Hilflose schnell auf dem Schirm
Projekt Radars in Jávea betreut alleinstehende Senioren – Rathaus richtet wegen Covid Asyl ein
Jávea – se. Nie war das Projekt Radars so wichtig, wie während der Coronavirus-Krise: „Wir hatten dadurch Vorarbeit geleistet und schon viele einsame Senioren auf dem Schirm“, sagt Cristina Segura vom Sozialamt in Jávea. „Viele hatten unsere Hilfe früher abgelehnt, aber wir kamen jetzt noch einmal auf sie zu und einige nahmen unsere Angebote nun an.“So ließ sich eine deutsche Hochbetagte kurz vor der Ausgangssperre doch noch überzeugen, in ein Seniorenheim zu gehen.
Das Projekt Radars spürt seit 2017 hilfsbedürftige Senioren ohne Freunde und Familie in Jávea auf, um sie vor Verwahrlosung – und oft vor einem einsamen Tod – zu bewahren. Als Informanten dienen ihm dabei vor allem die Polizei, Ärzte, das Rote Kreuz aber auch Privatleute: vor allem Nachbarn aber auch Dienstleister wie zum Beispiel die Angestellten der Stamm-Apotheke oder der Gärtner.
Hilfe für alle Nationalitäten
Insgesamt hat Radars rund 200 Menschen geholfen – darunter auch einigen Deutschen. Die Angebote reichen von einem wöchentlichen Telefonanruf über Hilfe beim Putzen, Essen auf Rädern, häusliche Pflege und – wenn es gar nicht mehr anders geht – Hilfe bei der Suche nach einem Seniorenheim.
Während der Covid-Krise sorgte Radars vor allem dafür, dass Risikogruppen nicht aus dem Haus mussten und mit allem versorgt waren. Zudem riefen die Mitarbeiter drei Mal wöchentlich an, um die Situation der Senioren einzuschätzen und sie aufzumuntern. „Dabei erreichten wir einen Mann
Cristina Segura (rechts) hilft Senioren.
nicht, ließen schließlich seine Haustür aufbrechen und mussten feststellen, dass er gestorben war“, berichtet Segura. „Eigentlich ist unser Ziel ja, zu vermeiden, dass es so weit kommt, indem wir zum Beispiel Notruf-Systeme installieren lassen. Aber in dem Fall kam jede Hilfe zu spät.“
55 Senioren standen auf der Liste derjenigen, die vor der Krise allwöchentlich angerufen wurden – zurzeit sind es wesentlich mehr und sie brauchen mehr Ermunterung. Bei dieser Aufgabe helfen seit Jahren auch zehn Freiwillige, darunter deutsch- und englischsprachige Residenten.
Viel Geld hat das Rathaus in ein Obdachlosenasyl investiert, das das Sozialamt gleich zu Beginn der
Ausgangssperre in einer Pension in Balcón al Mar einrichtete. „15 Personen haben es genutzt“, berichtet Segura. „Es ist eine Übergangslösung für Leute, die wegen der Coronavirus-Krise kein Dach über dem Kopf haben.“Da sei ein junges Vagabunden-Pärchen gewesen, eine Mutter mit drei Kindern aus Nordspanien, die nicht die Mittel hatte, nach Hause zurückzukehren und ein Immigrant, der wegen der Ausgangssperre seinen Job verlor und daraufhin von seinem Vermieter auf die Straße gesetzt wurde.
Zudem gibt es Senioren, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden, aber noch nicht ganz genesen sind. „Wir können sie nicht alleine nach Hause schicken, aber die Pflegeheime nehmen zur Zeit niemanden auf“, erklärt Segura. „Deshalb landen sie bei uns.“
Das Heim ist sehr teuer, allein die Reinigung kostet über 700 Euro im Monat, dazu kommen das Essen und das Personal. „Jedes Heim ist teuer“, sagt Segura. „Und drastische Situationen verlangen eben drastische Maßnahmen.“
Anrufe kontrollieren das Wohlbefinden von 55 Senioren