Die Tierwelt tastet sich vor
Ob Wildschweine in Pego oder Pfauen in Madrid: Ausgangssperre verändert Verhalten von Wildtieren
Madrid/Pego – at/dpa. Wenn Jakob Chardonnens und seine Frau in den Garten ihres Hauses auf dem Land zwischen Pego und El Vergel (Provinz Alicante) gehen, bemerken sie immer wieder einen unangenehmen Gestank. Verweste Wildschweine, die bei Unfällen an der Ausgangsstraße von Pego angefahren wurden, seien nach einem Anruf bei Guardia Civil oder der 112 zwar von der Straße gezogen, dann aber einfach am Straßenrand oder im Gras, höchstens manchmal notdürftig mit Sand überschüttet, liegengelassen worden, stellen sie fest – und das nicht erst seit der Ausgangssperre. „Nach zwei Wochen fängt es an zu stinken. So dürfen Tiere doch nicht verrotten“, sagt Jakob Chardonnens.
Jäger helfen aus
Bei der Tierschutzeinheit der Guardia Civil (Seprona) in El Vergel versichert man dagegen der CN, dass es ein Protokoll gebe, das übrigens auch in Coronavirus-Zeiten eingehalten werde. Sprich:
Wenn nach einem Unfall mit einem Wildtier die Guardia Civil verständigt wird ( 062), informiere diese den Reinigungsdienst des spanischen Verkehrsministeriums, der für die Sauberhaltung der Straßen zuständig ist. „Dieser entsorgt das Wildschwein“, so die Seprona, die sich die Tierkadaver auf dem Campo von Pego nur damit erklären kann, dass die Guardia Civil wohl doch nicht informiert worden sei.
Nicht ganz so problemlos schildert Pegos Jäger-Vorsitzender Antonio Ferrando Puchol die Situation. Auch wenn es, abgesehen von gejagten Tieren, nicht Aufgabe der Jäger sei, die Kadaver zu entfernen, würden er und seine Kollegen immer wieder „aus Kulanz“aushelfen. „Das Gemeindegebiet von Pego ist eins mit den meisten Wildschweinunfällen im Land Valencia“, sagt Ferrando. „Und seit der Ausgangssperre sind noch viel mehr Wildschweine unterwegs als sonst.“
Dafür weniger Autos. Doch wer trotz Notstands für die Fahrt zur Arbeit aufs Auto angewiesen ist, sollte umso achtsamer sein. Denn nicht nur Wildschweine, auch andere Wildtiere scheinen die Menschenleere zu nutzen, um sich Straßen und Städten zu nähern.
Füchse am Mar Menor
Jäger Puchol weiß von einem Mähnenschaf, „das sonst so gut wie nie aus den Bergen runterkommt“, jetzt aber bei Pego gesehen wurde. Ein Phänomen, das in ganz Spanien beobachtet wird. So berichten Zeugen von Pfauen in Madrid, von Füchsen am Mar Menor und nach Angaben des Verbands für die Zählung des Iberischen Wolfs wagt sich auch dieses Tier in bewohnte Gebiete vor. „Wir erwarten, dass die Wölfe bei der Fortpflanzung mehr Erfolg haben werden, weil sie nun weniger Störungen ausgesetzt sind“, sagt Verbandsmitglied Ángel Sánchez. Und auch in Almería hofft die Umweltschutzorganisation Serbal, dass die neue Situation einigen bedrohten Arten dabei hilft, sich wieder besser vermehren zu können. Doch nicht alle Tiere freuen sich über die Abwesenheit von Menschen. So äußerte die Umweltorganisation WWF die Sorge, dass die Pandemie einem Besiedlungsprojekt für Gänsegeier in Segovia schaden könnte. Wo weniger Menschen unterwegs sind, gibt es weniger Essensreste – die aber für einige Tiere lebensnotwendig sind.
„Die Tauben bekommen langsam Hunger“, betitelte denn auch ein Youtuber am 20. März ein Video, auf dem eine Frau in Benidorm von einem Taubenschwarm verfolgt wird. Ein Foto von Enten aus Morairas Feuchtgebiet Senillar, die mitten durch Moraira spazierten, veröffentlichte das OnlinePortal „Teuladamorairadigital“. Entweder fehlten ihnen die Brotkrümel der Senillar-Besucher, oder sie wollten einfach mal den menschenleeren Ort erkunden.
Also bitte vorsichtig sein, wenn es wieder rausgeht. Zum eigenen Schutz, aber auch zum Schutz von Wildschwein, Ente und Co.