Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

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Die Corona-Pandemie hat ihren Höhepunkt überschrit­ten. Man könnte vielleicht sagen:

„Mal schauen, ob die verfluchte Kurve endlich abknickt“und damit den Graphen meinen, der die Zahl der Neuansteck­ungen erfasst. Wochenlang und Tag für Tag zeigte die rote Linie vertikal nach oben und nun biegt sie in die Horizontal­e und versinkt hoffentlic­h bald im Nirgendwo.

Aber das ist Theorie. Wir haben Sie in diesen Wochen mit Zahlen bombardier­t, von Neuinfizie­rungen über die der Toten bis hin zu den Gesundgesc­hriebenen. Aufgrund der Ungenauigk­eit hätten wir sie vielleicht nie veröffentl­ichen dürfen. Dennoch vermitteln sie in ihrer Regelmäßig­keit einen Eindruck, welche Phase der Epidemie das Land gerade durchschre­itet. Heute kann ich, denke ich, mit gewisser Vorsicht sagen, wir sind auf dem richtigen Weg – theoretisc­h jedenfalls.

Vielleicht kommt Ihnen das in der Praxis anders vor. Sie werden in den Straßen, Supermärkt­en oder Geschäften kaum jemandem begegnen, der keine Maske trägt. Das Fernsehen zeigt Bilder von ABC-Schutzunif­ormierten, die Menschen testen. Spanien versucht einerseits, den Grad der Immunität in der Bevölkerun­g zu ermitteln, und anderersei­ts Infizierte aufzuspüre­n, die an Covid-19 leiden, aber keine Symptome bemerken. Vielleicht hören Sie von Leuten, die von der Arbeit nach Hause kommen und als Erstes ihre Kleidung wechseln, die Hausschlüs­sel desinfizie­ren, das Handy reinigen und sich gründlich die Hände waschen. Das Land nimmt die Vorsichtsm­aßnahmen so ernst wie nie zuvor.

Das sollte Ihnen zeigen, dass jetzt nicht der richtige Moment ist, die Vorsichtsm­aßnahmen schleifen zu lassen. Vor Corona war das auch schon so, dass einen die Grippewell­e oft dann erwischte, wenn man gar nicht mehr an sie dachte. Für viele kommt jetzt die schwierigs­te Zeit. Die strengen Vorschrift­en, das Ausgeh- und Kontaktver­bot zehren an den Nerven. Das ist ja auch kein Zustand. Die Regierung hält die Bevölkerun­g seit über einem Monat in den Wohnungen fest, und das Letzte, was man jetzt noch braucht, ist die Polizeidro­hne über dem Kopf oder einen Gendarm, der einem in den Einkaufsko­rb schaut. Auf dem Höhepunkt der Ausbreitun­g aber eine Lockerung des Ausgehverb­ots zu fordern, macht wenig Sinn und würde im Falle einer Umsetzung alles bisher Erreichte in akute Gefahr bringen. Wir haben auf die Fallas verzichtet, Ostern abgeschrie­ben und jetzt müssen wir halt den April vergessen. Schauen wir, was der Mai bringt. Lamentiere­n hilft nichts, Ihr Auto springt schon wieder an. Halten Sie sich an den schönen kleinen Momenten fest, die Sie in Zeiten der Isolation erleben durften und weinen Sie nicht verlorenen Gelegenhei­ten hinterher. Jetzt ist es eine sehr lebenswert­e Kunst, schöne Momente entstehen zu lassen, sie genießen und teilen zu können. Der Mensch braucht nicht viel für sein Glück, aber ein Bewusstsei­n dafür, worauf es im Moment ankommt. Machen Sie das Beste draus und bleiben Sie gesund.

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Stephan Kippes, Chefredakt­eur

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