Pflücken statt servieren
Mispelernte mit Hilfsarbeitern aus der Gastronomie – Coronavirus erschwert Export
Callosa d’en Sarrià – fin. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der so entspannt und optimistisch durchs Leben geht wie Esteban Soler. Vielleicht mag es daran liegen, dass der Agraringenieur der Mispel-Kooperative Ruchey in Callosa d’en Sarrià daran gewöhnt ist, dass ein Landwirt nie planen kann, wie die Ernte wird. Die Launen von Wind und Wetter hat Soler schon x-mal durchgemacht, das Coronavirus ist auch für ihn neu. Während der Bauernverband Asaja aber von einem „massiven Exodus“spricht, bezeichnet Soler die Situation als „ein bisschen komplizierter als in anderen Jahren“.
Das Problem der Mispelpflücker konnten Bauern und Regierung sozusagen in letzter Sekunde lösen. „Die Erntehelfer, die sonst aus Algerien, Rumänien oder Andalusien kommen, konnten wegen der geschlossenen Grenzen nicht kommen. Aber wir behelfen uns vor allem mit Kellnern, die im Zuge der Coronavirus-Krise arbeitslos geworden sind“, sagt Soler. Möglich gemacht hat dies ein Dekret der Zentralregierung, nach dem Mitarbeiter in Kurzarbeit (ERTE) ihr Arbeitslosengeld mit dem Lohn für Feldarbeit aufstocken dürfen.
Probleme für Kirschbauern
Aber: Diese Ausnahmeregelung gilt nur für Arbeiten in „der Nähe des Wohnorts“. Für die Mispelernte in Callosa und Umgebung dank der Nähe zur Küste kein Problem, bei der Kirschernte, die ab Mai im tiefsten Hinterland beginnt, wird das schon problematischer. Asaja schlägt vor, zum Beispiel die jetzt stillstehenden Schulbusse für den Transport der Erntehelfer einzusetzen und appelliert an die Regierung, die Ausnahmeregelung entsprechend zu erweitern.
Die Ernte der nísperos scheint jedoch erst einmal gerettet, noch vor zwei Wochen hatte Asaja befürchtet, dass 40 Prozent der Früchte wegen des Personalmangels an den Bäumen hängen bleiben würden. „Natürlich bringen die Helfer dieses Jahr keine Erfahrung mit und es kostet uns Zeit, sie einzuweisen. Aber man kann ja alles lernen“, meint Esteban Soler. Schwieriger wird sich dieses Jahr der Verkauf der Früchte gestalten.
Der Transport ins Hauptabnehmerland Italien ist kompliziert, die Kooperative setzt vielmehr auf den heimischen Markt. „Wir haben Abkommen mit Lidl, Mercadona und Consum in Spanien geschlossen, und die Nachfrage nach frischem Obst und Gemüse ist mit der Ausgangssperre gestiegen. Deshalb hoffen wir verstärkt auf den nationalen Markt“, sagt Soler.
15 Prozent der Gesamternte haben die Landwirte aus der Marina Baja eingeholt. „Wegen des Regens in den letzten Wochen hat sich der Erntebeginn ein wenig verspätet. Dafür sind die nísperos nochmal gewachsen und wir können schöne große Früchte anbieten“, so der Spanier.
Bis zu 12.000 Tonnen Mispeln will die Kooperative in den nächsten Wochen ernten und verkaufen – „wie und wo genau, wird sich zeigen. Alles hängt davon ab, wie sich die Situation weiter entwickelt. Wir werden auf jeden Fall kämpfen und das gemeinsam schaffen“, sagt Soler. Ob er damit nur die Ernte meint?
Asaja hat eine spanienweite Jobbörse für Erntehelfer eingerichtet. Auf www.asaja. com/tuempleoestaaqui können Interessierte ein Formular ausfüllen. Der Verband schätzt, dass im ganzen Land in den nächsten Wochen bis zu 150.000 Feldarbeiter gebraucht werden.