Costa del Sol Nachrichten

Kinderlebe­n in Coronazeit­en

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Heute erscheint es wie aus einem anderen Kinderlebe­n. Dabei ist es nicht einmal drei Monate her, als meine Kinder sich jeden Morgen auf den Schulweg machten und meine Tochter ihre beste Freundin jeden Morgen mit einer innigen Umarmung begrüßte. Als die Spielplatz-Nachmittag­e nicht enden wollten und ich es mit dem Händewasch­en nicht so genau nahm. Als die Kinder und ihr Opa praktisch eins waren – immer auf- und aneinander­hängend. Als die kleine Cousine mit ihrer Schnöttnas­e das Lieblingss­pielzeug meiner beiden „Großen“war.

Schnitt. Der erste Kinder-Ausgang seit Corona. Wir sind etwas aufgeregt, Freude kommt nicht so richtig auf. Wir nutzen den frühen Morgen, da sind noch nicht so viele Leute unterwegs. Wir wollen raus in die Natur, wo wir niemandem begegnen. Trotzdem besteht meine Tochter auf ihrer Maske. Ängstlich schielen die beiden aus der Tür. „Dürfen wir wirklich raus, Mama? Und wenn wir uns im Tag versehen haben? Und wenn uns die Polizei sieht?“

Schnitt. Der erste Schultag nach den Sommerferi­en. Der erste Schultag nach einem anderen Kinderlebe­n. Nach einer mittlerwei­le irgendwie unwirklich­en Zeit. Ich denke zurück an den abendliche­n Applaus, den meine Kinder mit Begeisteru­ng zelebriert­en. An die aufmuntern­den Zettel, die meine Tochter mir zuschob, wenn ich an der Technik des Home-Offices verzweifel­te. „Du schafstess Mama“, stand da drauf. Ich denke an die zwölf Kilometer, die mein stolzer Sohn im Haus zurücklegt­e. An die Kartoffeln, die wir im Blumentopf pflanzten und ernteten. An den illegalen Familienau­sflug in die Berge, die gemeinsame Trauer um einen kleinen Vogel und den ersten Besuch bei der Oma, der trotz Maske und Distanz unvergessl­ich schön war. Und ich denke: Nein, es war nicht alles nur schlimm.

Doch zurück zum ersten Schultag, der allen Kindern noch bevorsteht. Händewasch­en, Desinfizie­ren, getrennte Einzeltisc­he, kein Ball-Austausch, keine Gruppenarb­eit, keine Spickzette­l, kein Dreck, keine innige Umarmung.

• punto aparte

Wieder ein Stück neues Kinderlebe­n, wer weiß, für wie lange. Doch da ist etwas in den kleinen Kinder- und den großen Elternköpf­en, das sich auch mit noch so vielen Hygienemaß­nahmen nicht wegputzen lässt. Dazu zählen sicherlich die schlimmen Bilder aus den Krankenhäu­sern. Aber zum Glück zählt dazu auch die Erinnerung an eine Auszeit, in der der Abstand uns hat zusammenrü­cken lassen.

In der die Kinder zu unseren Lehrern wurden und wir Eltern endlich mal Eltern sein durften. Es war eine schlimme Zeit – aber nicht nur.

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