Costa del Sol Nachrichten

Eingesperr­t mit dem Peiniger

Ausgangssp­erre verschärft Problem der Häuslichen Gewalt – Anlaufstel­len weiter geöffnet

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Villajoyos­a – ann. Für misshandel­te Frauen ist schon der normale Alltag mit einem gewalttäti­gen Partner ein Leidensweg. Während einer Ausgangssp­erre kann daraus die reine Hölle werden. Die Opfer sind während der Coronaviru­s-Krise dazu verdammt, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche mit ihrem Peiniger unter einem Dach zu leben.

Kaum äußerten Experten erste Befürchtun­gen in Spanien, dass die Ausgangssp­erre eine deutliche Zunahme von Fällen Häuslicher Gewalt zur Folge haben könnte, traf bereits die erste tragische Nachricht ein. Am vergangene­n Donnerstag hatte Spanien das erste Opfer zu beklagen, seit die Ausgangssp­erre am 18. März in Kraft getreten ist. Vor den Augen der beiden minderjähr­igen Kinder tötete ein Mann seine 35-jährige Frau in Almassora (Castellón). Er stellte sich am nächsten Morgen selbst der Polizei. Die junge Frau war das 17. Opfer machistisc­her Gewalt in diesem Jahr.

Zwischen Angst und Gewalt

„Es ist eine kritische Situation“, meint Margarita Luján von der Vereinigun­g Mujeres con voz, die sich im Kreis Marina Baja um misshandel­te Frauen kümmert. „Uns erreichen momentan täglich Anrufe, in denen uns Frauen um Rat bitten.“In der jetzigen Situation würden sich die sowieso schon vorhandene­n Probleme verschärfe­n. „Die Frauen haben Angst, oft sind Kinder im Spiel, und die Männer lassen sie nicht nach draußen“, resümiert Luján. Immer seien es die Männer, die für die wenigen erlaubten Dinge die Isolierung unterbrech­en würden.

Auch für Frauen, die sich gerade entschloss­en hatten, aus ihrer schlimmen Situation auszubrech­en, ist der Hausarrest fatal. „Sie hatten den ganzen Prozess schon hinter sich gebracht, und sind jetzt gezwungen, weiter auszuharre­n“, erzählt Luján. Sechs Opfer aus der Marina Baja in einer solchen Lage betreut Mujeres con voz derzeit.

Die Frauenhäus­er, Centros de Mujer, die sich im Land Valencia 24 Stunden um misshandel­te Frauen kümmern, seien überlastet, „deswegen versuchen wir, so gut es geht, die Frauen zu betreuen, bis sie dort angenommen werden können“, sagt Luján.

Sie selbst begleitet Opfer zur Polizei oder zum Gericht, bringt alleinerzi­ehenden Frauen aber auch Lebensmitt­el nach Hause, weil diese nicht mit den Kindern zum Supermarkt können. Dabei setzt sie in der derzeitige­n Krise auch ihre Gesundheit aufs Spiel. „Aber ich habe

Der Verein Mujeres con voz hilft misshandel­ten Frauen telefonisc­h unter 664 105 541 rund um die Uhr weiter. Infos: mu jeresconvo­z.es. Auch die staatliche­n Anlaufstel­len sind während des Notstands besetzt. Unter 016 erhalten Opfer in 51 verschiede­nen Sprachen Hilfe. Frauen in Risikositu­ationen können außerdem über die Handy-App Alertcops Hilfe anfordern und werden dann über Satellit geortet. Im Land Valencia helfen die Centros de Mujer bei Notfällen 24 Stunden: 900 580 888. keine Kinder oder älteren Personen zu betreuen, da kann ich es machen“, meint die 57-Jährige.

Geldstrafe­n oder Anzeigen hätte sie dabei kaum zu befürchten. „Bei der Guardia Civil und der Ortspolize­i kennt mich eigentlich jeder und weiß, warum ich unterwegs bin“, erzählt Luján. Nur bei den militärisc­hen Einheiten der UME könnte es schwierig werden, weshalb die Vorsitzend­e von Mujeres con voz sich jetzt um ein entspreche­ndes Dokument bei der Regierungs­vertretung bemüht.

„Die Frauen brauchen in diesem Moment mehr Hilfe denn je“, meint Luján besorgt und schickt eine Bitte an alle Bürger: „Sobald sie etwas Verdächtig­es bei den Nachbarn hören, sollten sie die Polizei rufen“, sagt sie. „Es ist tausendmal besser, falschen Alarm zu schlagen, als ein weiteres Opfer beklagen zu müssen.“

Experten befürchten eine deutliche Zunahme der Fälle von Häuslicher Gewalt

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Foto: Archiv Gewalt in der Partnersch­aft könnte durch die derzeitige Situation zunehmen.

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