Schwere Hitze – Leichte Kost
Die spanische Küche ist auf einen heißen Sommer gut vorbereitet – Tipps und Rezepte aus der Redaktion
ar. Wenn die Temperaturen steigen, ändert sich der Appetit. Die spanische Tapas-Kultur verdrängt – bei den meisten – Eintöpfe und Fleischberge. Dass der Sommer unsere Gelüste in leichtere Gefilde lenkt, hilft nicht nur dem Projekt Bikini, sondern auch dem Abbau unseres Quarantäne-Bäuchleins. Dabei ist erstaunlich, dass die Spanier selbst im Sommer beachtliche Kalorienberge an den Strand schleppen. Tortilla, albóndigas, bocadillos mit Schinken und Käse fehlen selten selbst bei 40 Grad. Doch am Abend wird der Spanier zum Gourmet.
Das sommerliche Vorzeigegericht Spaniens ist natürlich der Gazpacho, dieser vitaminreiche Zaubertrunk, die Mutter aller Smoothies, der wir uns auf diesen Seiten schon ausführlich widmeten. Reife Tomaten, Gurke, rote und eine grüne Paprika, etwas Knoblauch, Öl, Salz, Essig oder Zitronensaft, nach Gusto etwas Brot, eventuell eine frische Chili oder auch eine Stange Sellerie werden zu einer kalten Suppe gemixt. Ein paar Eiswürfel und das Öl tröpfchenweise einfließen lassen, das macht den Gazpacho besonders cremig, der am besten schmeckt, wenn er schon ein paar Stunden im Kühlschrank durchziehen durfte.
Gazpacho mit Obst
Vom Gazpacho gibt es etliche Varianten: den salmorejo cordobés, mit luftgetrocknetem Schinken und gekochtem Ei belegt; den ajo blanco auf der Basis von Mandeln und Knoblauch, der gazpacho verde mit Avocados und Fenchel wird als Detox-Shake beworben. Experimentiert wird gerne auch mit Früchten, seien es Erdbeeren oder Kirschen. Ein paar grüne Äpfel liefern einen süß-säuerlichen Touch und machen den Gazpacho sogar bei Kindern beliebt. Nicht nur hier kann man auf Essig verzichten, der früher vor allem der Haltbarkeit diente, ein trockener Sherry und/ oder etwas Limettensaft liefern die eleganteren Ergebnisse.
In fast allen spanischen Bars finden wir Tapas auf der Basis von Tomaten und anderem kalten Gemüse, auch jenseits der ewigen Melone mit Honig. Ein paar – reife – Tomaten grob aufgeschnitten ergeben eine trinchera (Graben), über den Öl und ein paar salazones, also luftgetrocknete, gesalzene
Gemüse stehen im Sommer im Mittelpunkt. Sehr spanisch: Artischocken und Habichuelas
Fischprodukte geraspelt werden. Oft die mojama de atún, dünne Trockenfiletstreifen vom Roten Thunfisch, deren Zubereitung schon die alten Mauren kannten. Doch auch der bacalao, also Kabeljaustreifen,
oder capellán, auch bacaladilla, ein Zwergdorsch, werden gerne dafür verwendet, wie auch getrocknete Fischeier von Blöcken geschnitten.
Ebenso beliebt für den Belag auf den Tomaten sind die Anchovis-Filets
(anchoa), die besten kommen aus Kantabrien. Auch die in Essig und Öl, Knoblauch und Petersilie eingelegten Sardellenfilets, boquerones en vinagre, passen exzellent auf die Tomate.
In Katalonien hat man mit der esqueixada catalana eine Version geschaffen, die zu Tomaten und bacalao noch sehr fein geschnittene grüne Paprika (pimento verde) hinzufügt, außerdem etwas Zwiebel und schwarze Oliven. In Valencia ist die escalivada ein beliebtes Sommergericht: Ofengemüse aus Aubergine, Zwiebel, Paprika, das in Knoblauchöl mariniert und kalt serviert wird, auf einer tostada oder als Salat. Auch hier bieten
sich saure bouqerones oder anchoas als Auflage an.
Vielfalt der Salate
Nicht nur in Murcia feiert der gleichnamige Salat, ensalada murciana, im Sommer besonders große Erfolge. Anstatt aber Tomate, Zwiebel, Ei, schwarze Oliven, Dosenthunfisch und gekochtes Ei einfach in eine Schüssel zu werfen, kann man ihn auch im Glas oder in einer Form schichten und frischen Thunfisch kurz anbraten und in Würfeln obenauf setzen, so dass der Bratensaft dann langsam in den Salat tropft. Ein Traum.
Blattsalate sind nicht immer ein erfreuliches Produkt. Die meisten aus Großproduktion brauchen enorme Mengen Wasser zum Wachsen, schmecken nach fast nichts und enthalten auch kaum Vitamine oder Mineralstoffe. Anders der Blattspinat, vor allem die jungen Triebe, die brotes de espinacas. Diese können mit Apfelstückchen und gerösteten Walnüssen angemacht werden oder mit einer Champignon-Speck-Sauce.
Obst in herzhafte Gerichte zu integrieren, bietet sich in Spanien besonders an, da hier zu jeder Saison eine breite Palette reifer Früchtchen vorliegt. Orangen mit Hühnchen als Salat, Granatapfelkerne in einen Spinatsalat oder nísperos (Mispeln) auf einem Pizzateig mit escalivada, der Phantasie sind wie immer in der Küche keine Grenzen gesetzt.
Muscheln in Weißweinsud
Während man beim Thema Muscheln in Nordeuropa der R-Regel folgt, wonach es nur Miesmuscheln in Monaten gibt, die diesen Buchstaben enthalten (also nicht von Mai bis August), ist man da in Spanien nicht so genau. Denn durch die verschiedenen Fangoder Erntezonen vom Mittelmeer über den Mittel- und Nordatlantik über die galicische Küste bis zur Bizkaya und an den Ärmelkanal, verfügt man praktisch ganzjährig über Muscheltiere wie mejillones (Miesmuschel) oder almejas (Venusmuscheln).
Kurz aufgekocht in einem Sud, sind sie leicht und lecker und liefern hochwertiges Protein. Unser Sud für mejillones: Zwei Knoblauchzehen in Öl leicht anschwitzen, etwas Fenchel (hinojo), Knoblauchtriebe (ajo tierno), eine Tomate dazu, mit trockenem Sherry oder einem trockenen Weißwein wie Albariño ablöschen, einreduzieren und dann mit Muschelwasser aufgießen. Die Muscheln hinein, gut durchschütteln, Deckel drauf und nach zwei Minuten einmal durchrühren. Nach weiteren zwei Minuten vom Feuer nehmen, nochmals gut wenden, frisches Olivenöl, Saft einer Zitrone und sehr klein geschnittene Petersilie darüber.
Der Sommer lockt unsere Gelüste in leichtere Gefilde
Pulpo, der Stolz der Galicier
Auch der Oktopus (pulpo) eignet sich sehr gut als sommerliches Gericht. Der pulpo a la gallega ist praktisch das Nationalgericht der nordwestspanischen Region, wo