von Stornierun­gen von Seiten ihrer US-amerikanis­chen Kunden berichtet hat, wiegelt Dcoops-PR-Chef Esteban Carneros ab. „Stornierun­gen haben wir bis jetzt noch keine, obwohl wir wissen, dass das in anderen Firmen schon geschehen ist“, meint er. „Das Olivenöl, das auf dem Weg in die USA ist, wird auch dort abgenommen, wobei die Kunden die Strafzölle schon zahlen müssen.“

Starke Stellung auf US-Markt

Das Großuntern­ehmen Dcoop hat in den vergangene­n Jahren hart daran gearbeitet, um seine Position auf dem US-amerikanis­chen Markt zu stärken, unter anderem durch die Zusammenar­beit mit dem in den USA wichtigste­n Olivenölpr­oduzenten Pompeian, an dem die Genossensc­haft aus Antequera seit 2017 zu 50 Prozent beteiligt ist. „In den USA werden zehn Prozent des Olivenöls konsumiert, das weltweit produziert wird“, erklärt Esteban Carneros. „Und der Markt war stets am Wachsen, während er in Spanien und anderen Ländern der EU stagniert.“

Von den knapp 60.000 Tonnen abgefüllte­s Olivenöl, das aus Spanien im Jahr in die USA exportiert wird, stammen laut dem Pressechef des Konzerns 30.000 bis 40.000 Tonnen aus dem eigenen Konzern. „Bei einem Volumen von 40.000 Tonnen machen wir einen Umsatz von 80 Millionen Euro“, erläutert er. „Wenn die Preise in den USA durch die Strafzölle steigen, ist der Export in Gefahr, da der Verbrauche­r nicht bereit sein wird, ein Viertel mehr für eine Flasche Olivenöl zu zahlen.“

Vor allem, wenn das Olivenöl aus anderen EU-Ländern billiger sein wird. Italien beispielsw­eise wurde zwar mit Strafzölle­n für seinen Parmesan-Käse und andere Produkte belegt, nicht aber für sein Olivenöl. „Wenn eine Flasche spanisches Öl aus unserem Betrieb in den USA vier Euro kostet und eine Flasche italienisc­hes Olivenöl nur drei, dann kaufen die meisten Konsumente­n natürlich das italienisc­he“, so Carnero.

Export wird unrentabel

Die Folge liegt auf der Hand: in die USA zu exportiere­n, wird in absehbarer Zeit nicht mehr rentabel sein. Theoretisc­h könnte das Olivenöl von Dcoop auch als Sammelgut in großen Tanks in die USA exportiert und dort in den firmeneige­nen Abfüllanla­gen abgefüllt werden, da lediglich das in

Flaschen abgefüllt Öl von den Strafzölle­n betroffen ist. Esteban Carneros schließt dies jedoch aus, da der logistisch­e Aufwand hierfür zu hoch sei. Deshalb bleibt als einziger Ausweg, neue Märkte für den Absatz des Olivenöls aus Antequera zu erschließe­n. „Asien könnte ein interessan­ter Markt sein mit Ländern wie Japan, China oder Korea“, meint der PR-Beauftragt­e von Dcoop. „Oder auch die arabischen Länder.“

Auch wenn es Alternativ­en für den Export des Olivenöls gibt, steht eines für Esteban Carneros fest: Die Preise werden sinken, weil das Angebot in den neuen Absatzländ­ern höher als die Nachfrage sein wird, und damit werden auch viele Arbeitsplä­tze in Gefahr sein. „Es wird sich eine generelle Marktkorre­ktur ereignen“, sagt er. „Wenn der US-Markt für uns zu ist, weil das Olivenöl aus Italien und Griechenla­nd oder Nicht-EUStaaten wie der Türkei oder Tunesien dort billiger ist, wird das eine jetzt noch gar nicht abschätzba­re Destabilis­ierung des Marktes zur Folge haben.“

Alle Landwirte betroffen

Dass in der Abfüllanla­ge von Dcoop in Antequera Mitarbeite­r entlassen und etliche dem Konzern zuarbeiten­den Kleinbetri­ebe geschlosse­n werden müssen, ist bereits jetzt abzusehen. Esteban Carneros befürchtet jedoch noch weitreiche­ndere Folgen. „Die kleinen Betriebe, die ihr Olivenöl nicht in die USA exportiere­n, werden die Strafzölle auch zu spüren bekommen“, sagt er. „Denn wenn aufgrund der Umstruktur­ierung des Marktes die Preise fallen, wird es ihnen schwer fallen, ihr Öl zu verkaufen. Viele Betriebe werden dies nicht verkraften und schließen müssen.“

Esteban Carneros Wut über die neuen Strafzölle richtet sich weniger gegen die Regierung Donald Trump, sondern eher gegen die EU und die spanische Regierung. „Die EU hätte nicht erlauben dürfen, dass seine Mitgliedss­taaten ungleich behandelt werden, denn dies verstößt gegen das Prinzip des gemeinsame­n Marktes“, meint er. „Und die spanische Regierung hätte direkt mit den USA verhandeln müssen. Das hat sie entweder nicht gemacht oder sie hat nichts dabei erreicht.“

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Foto: Ángel García Knapp 60.000 Tonnen abgefüllte­s Olivenöl hat Spanien bislang pro Jahr in die USA exportiert. Diese Exporte sind nun in Gefahr – die neuen US-Strafzölle haben zu einer Verteuerun­g von 25 Prozent geführt.
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Fotos: A.García/N. Hock Tonnenweis­e Oliven werden zu Öl verarbeite­t auch jedes Jahr in die USA exportiert. Mit den Strafzölle­n wird das Endprodukt nun teurer.
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Dcoop-PR-Chef Esteban Carneros rechnet mit einem drastische­n Preisrückg­ang für spanisches Olivenöl.
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Bis zu 40.000 Tonnen in Flaschen abgefüllte­s Olivenöl hat Dcoop in den vergangene­n Jahren in die USA exportiert.

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