Ende einer Institution
Spanischer Lesering Círculo de Lectores macht nach 57 Jahren dicht
Madrid – ck. Am 8. November feierte Spanien den Tag der Buchläden. Nur noch knapp 3.600 reine Librerías gibt es im ganzen Land. Und nicht nur sie kämpfen ums Überleben. Am selben Tag erschienen auch die Nachrufe auf den Círculo de Lectores, eine Institution, die das Leseverhalten wie kaum eine andere geprägt hat und die am 6. November ihren Betrieb einstellen musste.
In Spanien wurde nicht gelesen – bis der Lesering kam. Noch in der Franco-Zeit wurde 1962 in Barcelona der Círculo de Lectores gegründet. Bertelsmann-Chef Reinhard Mohn schlug auf der Frankfurter Buchmesse dem Verleger José Esteve Quintana vor, den Bertelsmann-Lesering auf Spanien auszuweiten. Nicht eigene Buchläden und Verkauf per Katalog wie in Deutschland, sondern Vertreter, die von Haus zu Haus gingen, wollte Esteve Quintana und begründete ein Erfolgsmodell. Der Verleger Hans Meinke war bei der Gründung dabei und von 1980 bis 1997 Direktor des Círculo.
Rund 5.000 Vertreter boten ihren Kunden Literatur, Kochbücher und Nachschlagewerke an, klopften in ihren Stadtvierteln an die Türen oder brachten die Bücher bis ins letzte Dorf im Nirgendwo. Sie waren es, die Begeisterung weckten und Lesevergnügen förderten und oftmals beste Freunde ihrer Kunden wurden. Kunden, die vielleicht nie einen Buchladen betreten hätten, wären sie nicht an Bestseller und liebevoll gestaltete Sonderreihen internationaler Schriftsteller durch die persönliche Betreuung der Vertreter herangeführt worden. Am 6. November mussten sie ihre Arbeit einstellen. Der Lesering wurde nach 57 Jahren zugemacht. Einfach nicht mehr zeitgemäß oder falsches Management?
In Höchstzeiten 1996 hatte der Ring 1,4 Millionen Mitglieder und betreute 19 Millionen Familien. Alle zwei Monate erschienen Kataloge mit rund 300 ausgewählten Titeln. Acht Millionen Bücher wurden jährlich verkauft, auch auf Baskisch, Galicisch und Katalanisch. Filialen in Lateinamerika wurden eröffnet. 2010 kaufte der spanische Großkonzern Planeta die Hälfte der Gesellschaft von Bertelsmann, 2014 übernahm Planeta den Círculo und fast sechs Millionen Verluste ganz.
Neben Büchern verkaufte der Ring inzwischen auch CDs und DVDs. Planeta wollte die guten Kontakte nutzen, die Vertreter sollten auch Kosmetik, Haushaltswaren und Spielzeug anbieten. Aus dem Lesering wurde ein Kulturund Freizeitklub. Der eigentliche Geist verwässerte, und das Angebot
an Büchern wurde vernachlässigt. Die Vertreter sehen darin die Hauptschuld für die miesen Zahlen. 2016 nahm der Konzern noch 42,8 Millionen Euro ein, 2017 waren es nur noch 37,4 Millionen Euro.
Planeta sieht die Schuld in den Veränderungen im Kaufverhalten und der Konkurrenz durch den Online-Handel. Da hätten die Senioren, die von Tür zu Tür gingen, keinen Markt mehr, heißt es. Mit dem Aufkommen der Verkäufe über Internet gründete Planeta die Plattform Nubico, um elektronische Bücher zu vertreiben. Nubico bleibt vorerst erhalten.
5.000 Vertreter boten Literatur, Kochbücher und Nachschlagewerke an