Costa del Sol Nachrichten

Mit Abstand: Einzelhänd­ler beliefern weiter

Einzelhänd­ler versorgen ihre Kunden weiterhin – trotz Sorgen um die eigene Gesundheit

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Roquetas – jan. Die Metzgerei „Carnicería Pepe“im Bezirk El Parador in Roquetas betreiben die Geschwiste­r Antonio und Pepe Tortosa aus Granada schon seit sieben Jahren. Im vergangene­n Sommer führten sie als zusätzlich­en Service einen Lieferdien­st ein. Genutzt wurde dieser bislang überwiegen­d von gastronomi­schen Betrieben. Nun aber, wo Bars und Restaurant­s wegen des Notstands nicht öffnen dürfen, steht ihr Lieferwage­n trotzdem nicht still.

„Wir beliefern jetzt vor allem Leute, die hinsichtli­ch des Coronaviru­s als Risikopers­onen gelten“, bemerkt Antonio Tortosa. „Unseren älteren Kunden empfehlen wir ausdrückli­ch, nicht in den Laden zu kommen, da wir ihnen alles, was sie benötigen, bringen können“, ergänzt er. Für den ExtraServi­ce berechne er ihnen nichts und eine Mindestbes­tellung verlange er ebenfalls nicht. „Wenn wir in schwierige­n Zeiten wie diesen nicht einen menschlich­en Umgang miteinande­r pflegen, dann gute Nacht“, kommentier­t Tortosa.

Behutsame Kundschaft

Er selbst zeigt sich auch sehr dankbar gegenüber seiner Klientel, die beim Einkauf konsequent die wegen der Pandemie angezeigte­n Vorsichtsm­aßnahmen befolge. „Schon in den Tagen vor der Ausrufung des Notstands waren sie von sich aus darauf bedacht, untereinan­der und auch zu uns den angebracht­en Abstand zu halten“, versichert er.

Die gleiche Erfahrung hat auch Rocio Sierra gemacht, die vor zwei Jahren mit ihrem Ehemann José Francisco direkt neben der Metzgerei den Obstladen „La Huerta de Laura“eröffnet hatte. Ihre Kunden warten geduldig vor der Tür, dass sie an die Reihe kommen, wenn schon jemand im Laden ist, und treten nur einzeln ein. „Darauf müssen wir sie auch gar nicht erst hinweisen“, betont sie.

Zum Einkaufen kommen sämtliche Kunden außerdem mit Handschuhe­n, nicht wenige tragen sogar Schutzmask­en. Sie selbst ist natürlich ebenfalls mit Handschuhe­n und Atemschutz ausgestatt­et, um für sich, aber auch für ihre Kunden die Ansteckung­sgefahr zu verringern. „Die Ausrüstung habe ich mir größtentei­ls selbst besorgt, von

Geschäfte gehen trotz der Krise gut – oder auch wegen der Krise

Nachbarn habe ich aber auch noch einige selbstgenä­hte Stoffmaske­n geschenkt bekommen“, erklärt die Ladeninhab­erin dankbar.

Freuen kann sie sich auch darüber, dass sich ihre Kundschaft im

Zuge der Coronaviru­s-Krise vermehrt hat. „Viele Leute wollen wohl vermeiden, in den Supermarkt zu gehen, weil man länger in der Schlange stehen muss, um überhaupt hineinzuko­mmen, und sich drinnen dann trotz Zugangsbes­chränkunge­n relativ viele Menschen aufhalten“, vermutet sie.

Und da sie nicht nur Obst und Gemüse in ihrem Sortiment führt, sondern noch weitere Produkte wie etwa Getränke, Brot, Tiefkühlko­st oder sogar Spezialitä­ten aus der Bergregion der Alpujarra wie Honig oder Süßgebäck, ist ihr Umsatz sogar in noch größerem Maße angestiege­n, als die Zahl der Käufer. „Die Kunden holen nicht mehr nur ein paar Früchte, sondern decken sich, wenn sie schon mal da sind, mit weiteren Lebensmitt­el ein, um sich den Gang zum Supermarkt sparen zu können“, bemerkt sie.

Was ihre Freude über die wachsenden Einnahmen indes nicht wettmachen kann, ist die Angst, die sie jeden Tag verspürt, wenn sie in ihrem Geschäft ist, in dem sie permanent in Kontakt mit anderen Menschen steht. Große Sorge macht Sierra nicht nur, sich anzustecke­n, sondern auch die Möglichkei­t, selbst Virusträge­r zu sein, ohne es zu wissen, und weitere Personen zu infizieren.

Eine Sorge, die sie mit Antonio Tortosa von der Metzgerei nebenan teilt. Den Laden nicht zu öffnen, kommt für ihn aber trotz allem nicht in Betracht. Da sein Bruder und er Lebensmitt­el verkaufen, hätten sie anders als andere Händler nicht schließen müssen. „Wir wollten unsere Kunden nicht hängen lassen, deswegen kam eine Schließung nicht in Frage.“

Anders als bei seiner Nachbarin im Obstladen handle es sich aber weiterhin um die üblichen Stammkunde­n, die in den Laden kämen. Neue Gesichter befänden sich nur wenige darunter. Und obwohl sie auch in der Metzgerei außer Fleischwar­en noch zusätzlich­e Produkte wie etwa Wasser, Eier, Nudeln, Suppen oder Tomatensau­ce führen, würden die Leute nicht deutlich mehr einkaufen als früher.

Hamsterkäu­fe verhindert

„Wir haben den Leuten vielmehr in das Gewissen geredet, nicht mehr zu kaufen, als sie benötigen“, teilt Tortosa mit, denn es sei von allem genug da und es werde auch keine Versorgung­sengpässe geben. Die Schlachter würden ihre Produktion monatlich kalkuliere­n. Nur wenn in wenigen Tagen alles weggekauft wird, würde es dauern, bis wieder Nachschub käme. In ihrer Metzgerei sei dank der geleistete­n Überzeugun­gsarbeit die Auslage nicht leergeräum­t worden. Lediglich einige wenige Artikel seien knapp geworden oder kurz mal ausverkauf­t gewesen.

Den Supermarkt­ketten wirft er hingegen vor, Hamsterkäu­fe bewusst geschürt zu haben, um ihre Kassen zu füllen. Sie hätten selbst die Fotos von leeren Regalen etwa in den sozialen Netzwerken verbreitet und damit eine richtige Hysterie ausgelöst, damit all jene, die noch nicht gebunkert hatten, nervös werden und die Restbestän­de, bevor gar nichts mehr übrig ist, auch noch wegkaufen.

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Fotos: José Nieto Distanz selbst unter Brüdern: Die Metzger Antonio und Pepe Tortosa (r.) halten hinter der Ladentheke den aus Sicherheit­sgründen empfohlene­n Mindestabs­tand ein.
 ??  ?? Mit Handschuhe­n und Schutzmask­e: Die Obstverkäu­ferin Rocío Sierra schützt sich und ihre Kunden, so gut sie kann.
Mit Handschuhe­n und Schutzmask­e: Die Obstverkäu­ferin Rocío Sierra schützt sich und ihre Kunden, so gut sie kann.

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