Kunst ohne Betrachter
Museen dürfen in Phase 1 wieder öffnen – Nur ein Drittel der Besucher pro Saal erlaubt
Madrid/Alicante – ann. Sicher haben die Bars in der vielerorts begonnenen Phase 1 einen größeren Ansturm erlebt als die Museen. Der Körper sehnte sich vermutlich erst einmal nach einer frisch gezapften Caña als der Geist nach Kunst. Doch sind die Grundbedürfnisse gestillt, sollte man es ausnutzen, dass auch die Museen – natürlich unter Auflagen – wieder öffnen dürfen. Genau rechtzeitig, denn am 18. Mai feiert die Kulturwelt den Internationalen Tag der Museen.
Es dürfte eine Feier mit gemischten Gefühlen werden angesichts der unsicheren Zukunft, der die Museen mit der CoronavirusKrise entgegenblicken. Laut Deeskalationsplan darf in Phase 1 nur ein Drittel der möglichen Besucher einen Museumssaal gleichzeitig betreten, didaktische oder kulturelle Aktivitäten der Häuser bleiben bis auf Weiteres untersagt, es gibt weder Audioguides noch Garderobenservice,
Prospekte oder anderes Infomaterial. Der Ticketverkauf soll möglichst online ablaufen, der Besuch ist nur individuell oder als Familieneinheit gestattet.
Prado ohne Touristen
Vor allem nationale Museen, Publikumsmagneten wie Prado, Reina Sofía und Thyssen in Madrid, werden das zu spüren bekommen. Zumal sie größtenteils auf die vielen Touristen werden verzichten müssen, die einen Großteil ihrer Besucher ausmachen. Miguel Falomir, Direktor des Prado, schätzt gegenüber „La Vanguardia“, dass bereits die Corona-bedingte Schließung alle zwei Wochen ein „Loch von einer Million Euro durch nicht verkaufte Eintrittskarten“in den Säckel des Museums riss. Hinzu kämen weitere 30 Prozent an Einbußen durch die Ausfälle im Museumsladen und der Cafeteria sowie aus verschiedenen Aktivitäten.
„Viele Ausstellungshäuser haben bereits angekündigt, dass sie sich angesichts dieser Krise neu erfinden müssen“, sagt Remedios Navarro Mondéjar, verantwortlich für die didaktische Abteilung im Museum der Universität Alicante (MUA). „Das heißt, weg von den Mega-Ausstellungen und hin zu einer anderen Art von Expositionen, nicht unbedingt kleiner, aber eher auf die Kunstforschung gerichtet,
Museen in Gebieten, die die Phase 1 des Deeskalationsplans erreicht haben, dürfen theoretisch wieder öffnen. Es ist aber ratsam, sich vor einem Besuch online oder telefonisch zu informieren, ob die Einrichtung tatsächlich aufgemacht hat, da viele mit der Wiedereröffnung noch bis Juni warten wollen. auch im Hinblick auf die eigenen Bestände.“
Publikumsattraktive Ausstellungen, wie sie auch das Archäologische Museum von Alicante (Marq) gerne organisiert, das für November etwa die bisher größte Ausstellung der chinesischen Terrakotta-Armee in Spanien geplant hat, seien solche Events „eine große Investition und ein touristisches Lockangebot“, meint Navarro. Wenn dies sich später nicht auszahle, würde das die Museen schwer treffen.
Nichtsdestotrotz habe die Corona-Krise auch die Kreativität angespornt. So empfiehlt Navarro etwa den virtuellen Besuch des Covid Art Museums (CAM) auf Instagram. Botticellis Venus mit dem Abdruck einer Atemmaske, eine aufgedunsene, chipsessende Mona Lisa und andere Phänomene der Quarantäne-Kreativität sind dort zu bestaunen.