Frühestens Juni
Mitarbeiter von Alicantes Flughafen über die Versäumnisse von Aena und den Luftverkehr nach Corona
Immer weniger Maschinen starten und landen am Flughafen von Alicante. Doch wie lange wird der Betrieb noch stillstehen? Und wann ist wieder mit ganz normalen Verbindungen zu rechnen? Ein Mitarbeiter schätzt, dass Ryanair und Co. frühestens im Juni wieder abheben.
Alicante – ste. Immer einsamer wird es am normalerweise so stark frequentierten Alicantiner Flughafen. Nach Deutschland gehen schon seit Tagen keine Flieger mehr, nur noch nach Belgien und England verirren sich einzelne. Dabei wäre die Semana Santa eigentlich ein Höhepunkt des Jahres 2020 gewesen. Die Tourismusvereinigung Fetave schätzt, dass Spanien durch das Coronavirus allein in der Osterwoche 18 Milliarden Euro verloren hat. Nicht wenige fragen sich deshalb auch in der Provinz Alicante, wie und vor allem wann es wohl weitergeht.
Alfred Rathswohl aus Österreich, der auch Englisch, Niederländisch und Französisch spricht, arbeitet als Helfer für Rollstuhlfahrer am Flughafen. Er kann sich nicht vorstellen, dass der normale Flugbetrieb bald wieder aufgenommen wird. „Ich habe gehbehinderte Personen bis ins Flugzeug gebracht. Dadurch hatte ich immer wieder Kontakt mit verschiedenen Airlines. Aus internen Quellen weiß ich, dass vor Juni keine normalen Flüge geplant sind.“Aena legt sich auf kein genaues Datum fest. „Erst einmal muss die Gesundheit der Reisenden gesichert sein“, sagt eine Sprecherin. Rathswohl bittet, auch die Angestellten nicht zu vergessen.
Krise früh absehbar
Rathswohl kritisiert auch das Krisenmanagement gegen das Coronavirus scharf. „Bereits lange vor den Notstandsgesetzen haben wir vom Flughafenpersonal uns um das Coronavirus gesorgt. Als wir um Schutz gebeten haben, wurde uns nur gesagt, dass in Alicante keine Flüge aus Asien landen. Aber im Februar habe ich zum Beispiel selbst Menschen aus Singapur vom Flugzeug abgeholt, die mit einem Zwischenstopp in Russland angereist waren. Und das vollkommen ungeschützt“, schildert
Mit Inkrafttreten des Notstandes begannen auch langsam die Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen.
er seine Erfahrungen. Der Moment, als dann wirklich der Notstand erklärt wurde, war für Rathswohl „sehr surreal“. „Am Flughafen gibt es einen Bildschirm, an dem man die Bewegung der Flüge beobachten kann, die bald landen werden. Nach der Rede von Pedro Sánchez am 14. März, in der die Ausgangssperre angekündigt wurde, sind plötzlich fünf Flieger an der spanischen Grenze in der Luft umgekehrt“, erzählt der Mitarbeiter.
Der Flughafen habe darauf kaum reagiert. „Innerhalb von fünf Tagen haben wir am Flughafen über 60.000 Menschen transportiert“, schildert der Österreicher. Doch dabei sei der Schutz klar zu kurz gekommen. „Uns wurde gesagt: ‚Passt auf euch auf, nehmt Handschuhe und Mundschutz mit zur Arbeit!‘ Polizisten und Spezialeinheiten zur Desinfektion kamen dann erst viel später“, so Rathswohl. „Am Anfang mussten wir vom Personal ganz allein mit der Situation fertig werden, ich
musste die Rollstuhlfahrer sicher durch das Gebäude bringen und sie beruhigen“, berichtet der Österreicher. Aena gibt an, ausreichend gehandelt zu haben. „Wir haben die Menschen per Lautsprecher zur Ordnung gerufen und Desinfektionsgel zur Verfügung gestellt“, erklärt die Sprecherin.
Bei Kollegen von Rathswohl sei Covid-19 diagnostiziert worden. „Zwei Mitarbeiter der Security und eine Busfahrerin wurden positiv getestet, eine Person musste sogar im Krankenhaus behandelt werden. Uns übrigen Mitarbeitern wurde aber – angeblich aus Datenschutzgründen – nicht gesagt, um wen es sich handelte, sodass wir hätten überlegen können, ob wir Kontakt mit diesen Leuten hatten“, ärgert sich der Flughafenangestellte. „Inoffiziell wussten wir es trotzdem, aber das hätte kommuniziert werden müssen.“Aena bestätigt gegenüber der Redaktion, aus Datenschutzgründen keine Auskunft geben zu können.
„Der Betreiber Aena spart, wo er nur kann. Wir bekommen von Drittfirmen Zeitverträge über sechs Monate oder ein Jahr und kommen monatlich netto ungefähr auf 600 bis 800 Euro“, berichtet er. „Aktuell sind fast alle Kollegen, die ich kenne, arbeitslos, es wird mit einer Notmannschaft von etwa sechs Leuten und einem Notdienst gearbeitet.“Die Aena-Sprecherin erklärt auf Anfrage der Redaktion, dass alle Fragen von den jeweiligen Subunternehmen zu beantworten seien. Die zuständige Firma war nicht für Rückfragen erreichbar. „Unser mutiger Einsatz hat dafür gesorgt, dass zehntausende Menschen nach Hause zurückkehren konnten. Das sollte auch gewürdigt werden“, sagt Rathswohl.
„Die Arbeit der Flughafenmitarbeiter sollte gewürdigt werden“