Zweisam statt einsam
Wie Singles an der spanischen Küste einen Partner suchen – und finden
Am Valentinstag liegt Liebe in der Luft – doch was tun, wenn man keinen Schatz hat, mit dem man diesen romantischen Tag genießen kann? Ein Weg, einen Partner oder auch neue Freunde kennenzulernen, ist eine Bekanntschaftsanzeige in der CSN. Marion Blöth sitzt in der Anzeigenannahme in Torrox. „Viele unserer Kunden kommen persönlich her, es sind meist Leute um die 70, die sich einsam fühlen, besonders an Festtagen wie diesem.“
Einige gäben jahrelang Anzeigen auf, andere seien schnell erfolgreich. „Wir hatten ein Paar, das war so glücklich, dass es sich danach immer mal wieder Liebeserklärungen in der Zeitung gemacht hat. Damit der andere die CSN dann aufschlägt und als kleine Überraschung eine liebevolle Nachricht dort findet.“
Die meisten Kunden, die in die Annahmestelle kommen, wüssten genau, wie ihre Anzeige aussehen soll. Andere bäten um Hilfe. „Dann frage ich immer, was sie denn suchen, und wir schreiben das“, erklärt Marion Blöth. „Und wenn etwas in einer Anzeige nicht klar ist oder fehlt, weise ich den Kunden darauf hin und wir ergänzen es.“
Einigen Kunden sei das Aufgeben der Anzeige eher peinlich und sie seien möglichst schnell wieder weg. „Andere erzählen mir ein bisschen von ihren Erfahrungen und welche Resonanz sie hatten“, berichtet die Deutsche.
Die Anzeigenkundin Gesine Gester lebt in El Campello und geht auf die 79 zu. „Es ist schwierig als Seniorin einen Partner zu finden“, sagt sie. „Ich habe über die Zeitung einige nette Herren kennengelernt, aber in dem Alter will keiner mehr von seinen Gewohnheiten
abgehen. Man ist flexibler, wenn man jung ist.“
Sie habe zum Beispiel einen Kater und zwei Hunde. „Viele Männer wollen aber kein Tier im Haus und wenn jemand an meinen Tieren rummäkelt, gefällt mir das gar nicht“, berichtet die Deutsche. „Und ich mag keine Männer, die mir Vorschriften machen.“
Sie habe inzwischen viel Lebenserfahrung und wisse genau, was sie nicht möchte. „Da kam kürzlich ein frisch Verwitweter, der dachte doch wirklich, er kann mich herumkommandieren, wie früher seine Frau.“
Deshalb habe sich noch keine Beziehung ergeben. „Ich halte aber losen Kontakt zu einigen dieser Herren, das kann man vielleicht noch ausbauen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf“, meint Gester.
Und dann gebe es ja noch die Männer, die nur auf das schnelle Abenteuer aus seien – am besten gleich am ersten Tag. „Kürzlich konnte einer am Pool seine Hände nicht bei sich behalten, den habe ich aber gescheucht“, erinnert sich die Seniorin. Der betagte Don Juan habe sich gerechtfertigt: „Wir sind ja schon so alt, worauf soll ich denn da noch warten?“
Gesine Gester sucht vielmehr einen Mann, der im Garten mit anpackt und handwerklich begabt ist. „Mein Lebenspartner ist vor fünf Jahren tödlich verunglückt, wir waren damals mitten in Renovierungsarbeiten“, erklärt sie. „Ich habe Arbeiter hier, aber die nehmen
eine Frau nicht so ernst. Und ich packe auch selbst an. Ich habe eine Treppe mit 35 Stufen aus Beton gemacht.“
Die Wienerin Monika Talmann zog 2005 mit ihrem Freund nach Spanien, doch er starb nach einem Jahr. „Ich habe dann wieder einen Mann suchen müssen und durch die Zeitung meine große Liebe gefunden“, erzählt sie. „Einen Schweizer. Wir lebten 13 Jahre zusammen. Doch leider hat er einen aggressiven Krebs bekommen und war nach zehn Wochen tot.“
Sie hätten auf einer Finca im Hinterland von Alicante gelebt. „Es war sehr harmonisch, er war Künstler und ein Mann von Welt. Sein Tod hat mich sehr getroffen und aus der Bahn geworfen.“
Allein konnte sie auf dem Land nicht bleiben. Vor einem Jahr ist Monika Talmann deshalb nach Guardamar gezogen. „Ich fühle mich hier sehr wohl, aber auch sehr einsam, es gibt kaum Menschen, die Deutsch sprechen. Um sie kennenzulernen, habe ich einen Stammtisch für Deutschsprachige initiiert. Wir treffen uns donnerstags um 18 Uhr im Cafe/Restaurant Alcazaba. Das ist hinter dem Mercadona in der Calle Baleares 8.“
Für alleinstehende Frauen werde in Guardamar leider nicht viel geboten, viele seien wie sie einsam. „Ein Singletreff mit schöner Musik fehlt hier. Außerdem wünsche ich mir mehr Tanzlokale mit guter Musik und auch mehr unterhaltsame Lokale, wo eine Frau sich wohl fühlt.“
Gemeinsame Interessen spielen beim Entstehen und Gelingen von Beziehungen eine wichtige Rolle. Deshalb finden viele Paare an der
Costa Blanca ihr Glück in Vereinen und konkret in deren Interessengruppen „Bei uns in der Wandergruppe des Euroclub Dénia haben sich schon Leute getroffen, die dann geheiratet haben, und es haben sich schon viele Pärchen gefunden, die noch immer zusammen sind“, berichtet Wandergruppenleiterin Ingrid Lechner. „Man freut sich gemeinsam an der schönen Natur, plaudert und kehrt danach ein. Und auch die Anstrengung schweißt zusammen: Gemeinsam erreicht man etwas und feiert dann, dass man es erreicht hat.“
Besonders intensiv sei das Clubleben während der alljährlichen Wanderwoche, an der immer auch zahlreiche Alleinstehende teilnehmen. „Da kommt man sich schon näher, wenn man tagelang zusammen ist.“
Der Euroclub Dénia veranstaltet jeden Dienstag einen großen Clubabend. Da kommen zahlreiche deutschsprachige Menschen zusammen, viele Ehepaare, aber auch Witwer oder Geschiedene. „Wer ist denn schon gerne alleine“, fragt Ingrid Lechner. „Deshalb ist unser Club-Motto ja auch ,Gemeinsam Schönes erleben’.“
In La Nucía greift das Rathaus dem Liebesglück unter die Arme: „Früher fanden sich ältere Witwer und Witwen mit ihrer Situation einfach ab. Heute suchen Senioren, die ihren Partner verloren haben oder spät geschieden wurden, eine neue Liebe“, sagt Rosa Grau vom Seniorenamt. Sie unterstützt diese
Suche alljährlich mit der Aktion „Casilla Date“, einem romantischen Blind-Date-Abend mit Essen, Tanz und unterhaltsamen Aktivitäten am Valentinstag. „Letztes Jahr haben sich bei uns vier Paare gefunden, zwei leben jetzt zusammen, zwei gingen im Laufe des Jahres wieder auseinander“, berichtet sie.
Interessierte aus dem ganzen Marina-Baja-Kreis bewerben sich bei ihr zunächst schriftlich mit einem Foto und stellen sich dann persönlich vor. „Ich muss möglichst viel über die Teilnehmer und ihre Wünsche wissen, damit ich ihnen für diesen Abend den idealen Partner zuteilen kann“, sagt die Rathausangestellte. Neben den Interessen spiele auch das Alter eine große Rolle. „Ein 60-Jähriger will tanzen gehen und reisen, ein 90Jähriger lieber auf dem Sofa sitzen und ab und zu spazieren gehen.“Doch die Kleinarbeit lohne sich. „Die Einsamkeit nagt sehr an den Menschen und das gilt noch mehr für die deutschsprachigen Residenten, die ja oft keine Familienmitglieder hier bei sich haben.“
Einerseits sei es im Alter schwerer, einen Partner zu finden, weil man eingefahrene Gewohnheiten habe und sehr feste Vorstellungen vom künftigen Schatz. „Andererseits helfen einem die Lebenserfahrung, zu wissen, was man will, und ein gewisser Pragmatismus auch.“Eine Liebe könne man in jedem Alter finden und sie verjünge dann. „Eine der Frauen, die letztes Jahr einen Partner fand, sieht jetzt viel besser aus. Sie kleidet sich moderner und ihre Augen haben so ein Strahlen.“
Internetbörsen nicht so beliebt
Partnerbörsen im Internet nutzen nur wenige ausländische Senioren an der Costa Blanca. Erstens werden sie sowieso nur wenig von über 65-Jährigen genutzt bei der Partnerbörse Parship zum Beispiel liegt der Anteil dieser Altersgruppe bei drei Prozent. Zweitens helfen den Senioren in Deutschland oft jüngere Familienmitglieder bei der Erstellung und beim Führen des Profils eine Option, die für Senioren hier meist wegfällt. Drittens findet man in diesen Börsen nur wenige deutschsprachige Suchende hier an der Küste und zudem sind sie schwer zu finden, da man nicht nach Sprachen aussortieren kann. Man muss also die wenigen in Frage Kommenden mühsam unter zahlreichen spanischen ParshipNutzern suchen.
Bei Susi Weitzmann galt bei der Partnersuche das Motto „Ach, das Gute liegt so nah!“Die Pilateslehrerin aus Pego hat ihren Schweizer Nachbarn geheiratet. „Wir waren 15 Jahre lang befreundet, aber beide mit anderen Partnern verheiratet“, erinnert sie sich. Nach dem Tod ihres ersten Mannes baute sich die Deutsche, die in ihrem Pilatesstudio in Dénia viele spanische Kunden hat und die Sprache perfekt spricht, einen spanischen Freundeskreis auf. „Doch da kam niemand in Frage. Die Mentalität war einfach zu verschieden. Zum Beispiel, was den Tierschutz betraf“, sagt sie heute.
Dagegen betrachtete Susi Weitzmann bald ihren Nachbarn und Freund mit neuen Augen, dessen Frau sich inzwischen von ihm getrennt hatte. „Uns wurde bewusst, dass wir auf der gleichen Wellenlinie lagen und ähnliche Interessen hatten“, sagt sie. „Und so kamen wir schließlich zusammen. Zuerst ließen wir eine Tür zwischen unseren Grundstücken einbauen und später zogen wir dann zusammen und heirateten.“
Interessengruppen der Vereine bringen zusammen