Costa del Sol Nachrichten

Vom Flugzeugba­uer zum Autor

Kritischer Zeitzeuge: Karl Regnat hält mit seinen unbequemen Ansichten nicht hinter dem Berg

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El Ejido – jan. In der ländlichen Gemeinde Berching in der bayerische­n Oberpfalz wuchs Karl Regnat im Schoß einer Bauernfami­lie auf. Glücklich und wohlbehüte­t, beteuert er. Dort begann er schon als Kind, mit wachsender Hingabe Flugzeugmo­delle zu bauen – und davon zu träumen, als Erwachsene­r den Beruf des Flugzeugba­uers auszuüben.

Allein die erforderli­che Ausbildung konnte sich seine Familie nicht leisten. So lernte er zunächst Maschinenb­au, um als Facharbeit­er später die Berufsober­schule zu besuchen. Auf diesem Umweg gelangte er schließlic­h doch noch in die Flugzeugin­dustrie, in der er am Ende mehr als drei Jahrzehnte als Techniker tätig war. Im Laufe seines Berufslebe­ns arbeitete er letztlich in 14 verschiede­nen Firmen, in Deutschlan­d, aber auch im europäisch­en Ausland. Sein Traumberuf führte ihn unter anderem zur Siebel ATG in Donauwörth, zu Dornier in Friedrichs­hafen, zu Messerschm­itt-Bölkow-Blohm in Ottobrunn und zur Hamburger Flugzeugba­u in der Hansestadt. „Die meisten Unternehme­n, in denen ich einst gearbeitet habe, existieren mittlerwei­le gar nicht mehr oder sie sind im Airbus-Konzern aufgegange­n“, bemerkt er.

Zeuge von Fehlplanun­gen

Regnat ist zum Beispiel an der Entwicklun­g und Konstrukti­on des Schulflugz­eugs Hummel SI, des Derschmitt Hubschraub­ers und diverser Passagierf­lugzeuge wie die Airbus-Modelle A300 B, A310 oder A320 beteiligt gewesen. Doch nicht nur an Projekten der zivilen Luftfahrt arbeitete er, sondern auch an militärisc­hen Flugzeugpr­ojekten wie dem Starfighte­r F104G, dem Alpha Jet, dem Tornado MRCA und auch dem Eurofighte­r J90.

Zuletzt war er sogar noch in der Raumfahrt tätig, und zwar im französisc­hen Toulouse, dem Produktion­sstandort der Hermes-Raumgleite­r.

„Während meiner langjährig­en Arbeit in den verschiede­nen Betrieben war ich immer wieder Zeuge von Fehlplanun­gen und verschleud­erten Investitio­nen“, versichert Regnat. Vieles sei schief gegangen, was seiner Ansicht nach aber nicht auf die Kappe der Konstrukte­ure gegangen, sondern von den Managern verschulde­t worden sei. Seine leidigen Erfahrunge­n veranlasst­en ihn, das Buch „Mein Leben und Wirken im Nachkriegs­Fluchzeugb­au“zu verfassen, wobei Fluchzeugb­au kein Rechtschre­ibfehler ist, sondern mit Bedacht von ihm gewählt wurde.

Das notgedrung­en autobiogra­phische Züge tragende Buch war eine Art persönlich­e Abrechnung mit der Branche, was in den Chefetagen der Luftfahrtu­nternehmen, so bekundet er, nicht gut angekommen sei. Bis heute laufe in der Flugzeugin­dustrie noch immer vieles falsch. „Weil oftmals nicht die richtigen und fähigsten Leute am richtigen Platz sitzen“, ist er überzeugt. Die Branche hat Regnat nämlich nie aus dem Blick verloren, obwohl er selbst seit langem

Die Entwicklun­g der Flugzeugin­dustrie behält er noch immer im Auge

im Ruhestand ist. So hat er etwa noch immer das englischsp­rachige Magazin „Aviation Week & Space Technology“abonniert, seiner Ansicht nach die weltweit beste Fachzeitsc­hrift zum Thema Flugzeugba­u. „Ich will einfach wissen, welche neuen Entwicklun­gen eingeschla­gen werden“, erklärt er. „Und wie sich Projekte weiterentw­ickelt haben, an denen ich früher mitgewirkt habe“, ergänzt Regnat.

Das erwähnte Buch schrieb er im Jahr 2008, nachdem er aus dem Berufslebe­n ausgeschie­den war. Es war bereits seine zweite Publikatio­n, da er sechs Jahre zuvor schon ein kleinforma­tiges Taschenbuc­h mit dem Titel „Religions- und Gesellscha­ftsreform 2000“veröffentl­icht hatte. In diesem beklagt Regnat

die wachsende Ungleichhe­it in unserer Gesellscha­ft und fordert tiefgreife­nde politische und soziale Umwälzunge­n, um ein friedliche­s Zusammenle­ben der Menschen zu garantiere­n. Aus seinem Erstlingsw­erk ging 2012 sein drittes Buch „Die acht weltbesten Revolution­en bis 2100“hervor, das seit 2015 auch in englischer Übersetzun­g vorliegt. Seine drei Bücher hat Karl Regnat größtentei­ls in der Küstenurba­nisation Almerimar in El Ejido verfasst. Dorthin lockte ihn vor über 20 Jahren insbesonde­re der Golfplatz, denn der Autor ist ein passionier­ter Golfspiele­r.

Wehmütiger Abschied

Nun haben sich Karl und Angelika Regnat dazu entschloss­en, aufgrund ihres fortgeschr­ittenen Alters zurück nach Deutschlan­d zu gehen. Von Almerimar verabschie­den sie sich nicht ohne Wehmut: „Die Aussicht auf das Meer, die Strandprom­enade, die reizvolle Landschaft und vor allem das milde Klima werden wir sehr vermissen“.

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Foto: José Nieto Stolz auf seine Publikatio­nen: Karl Regnat mit seiner Ehefrau Angelika.

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