Mar Menor auf der Intensivstation
Trüb, grün und zu wenig Salz: Die Analysewerte deuten auf ein Umkippen der Lagune im Sommer hin
Cartagena – sg. Dem Mar Menor geht es schlechter und schlechter. Die Lagune liegt quasi auf der Intensivstation. Die Ergebnisse der Wasseranalysen vom 27. März sind besorgniserregend: Die durch die Suspension von Partikeln bedingte Trübheit hat sich im Vergleich zur Messung von vor zehn Tagen verdreifacht. Die Menge an Chlorophyll hat sich verdoppelt. Der typische hohe Salzgehalt ist weiter bis auf das Niveau des Mittelmeeres gesunken.
Derzeit beträgt die Transparenz des Wassers noch nicht mal einen Meter. Im März 2019 waren es noch über vier Meter. Die Menge an Chlorophyll liegt bei 8,8 Mikrogramm pro Liter im Vergleich zu 0,3 µg/l vor einem Jahr. Der Salzgehalt beträgt 38 Gramm pro Liter, vor einem Jahr waren es 43 g/l und vor 40 Jahren 70 g/l. Dabei ist die hohe Salzkonzentration nicht nur charakteristisch für das Binnenmeer, sondern sein wichtigstes Abwehrsystem gegen Verschmutzung.
Die Daten seien dramatisch, sagte Ángel Pérez Ruzafa, Professor für Ökologie an der Universität von Murcia und Sprecher des wissenschaftlichen Komitees zum Schutz des Mar Menor. Er schloss nicht aus, dass das Mar Menor in diesem Sommer wegen Sauerstoffmangels erneut umkippen könnte.
Der kritische Zustand ist vor allem auf die großen Mengen an Süßwasser zurückzuführen, die ins Mar Menor fließen. Bei Unwettern im September 2019 waren es 60 Kubikhektometer, im Dezember 2019 elf, im Januar 2020 sechs und vor wenigen Wochen nocheinmal fünf Kubikhektometer. Um die Öko-Katastrophe eines der größten Binnenmeere Europas abzuwenden, müsse der hohe Grundwasserspiegel um eineinhalb Meter gesenkt werden, sagte Ruzafa. Der hohe Pegel drücke ständig mit Nitraten belastetes Süßwasser in die Lagune.
„Die erste Demo nach dem Notstand muss für das Mar Menor sein“
Einer Studie des Wasserwirtschaftsamtes des Segura (CHS) zufolge gelangten im vergangenen hydrologischen Jahr, das vom 1. Oktober bis 30. September dauert, 1.575 Tonnen Nitrate in die Lagune. Das sind im Durchschnitt 411 Kilogramm pro Tag. Die Nitrate stammen aus den Düngemitteln der Anbauflächen in Campo de Cartagena direkt am Mar Menor. Laut CHS befindet sich der Grundwasserspiegel in diesem Gebiet so dicht unter der Oberfläche, dass Abwasser direkt in das Grundwasser sickern.
Das Umweltministerium in Madrid hat einen Maßnahmenkatalog zum Schutz des Mar Menor verabschiedet und empfiehlt, die Nutzung von nitrathaltigem Dünger zu beschränken und einen Grenzwert festzulegen, nach dem nicht mehr als 170 Kilogramm pro Jahr ins Binnenmeer geleitet werden dürfen. Zudem soll das Düngen auf einem 1.500 Meter breiten Streifen ab dem Meeresufer verboten werden.
Die konservativ geführte Landesregierung von Murcia lehnte die Empfehlungen der sozialistischen Zentralregierung ab und bestand darauf, Pumpen zu installieren, die das belastete Wasser, bevor es ins Mar Menor fließt, in eine Kläranlage leiten.
Die erste Demonstration nach Aufhebung des Notstandes sollte für den Schutz des Mar Menor sein, sagte der Schauspieler Daniel Albaladejo aus Cartagena gegenüber der Zeitung „La Opinión“. Er habe eine glückliche Kindheit in Los Nietos in Cartagena verbracht und sich das Sinnbild des Mar Menor, das Seepferdchen, auf den Arm tätowieren lassen.
Er könne nicht mitansehen, wie die Lagune stirbt. Wenn die Bevölkerung nichts unternehme, würden die Politiker erst recht nichts tun, sagte Albalajedo. Dann wäre das Mar Menor 2030 eine stinkende Pfütze.