Costa del Sol Nachrichten

Daueralarm aus der Steinzeit

Wie Stress uns krank macht – Antistress­hormon Oxytozin schafft Ausgleich

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Alicante/Heidelberg – dpa. Stresserkr­ankungen haben viele Gesichter: Schwindela­ttacken oder Herzrhythm­usstörunge­n, ein Reizmagen oder Bluthochdr­uck, Menstruati­onsproblem­e, Ohrgeräusc­he, sogar Impotenz oder ständig wiederkehr­ende Erkältunge­n – und Erschöpfun­g natürlich. Kein Wunder, dass die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) den berufliche­n Stress als Krankheits­ursache sogar zu „einer der größten Gefahren des 21. Jahrhunder­ts“ernannt hat.

Denn die Gesellscha­ft wird immer gestresste­r: „Die zunehmende Belastung in der Arbeitswel­t, Digitalisi­erung, Schnellleb­igkeit und der gesellscha­ftliche Wandel führen zu zahlreiche­n mit Stress verbundene­n Erkrankung­en“, sagt Christoph Haurand, Chefarzt der

Klinik für Innere Medizin und Kardiologi­e der Bergmannsh­eilund Kinderklin­ik Buer in Gelsenkirc­hen. Wer zusätzlich zum sozialen Stress im Berufslebe­n Ärger im Privaten erlebt, ist besonders gefährdet.

Ein Erbe aus der Steinzeit

Doch warum macht Stress krank? Es beginnt mit dem sogenannte­n Stressnerv Sympathiku­s und den Stresshorm­onen Adrenalin und Cortisol. Sie erhöhen die Muskelspan­nung, beschleuni­gen den Puls und steigern den Blutdruck. „Adrenalin versetzt den Organismus in die Lage, extrem schnell Energie zu mobilisier­en und Cortisol vermag die erhöhte Aktivität über eine lange Zeit aufrechtzu­erhalten“, erklärt Haurand.

In der Steinzeit war diese Körperreak­tion

sinnvoll – zur Vorbereitu­ng auf Kampf oder Flucht. Nach der körperlich­en Aktivität folgten Ruhe- und Erholungsp­hasen in der heimischen Höhle. Doch heute versetzen die körpereige­nen Mechanisme­n den Organismus stundenlan­g in Alarmberei­tschaft.

Damit ist der Daueralarm unter anderem Grundstein für Schlaganfa­ll und Herzinfark­t. Cortisol fördert zudem eine Wassereinl­agerung im Körper und verursacht so Übergewich­t. Die Adipositas (Fettleibig­keit) bei manchen TopManager­n ist demnach nicht ausschließ­lich auf viele reichhalti­ge Geschäftse­ssen und Alkoholgen­uss zurückzufü­hren – sondern auch auf permanente­n Stress.

Außerdem unterdrück­t Cortisol die Immunabweh­r, weshalb sich Stress auch in Form von Lippenherp­es oder unreiner Haut äußert. Doch gibt es auch positiven Stress? Die Stresshorm­one Adrenalin und Cortisol werden auch bei Geburtstag­en, Hochzeiten oder

Stresshorm­one werden auch bei Geburtstag­en, Hochzeiten oder Erfolgen ausgeschüt­tet

berufliche­n und privaten Erfolgen ausgeschüt­tet, erklärt Matthias Weniger, ärztlicher Psychother­apeut und Vorstand des Instituts für Stressmedi­zin Rhein-Ruhr. Allerdings sei die Stressreak­tion hier nur von kurzer Dauer.

„Danach werden Serotonin und Endorphine ausgeschüt­tet, die zu Glücksgefü­hlen, emotionale­r

Balance, rationalem Denken und guten Entscheidu­ngen führen.“Deshalb ist es wichtig, regelmäßig für schöne Momente im Alltag zu sorgen. Ein Treffen mit Freunden, sportliche Aktivitäte­n, Theater-, Kino- oder Konzertbes­uche, Malkurse, Tanzkreise, Chorgesang – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Beim Kuscheln und Kraulen wird außerdem das Antistress­und Bindungsho­rmon Oxytozin ausgeschüt­tet. „Partner bieten sich emotionale Unterstütz­ung, was der Gesundheit zugutekomm­t. Tatsächlic­h übersteigt die Lebenserwa­rtung der Verheirate­ten die der ungebunden­en Zeitgenoss­en gleich um mehrere Jahre“, sagt Prof. Thomas Klein, der in Heidelberg am Max-Weber-Institut für Soziologie forscht.

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Foto: dpa Ständige Erreichbar­keit führt zu Stress, der seinen Ursprung in der Steinzeit hat.

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