Plötzlich gestrandet
Über 400 Fahrzeuge vor Ceuta – Zahlreiche Camper stranden auch auf spanischem Festland
Grenze zu Spanien geschlossen: Zahlreiche Wohnmobilisten hängen in Marokko fest
ste. Der spanische Staat hat in den vergangenen Tagen immer wieder starke Einschnitte am öffentlichen Leben vorgenommen. Auch der Tourismus ist bis auf weiteres – mit kleinen Ausnahmen – auf Eis gelegt. Das betrifft vor allem Besucher, die in Spanien überwintern, aber keine eigene Wohnung besitzen. Ganz besonders hart trifft es Camper und Menschen, die mit ihrem Auto in die Heimat unterwegs sind.
Montagnacht um 0 Uhr schloss Spanien dann überraschend die Grenze zwischen Marokko und den anliegenden Exklaven Ceuta und Melilla. Diese befinden sich zwar auf der afrikanischen Seite der Straße von Gibraltar, gehören aber politisch zu Spanien und damit zur EU und mit Einschränkungen sogar zum Schengenraum. Das bedeutet, dass Europäer sich von dort aus frei in andere EU-Länder bewegen können. Doch im Zuge der Notstandsgesetze beschloss Spanien, nun sowohl die Grenze nach Marokko, als auch indirekt die inländische Grenze zu schließen, indem sie Fährverbindungen von Ceuta ins andalusische Algeciras untersagte. Betroffene berichten der Redaktion aber, dass Montag und Dienstag noch Passagiere mit der Fähre auf das Festland und umgekehrt gefahren sind.
Ohne Toilette und Lebensmittel
Sonja Rissler-Nischwitz ist eine der Personen, die es auch nach der offiziellen Schließung ab Montag 0 Uhr noch geschafft hat. „Am Samstagmorgen um 7 Uhr haben wir unser erstes Ticket für die Trasmediterránea-Fähre nach Algeciras gekauft. Unsere Verbindung sollte eigentlich Samstagabend gehen, also noch vor der Schließung der Grenze“, erzählt die Deutsche. Sie habe gewartet und gewartet, doch die Fähre legte einfach nicht am Hafen an. Währenddessen fuhr das Konkurrenzunternehmen Baleària ganze viermal nach Andalusien, allerdings mit wenigen Passagieren, obwohl die Schlange an wartenden Autos stetig wuchs. „Fast ausschließlich Lkw kamen mit, die anderen wurden vertröstet.“Den Wartenden am Hafen wurden weder Lebensmittel gegeben, noch befanden sich ausreichend Toiletten vor Ort, so Rissler-Nischwitz.
Die Reisende betont ihre Sympathie für die strikten Maßnahmen der spanischen Regierung. „Das Coronavirus hat sich so schnell verbreitet, da kann ich die Entscheidung der Spanier verstehen. Aber dann verstehe ich nicht, weshalb Baleària auch Montag und Dienstag noch gefahren ist. Insgesamt fehlen einfach Informationen“, findet die Camperin. Sie konnte am Montagabend die Baleària-Fähre Richtung Andalusien besteigen. „Aber mir wird erzählt, dass es immer schlimmer wird. Über 400 Fahrzeuge sollen am Dienstag Schlange gestanden haben.“Das deutsche Konsulat in Málaga, was auch für Ceuta und Melilla zuständig ist, gibt gegenüber der Redaktion an, dass sich „sowohl die Botschaften in Madrid und Rabat gemeinsam mit unseren EU-Partnern, als auch das Auswärtige Amt für eine umgehende Lösung
mit Nachdruck einsetzen“. Bis zum Redaktionsschluss wurde noch keine Lösung gefunden. Anwesende vor Ort berichten, die Schlange der Wartenden sei bereits auf 15 Kilometer angewachsen.
Doch auch auf dem europäischen Festland gibt es große Unsicherheit vonseiten der Camper. „Ich habe hin- und herüberlegt“, erzählt Jochen Gippert, der in Cabo de Gata in Andalusien sein
Wohnmobil stehen hat. „Bleibe ich hier und nehme womöglich Spaniern die Betten im Krankenhaus weg, oder mache ich mich auf den Rückweg nach Deutschland, wo ich kein Haus habe und auch keinen Platz, wo ich mein Wohnmobil hinstellen könnte?“
Er hat sich zum Bleiben entschieden und Glück gehabt, denn der Cabo de Gata Camper Park, wo Gippert steht, bleibt für ihn und alle anderen Gäste, die schon vor Ausrufung des Notstandes in Almería waren, geöffnet. Auch anderen Campingplätzen wird diese Möglichkeit gegeben. „Aktuell darf ich zwar keine Neuankömmlinge aufnehmen, aber ich will zumindest denjenigen Sicherheit geben, die sich entschieden haben zu bleiben. Wir haben keinen einzigen Coronavirus-Fall und sind isoliert im Naturschutzgebiet“, erklärt der Inhaber des Platzes, Manuel Rodrigues. Für die nächsten Wochen hat der Portugiese die Platzmiete gesenkt. „In dieser Zeit haben die Menschen schon Angst genug, da sollen sie nicht fürchten, ihre Wohngelegenheit zu verlieren“, stellt er klar. Bei organisatorischen Fragen hilft er den internationalen Gästen.
Ganz so viel Glück haben nicht alle Camper. Christine Seward aus England hat seit November ein Wohnmobil auf einem Campingplatz in El Verger in der Marina Alta bewohnt und muss den Platz noch in dieser Woche räumen. „Mein Mann und ich sind beide über 70 Jahre alt und wir haben einen Hund. Wir können nicht einfach so verschwinden.“Trotzdem lobt die Rentnerin die spanische Politik. „In England tut die Regierung gar nichts für ihre Leute. Ich würde einfach gern hier in Spanien an einem sicheren und isolierten Ort stehen und die Krise aussitzen. Aber wie soll ich das machen, wenn man mich nirgendwo stehen lässt?“, fragt die Rentnerin.
400 Fahrzeuge warteten vor der geschlossenen Grenze in Ceuta
Freiwillige Quarantäne
Auch die deutsche Regierung handelt wohl deutlich zögerlicher als die spanische. Rita Taube hatte gemeinsam mit ihrem Mann eine Ferienwohnung in Villajoyosa gemietet, um dort zu überwintern. „Die Situation wurde uns aber zu heikel und so beschlossen wir vor zehn Tagen, die Heimreise anzutreten“, berichtet die Deutsche. Die beiden passierten die spanischfranzösische und auch die französisch-deutsche Grenze ohne Probleme. „Nirgendwo wurden unsere Personalien aufgenommen, das hat mich gewundert“, so die Deutsche, die sich mit ihrem Mann freiwillig in Quarantäne begeben hat.